Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
wir keine Möglichkeit mehr, Slanski aufzuhalten, es sei denn, wir schicken jemanden hinterher, der ihn zur Vernunft bringt. Auf Lebels Entführung gibt es keine Antwort. Sie könnten allenfalls die Maschine abschießen, in der er sitzt.«
»So ein Unsinn«, erwiderte Eisenhower scharf. »Mittlerweile dürfte das Flugzeug sich bereits über russischem Territorium befinden. Und was Ihren ersten Vorschlag angeht: Sie haben ja gehört, was Branigan gesagt hat. Slanski würde nicht zuhören. Was halten Sie von Lebel? Glauben Sie, daß er bei dem Verhör zusammenbricht?«
»Lebel war in einem Konzentrationslager, nachdem er von der Gestapo gefangengenommen und gefoltert wurde. Diese Tortur hat er schon einmal durchgemacht. Er wird sich vielleicht weigern zu reden und seine Beteiligung leugnen, wobei es darauf ankommt, mit welchen Beweisen Moskau ihn konfrontiert. Sie haben sicher welche, und sie scheinen es auch eilig zu haben, sonst hätten sie den Mann nicht entführt. Vor allem, da er in zwei Tagen sowieso nach Moskau geflogen wäre. Genausogut könnte Lebel aber auch auspacken. Mit Sicherheit kann das niemand sagen.«
»Aber Sie kennen den Mann, stimmt’s? Ich will Ihre ehrliche Meinung hören. Wird er reden?«
Massey dachte nach. »Ich würde sagen, daß Lebel so lange aushalten wird, wie er kann. Er ist kein Narr, und er wird vermutlich zuerst versuchen, alles abzustreiten. Aber wenn man in Rechnung stellt, wie weit der KGB die Kunst des Folterns verfeinert hat, glaube ich nicht, daß er mehr als zwei, höchstens drei Tage durchhält.«
Allen Dulles putzte seine Brillengläser und blickte auf. »Mir scheint, daß wir ein bißchen Zeit haben, falls man ein paar Tage auf Lebel setzen kann. Vielleicht bietet uns das einen Ausweg aus der verfahrenen Situation.«
»Und welchen?« fragte Eisenhower.
»Wir töten Slanski und Chorjowa. Das klingt zwar herzlos, aber es ist die einzige Lösung, die ich mir vorstellen kann.«
Im Raum herrschte düsteres Schweigen. Massey blickte Dulles an und sagte betroffen: »Wir reden hier über zwei Menschen, die ihr Leben für uns aufs Spiel setzen. Zwei Menschen, die den Mumm hatten, diese Operation auszuführen. Und Sie wollen sie einfach töten?«
Dulles nagelte Massey mit seinem Blick beinahe auf dem Stuhl fest. »Wir leben nicht in einer perfekten Welt, Massey. Es ist die einzige Lösung, die mir einfällt, und die einzige Chance, die uns bleibt.« Er richtete den Blick wieder auf den Präsidenten. »Branigan und ich haben unsere Hausaufgaben gemacht und versucht, die Sache zu planen.«
Er nahm einen kleinen Aktenordner aus der Tasche hinter sich. »Wir haben im Moment vier Agenten in Moskau. Jedem schicken wir alle vier Wochen kurze, verschlüsselte Nachrichten,damit wir Verbindung mit ihnen halten und die Leute wissen, daß wir sie nicht vergessen haben. Die Übertragung erfolgt über die regulären Radioprogramme der Stimme Amerikas, zu vorher festgelegten Zeiten. Für jeden gewöhnlichen Rundfunkhörer sind diese Nachrichten völlig harmlos, aber unsere Agenten bekommen die Nachricht von uns, sobald sie die eine bestimmte Passage zu einer bestimmten Zeit entschlüsseln.«
Er beugte sich vor und reichte Eisenhower den Ordner. »Diese beiden Agenten in Moskau könnten nützlich sein.«
Als der Präsident den Ordner aufschlug, fügte Dulles hinzu: »Es sind Freibeuter. Ehemalige ukrainische SS. Massey selbst hat sie vor sechs Wochen mit dem Fallschirm über der Ukraine abspringen lassen. Eine Woche später waren sie in Moskau.«
Eisenhower überflog rasch den Ordner und legte ihn dann auf den Schreibtisch.
»Was schlagen Sie vor?«
»Wir müßten den Männern planmäßig morgen abend eine Nachricht schicken. Aber statt des normalen Textes berichten wir ihnen von dem Mann und der Frau, deren Aufenthaltsort wir herausfinden wollen. Massey hat uns von Lebels Freundin berichtet, die Slanski in Moskau treffen soll. Sie hat eine Datscha, die als Stützpunkt dient. Wenn wir davon ausgehen können, daß Slanski und die Frau sich dort einfinden, dann … Na ja, den Rest können Sie sich denken. Aber wir werden jemanden nach Moskau schicken müssen, der dafür sorgt, daß der Plan auch durchgeführt wird. Es darf keine Panne geben. Und wir müssen schnell handeln. Wie Massey schon gesagt hat: Unser Freund Lebel wird irgendwann doch reden. Und dann erfährt der KGB von der Datscha.«
»Gibt es eine Chance, daß Moskau unsere Radiosendungen entschlüsseln kann?«
Dulles
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