Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
man sich illegal Zutritt verschafft, kann einen das den Kopf kosten.«
»Der Chef des Archivs ist Mongole. Er säuft wie ein Kamel, das einen Monat ohne Wasser auskommen mußte. Ich könnte ihn besoffen machen, mir die Schlüssel borgen und einen Blick in die Originalakte des Wolfs werfen.«
»Vergiß es, Pascha. Es ist zu riskant. Außerdem ist es eher unwahrscheinlich, daß der Wolf solche Leute in Moskau als Helfer benutzen würde. Er war zu lange fort.«
»Und wenn ich den Chef einfach frage?«
Lukin schüttelte den Kopf. »Ich habe dir doch gesagt, was Berija angeordnet hat. Sein Wort ist Gesetz. Und vermutlich sind diese beiden Seiten auch gar nicht weiter wichtig. Auf keinen Fall lohnt es sich, daß du dich der Gefahr aussetzt, erwischt zu werden, während du ohne Genehmigung im Archiv herumstöberst. Vergiß es.«
Pascha zuckte mit den Schultern. »Wie du meinst.«
Es war noch dunkel, als der Skoda um kurz vor sieben an diesem Morgen am Kutusowksi-Prospekt hielt.
Slanski stieg aus. Er trug die Uniform eines Majors. »Sie wissen, was zu tun ist«, sagte er zu Irina. »Ich beeile mich.«
»Viel Glück.«
Er schaute dem Wagen hinterher, als Irina davonfuhr, und ging dann die Straße entlang. Es herrschte kaum Verkehr, doch die Oberleitungsbusse fuhren bereits, und blaue Funken stoben ihnen in der morgendlichen Dämmerung hinterher. Lukin sah die Nummern der alten Mietshäuser in den Lampen an den Eingängen und zählte sie ab, während er daran vorbeiging.
Nummer siebenundzwanzig sah genauso aus wie das Nachbarhaus. Es war ein großes, altes, vierstöckiges Gebäude aus der Zarenzeit, das früher offenbar einer wohlhabenden Familie gehört hatte. Jetzt aber hatte man es zu einem Wohnhaus umgebaut. Von dem olivgrünen BMW war nichts zu sehen.
Slanski sah, daß die blau angestrichene Haustür offenstand, und ging durch den kleinen Vorgarten zum Haus. Die Namen der Bewohner standen auf kleinen Zetteln an den Briefkästen, die am Eingang hingen.
Der Name Lukin stand über dem Briefkasten von Wohnung vierzehn. Slanski stieß die angelehnte Haustür auf und ging den langen, dunklen Flur entlang.
Eine Treppe am Ende des Flurs führte in die oberen Stockwerke. Von einem der höher gelegenen Treppenabsätze drang gedämpftes Licht nach unten. Der Flur roch nach Bohnerwachs. An einer Wand standen zwei Fahrräder, und Slanski hörte gedämpfte Stimmen irgendwo tief im Inneren des Gebäudes.
Slanski stieg die Treppe in den zweiten Stock hinauf. Das Licht auf dem Treppenabsatz war eingeschaltet, so daß er die mit Bleistift geschriebene Vierzehn an der Tür sah. Er musterte die Schlösser. Es gab zwei, eins oben und eins unten. Er legte das Ohr an die Tür, hörte jedoch keine Geräusche. Vermutlich schlief Lukins Frau noch.
Er stieg die Treppe wieder hinunter und ging zum hinteren Ende des Wohnhauses. Der Pfad war kürzlich vom Schnee geräumt worden. Hinter dem Haus befand sich ein großer Gemeinschaftsgarten, der aber noch unter einer weißen Schneedecke lag. Eine einzelne Laterne beleuchtete einen gepflasterten Weg, an dem schmiedeeiserne Sommerbänkeunter kahlen Kirschbäumen standen. Ein paar Melonenbeete waren unter einem kleinen, teilweise mit Schnee bedeckten Gewächshaus angelegt.
Slanski blickte die Rückseite des Gebäudes hinauf. Hinter einigen Fenstern brannte Licht, aber die Vorhänge waren noch zugezogen. Am Ende des Gartens befand sich eine Holztür in einer verfallenen Granitmauer. Vermutlich führte sie auf eine Gasse. Er ging dorthin und stellte fest, daß die Tür fast schon verrottet war. Als er dagegen drückte, ließ sie sich nur unter Schwierigkeiten bewegen, und Slanski mußte den Schnee am unteren Ende der Tür wegtreten, bevor es ihm gelang, sie zu öffnen. Wie erwartet, führte die Tür auf eine Gasse, die dunkel und verlassen war, doch an den beiden Enden sah er Straßenlaternen. Vermutlich führte die Gasse zu den Straßen, die vom Kutusowski-Prospekt abgingen.
Slanski drehte sich um und ging wieder in den Garten.
Er zählte die Fenster im zweiten Stock ab und gelangte zu dem Schluß, daß Wohnung Nummer vierzehn rechts von der Mitte sein mußte. Hinter den Vorhängen war es dunkel. Slanski ging wieder zur Vorderseite des Hauses.
Als er den Weg durch den Vorgarten nahm, sprach ihn plötzlich jemand an. »Kann ich Ihnen helfen, Genosse?«
Slanski fuhr erschrocken herum. Im Hauseingang stand ein alter Mann. Er trug eine speckige Bauernmütze und einen geflickten Mantel, den er
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