Operation Zombie
russischer Matrose, der sein Gehirn mit einem Kopfschuss über die ganzen Instrumente verteilt hat. Er war der erste, und seit Kriegsende sind die restlichen IE-Funker seinem Beispiel gefolgt. Heute lebt kein einziger mehr von ihnen. Der letzte war mein belgischer Freund. »Man trägt diese Stimmen bei sich«, sagte er eines Morgens zu mir. Wir standen an Deck, sahen in den braunen Dunst und warteten auf den Sonnenaufgang, den wir, wie wir wussten, nie sehen würden. »Diese Schreie werden mich den Rest meines Lebens begleiten, niemals nachlassen, niemals verstummen, nie ihre Rufe einstellen, zu ihnen zu kommen.«
Die entmilitarisierte Zone: Südkorea
[Hyungchol Choi, stellvertretender Direktor des Koreanischen Geheimdienstes, zeigt zu dem trockenen, hügeligen, unspektakulären Landstrich im Norden von uns. Man könnte ihn für Südkalifornien halten, wären da nicht die verlassenen Bunker, die ausgebleichten Flaggen und die rostigen Stacheldrahtzäune, die sich in beide Richtungen bis zum Horizont erstrecken.]
Was passiert ist? Niemand weiß es. Kein Land war besser darauf vorbereitet, die Infektion zu überstehen, als Nordkorea. Flüsse im Norden, Ozeane im Osten und Westen, und im Süden [er zeigt zur entmilitarisierten Zone] die am besten gesicherte Grenze der Welt. Sie sehen ja selbst, wie bergig das Gelände ist, wie leicht zu verteidigen, aber Sie können nicht sehen, dass diese Berge von einer titanischen militärisch-industriellen Infrastruktur durchzogen sind. Die Regierung Nordkoreas hat nach unseren Bombardierungen in den 1950er Jahren einige Lektionen auf die harte Tour gelernt und seitdem an einem unterirdischen System gearbeitet, das ihrem Volk ermöglichen sollte, einen zweiten Krieg aus sicherer Position zu führen.
Ihre Bevölkerung war extrem militarisiert und so darauf eingeschworen, jederzeit mit dem Ernstfall zu rechnen, dass sich Israel dagegen wie Island ausnimmt. Über eine Million Männer und Frauen waren permanent bewaffnet, weitere fünf Millionen Reservisten standen bereit. Das macht mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass praktisch jeder Bewohner im Laufe seines Lebens einmal eine militärische Grundausbildung absolviert hatte. Noch wichtiger als diese Ausbildung und für diese Art der Kriegführung vermutlich am bedeutendsten, war das fast übermenschliche Maß nationaler Disziplin. Nordkoreaner wurden von der Geburt bis zum Tod mit der Überzeugung indoktriniert, dass ihr Leben bedeutungslos war und sie nur existierten, um dem Staat, der Revolution und dem Großen Führer zu dienen. Das ist fast das exakte Gegenteil von dem, was wir im Süden erlebten. Wir hatten eine offene Gesellschaft. Das mussten wir sein. Der internationale Handel bildete unsere Lebensader. Wir waren Individualisten, vielleicht nicht so sehr wie ihr Amerikaner, aber wir hatten unser Maß an Protesten und öffentlichen Unruhen. Wir waren eine so freie und gespaltene Gesellschaft, dass es uns während der Großen Panik kaum gelang, die Chang-Doktrin durchzusetzen. Diese Form einer internen Krise wäre im Norden undenkbar gewesen. Sie waren ein Volk, das, auch wenn die Regierung selbst eine Hungersnot herbeigeführt hatte, die einem Völkermord gleichkam, lieber Kinder gegessen hätte, als auch nur ein einziges Wort des Protests zu äußern. Das war eine Form von Gehorsam, von der Adolf Hitler nur träumen konnte. Hätte man jedem Bürger ein Gewehr, einen Stein oder auch nur die bloßen Hände gegeben, auf die anrückenden Zombies gezeigt und gesagt: »Kämpft!«, dann hätten sie es getan, von der ältesten Greisin bis zum kleinsten Kind. Es handelte sich um ein Land, das seit dem 27. Juli 1953 für den Krieg gezüchtet, vorbereitet und manipuliert worden war. Hätte man ein Land erfinden wollen, das nicht nur überlebte, sondern sogar über die Apokalypse triumphierte, der wir uns gegenübersahen, dann wäre es die Demokratische Volksrepublik Korea gewesen. Also, was passierte? Etwa einen Monat, bevor unsere Probleme anfingen, bevor die ersten Ausbrüche in Pusan gemeldet wurden, brach der Norden plötzlich und unerklärlich sämtliche diplomatischen Beziehungen ab. Niemand sagte uns, warum die Eisenbahnlinie, die einzige Verbindung unserer beiden Seiten zu Lande, auf einmal geschlossen wurde oder warum die Träume einiger unserer Bürger, die seit Jahrzehnten darauf warteten, einen lange verlorenen Verwandten im Norden zu besuchen, so
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