Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
funkelten in dem hellen Sonnenlicht.
Eisenhower schwieg längere Zeit. Seine Miene war angespannt. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Mein Gott, ich weiß nicht, was ich denken soll.« Er zögerte. »Glauben Sie der Quelle dieses Berichts?«
Truman nickte entschieden. »Allerdings. Ohne Frage. Außerdem habe ich einige unabhängige Experten von außerhalb darauf angesetzt. Nicht von der CIA, aber alles Topleute auf ihrem Gebiet. Sie sollten beurteilen, was Sie gerade gelesen haben. Alle haben den Bericht als glaubwürdig bezeichnet.«
Eisenhower holte tief Luft. »Mit allem Respekt, Sir, dann betrete ich an dem Tag, an dem ich meine Präsidentschaft antrete, ein Minenfeld.«
»Das glaube ich auch, Ike«, antwortete Truman schlicht. »Und ich meine das nicht ironisch. Ich habe Angst. Schlicht und einfach Angst.«
Truman stand auf und kam ans Fenster. Unter seinen Augen malten sich dunkle Ringe ab, und sein weiches Gesicht wirkte im grellen Licht von Sorge gezeichnet, als würden diese acht Jahre im Amt schließlich ihren Tribut fordern. Plötzlich sah Harry Truman sehr alt und sehr erschöpft aus.
»Um ehrlich zu sein, ich habe vielleicht sogar mehr Bammel als damals bei der Entscheidung, die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki abwerfen zu lassen. Diese Sache hier zieht noch größere Verwicklungen nach sich. Und birgt viel größere Gefahren.«
Als er sah, daß Eisenhower ihn anstarrte, deutete Truman mit ernstem Nicken auf den Schreibtisch.
»Ich meine es wirklich so, Ike. Ich bin froh, daß ein ehemaliger Fünfsternegeneral auf diesem Stuhl sitzen wird, nicht ich. Florida ist mir heiß genug. Ich kann darauf verzichten, daß man mir hier in Washington auch noch einheizt.«
Frankreich
Während sich die beiden Männer im Oval Office unterhielten, lag viertausend Meilen entfernt in Paris ein Mann auf dem Bett in einem abgedunkelten Hotelzimmer auf dem Boulevard Saint-Germain.
Der Regen trommelte gegen die Fensterscheibe; ein Wolkenbruch tobte hinter den geschlossenen Vorhängen.
Das Telefon neben dem Bett klingelte. Der Mann nahm den Hörer ab und erkannte die Stimme des Anrufers, als dieser sprach.
»Ich bin’s, Konstantin. Es passiert am Montag in Berlin. Alles ist vorbereitet. Ich dulde keine Fehler.«
»Es wird keine geben.« Eine Pause trat ein; dann hörte der Mann die Verbitterung in der Stimme des Anrufers.
»Schick ihn zur Hölle, Alex. Schick diesen Henker zur Hölle.« Der Mann hörte das Klicken und legte den Hörer auf. Dann stand er auf und trat ans Fenster. Ruhelos hob er den Vorhang ein Stück, fuhr sich mit der Hand durch sein kurzes, blondes Haar und starrte auf die regengepeitschte Straße.
Ein Pärchen stieg aus einem Wagen und suchte unter der blauen Markise eines Cafés Schutz vor dem Unwetter. Das Mädchen hatte dunkles Haar und lachte, als der Mann einen Arm um ihre Taille legte. Er beobachtete sie einige Augenblicke, bevor er sich abwandte.
»Montag«, sagte er leise und ließ den Vorhang wieder zurückfallen.
4. KAPITEL
Sowjetisch-Finnische Grenze
23. Oktober
Kurz nach Mitternacht hatte es aufgehört zu schneien. Sie lag in der wattigen Stille des Waldes und lauschte ihrem Herzschlag, der in ihren Ohren hallte wie das heftige Schlagen von Flügeln.
Sie fror.
Ihre Kleidung war durchnäßt, ihr Haar feucht, und sie spürte den eisigen Schweiß auf ihrem Gesicht. Ihr war eiskalt, sie war erschöpft, und eine entsetzliche Angst ließ sie am ganzen Körper zittern. Sie war so müde wie nie zuvor im Leben und hatte nur noch den einen Wunsch, daß es bald vorbei sein möge.
Seit einer Stunde beobachtete sie das Wachhäuschen neben der schmalen Eisenbrücke, die über den gefrorenen Fluß führte. Ab und zu hatte sie sich die Glieder gerieben, damit ihr warm wurde, aber es war sinnlos. Sie war bis auf die Knochen durchgefroren und sehnte sich nach Wärme und dem endgültigen Ende der Erschöpfung. Ihr Uniformmantel war mit Eis und Schnee bedeckt, während sie in der schmalenMulde hinter einem kleinen Tannenwäldchen lag. Sie versuchte nicht an die Vergangenheit zu denken, nur an die Zukunft, die vor ihr lag – jenseits der schmalen Eisenbrücke.
Sie konnte die beiden Wachen auf der russischen Seite sehen, die neben dem kleinen, hölzernen Wachhäuschen standen. Ihr Atem bildete Schwaden in der eiskalten Luft, während sie auf und ab gingen. Einer trug sein Gewehr am Riemen über der Schulter, der andere hielt eine Maschinenpistole vor der Brust. Die beiden Männer
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