Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
mit einer Schnur um den Bauch zusammenhielt. Um den Hals hatte er sich einen dicken Wollschal geschlungen. Er sah aus, als wäre er noch nicht lange wach. Seine Augen waren gerötet und entzündet, und in der Hand hielt er einen Gartenbesen, ein paar Zweige und trockenes Laub.
Slanski lächelte. »Ich suche einen alten Freund.«
»Ach, wirklich? Und wer ist das?«
Vermutlich war der Mann der Hausmeister. Jedenfalls nach dem mißtrauischen Blick zu urteilen, mit dem der Alte ihn musterte.
»Major Lukin. Ich glaube, er wohnt in Wohnung Vierzehn.«
»Und der soll ein Freund von Ihnen sein?« Der Alte musterte die Schulterstücke der Uniform.
»Ich kenne ihn aus dem Krieg, Genosse. Ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen. Und jetzt bin ich auf Urlaub in Moskau. Ich bin heute morgen mit dem Nachtzug aus Kiew eingetroffen. Ist der Major zu Hause?«
»Er dürfte früh weggegangen sein, denn sein Wagen steht nicht da. Sie finden ihn am Dsershinksi-Platz. Aber seine Frau müßte bald wieder da sein. Sie geht samstags morgens immer früh auf den Gemüsemarkt einkaufen und kommt bestimmt noch vor acht zurück.«
»Ach ja, Juris Frau. Leider habe ich ihren Namen vergessen.«
Der Alte lachte meckernd auf, während er sich auf den Besen stützte. »Nadja. Eine Rothaarige. Sieht verteufelt gut aus.«
Slanski lächelte. »Ja. Lukin hat es gut getroffen.« Er blickte auf die Uhr. »Ich komme später wieder vorbei. Tun Sie mir einen Gefallen? Wenn Sie Nadja sehen, sagen Sie ihr nicht, daß ich hier war. Ich möchte sie gern überraschen.«
Der Alte griff sich grüßend an die Mütze und blinzelte ihm zu. »Wie der Genosse Major befiehlt.«
Slanski klopfte ihm auf die Schulter und warf einen anerkennenden Blick auf den gefegten Weg. »Sie machen Ihre Arbeit wirklich gut, Genosse. Weiter so.«
Slanski ging auf die andere Straßenseite und betrat ein Café fünfzig Meter weiter, das schon geöffnet hatte.
Der Laden wirkte trostlos; trotzdem drängten sich hier schon die Frühaufsteher. Taxi- und Straßenbahnfahrer und verschlafene Verkäuferinnen aus den Geschäften am Kutusowski-Prospekt tranken Kaffee oder frühstückten. Es roch nach ranzigem Essen und kaltem Zigarettenrauch. Die Gäste sahen gelangweilt aus, und die meisten machten den Eindruck, als schliefen sie noch halb.
Es dauerte zehn Minuten, bis Slanski sein Glas Tee bekam. Er setzte sich ans Fenster.
Während er sich eine Zigarette anzündete, blickte er hinaus. Die Straßenlaternen spendeten ausreichend Licht, so daß er einen guten Blick auf das Mietshaus auf der anderen Straßenseite hatte. Der alte Hausmeister säuberte immer nochden Vorgarten vom Müll. Aber nach zehn Minuten verschwand er im Gebäude.
Eine Viertelstunde später sah Slanski eine Frau die Straße entlangkommen. Zuerst bemerkte er ihr rotes Haar nicht, weil sie eine Pelzmütze trug. Erst als sie auf den Pfad einbog, sah er an ihrem Nacken die flammendrote Farbe aufleuchten. Sie schleppte einen schweren Einkaufskorb und trug einen Mantel mit Pelzkragen und schwere Kniestiefel. Auch wenn Slanski ihr Gesicht nur kurz gesehen hatte, war ihm aufgefallen, wie hübsch sie war. Er beobachtete, wie die Frau durch die Haustür verschwand.
Slanski blieb noch fünf Minuten im Café sitzen und wartete darauf, daß der Hausmeister wieder erschien. Als der Mann sich jedoch nicht blicken ließ, drückte Slanski seine Zigarette aus und stand auf.
Rasch überquerte er die Straße. Als er um die Ecke des nächsten Wohnblocks bog, sah er den Skoda mit Irina hinter dem Steuer. Sie hatte ihr Gesicht bis über die Ohren in den Wollschal gewickelt, so daß man sie kaum erkennen konnte. Die Nummernschilder des Skoda waren schlammbedeckt und unleserlich.
Slanski klopfte ans Fenster auf der Beifahrerseite und sah, wie Irina zusammenzuckte und herumfuhr. Dann machte sie ihm die Tür auf, und er stieg ein.
Irina schien zu frieren. »Was hat Sie aufgehalten? Ich hab’ schon befürchtet, daß Sie gar nicht mehr zurückkommen.«
»Lukins Frau war einkaufen. Ich glaube, sie ist gerade zurückgekommen. Soweit ich sehen konnte, ist sie allein.«
»Und wenn nicht?«
»Das lassen Sie ruhig meine Sorge sein. Dann muß ich improvisieren. Von der nächsten Seitenstraße geht eine Gasse ab, die zur Rückseite des Wohnblocks führt.«
Irina nickte. »Die habe ich gesehen.«
»Ungefähr in der Mitte ist eine Tür, die in den Garten führt. Warten Sie auf dieser Seite der Gasse auf mich.«
»Was ist, wenn jemand mich
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