Operation Zombie
Tuberkulosevirus. Stellen Sie sich vor, die Bürger der Welt, oder wenigstens die für die Bürger der Welt Verantwortlichen, hätten genau gewusst, womit sie es zu tun hatten. Unwissenheit war der wahre Feind und kalte, harte Fakten die Waffe dagegen.
Als ich zu Radio Freie Erde stieß, hieß es noch Internationales Programm für Gesundheits- und Sicherheitsinformationen. Die Bezeichnung »Radio Freie Erde« stammte von den Individuen und Gemeinden, die unsere Sendungen hörten. Das war das erste, wirklich internationale Unterfangen, nur wenige Monate nach dem Südafrikanischen Plan und Jahre vor der Konferenz in Honolulu. So, wie der Rest der Welt seine Überlebensstrategien nach Redeker ausrichtete, so fußte unsere Genese auf Radio Ubunye. Was war Radio Ubunye?Südafrikas Sender für die isolierten Bürger. Sie verfügten nicht über die Ressourcen für materielle Hilfe, daher konnte die Regierung als einzige Unterstützung Informationen bieten. Sie waren, jedenfalls meines Wissens, die Ersten, die mit diesen regelmäßigen mehrsprachigen Sendungen begannen. Sie gaben nicht nur praktische Tipps zum Überleben, sondern gingen so weit, dass sie sämtliche Fehlinformationen sammelten, die unter den Bürgern die Runde machten, und korrigierten. Wir haben Radio Ubunye lediglich als Vorlage genommen und für die globale Gemeinschaft adaptiert. Ich kam buchstäblich ganz am Anfang an Bord, als die Reaktoren der Ural gerade wieder online gingen. Die Ural war ein ehemaliges Schiff der Sowjetunion, dann der Marine der russischen Föderation. Damals war die SSV-33 vieles gewesen: ein Flaggschiff, eine Plattform zur Aufspürung von Raketen, ein elektronisches Überwachungsschiff. Leider war es auch eine Fehlinvestition, denn seine Systeme, wurde mir berichtet, waren selbst für die eigene Besatzung zu kompliziert. Es hatte den größten Teil seiner Laufbahn am Dock des Marinestützpunkts in Wladiwostok verbracht und zusätzlichen elektrischen Strom für diese Einrichtung erzeugt. Ich bin kein Ingenieur, daher weiß ich nicht, wie es ihnen gelungen ist, die verbrauchten Brennstäbe zu ersetzen oder ihre immensen Kommunikationseinrichtungen so umzubauen, dass sie mit dem globalen Satellitennetzwerk kompatibel waren. Ich bin Spezialist für Sprachen, speziell die des indischen Subkontinents. Mister Verma und ich, nur wir beide versorgen eine Milliarde Menschen - na ja, damals waren es noch eine Milliarde. Mister Verma hatte mich in einem Flüchtlingslager auf Sri Lanka gefunden. Er war Übersetzer, ich Dolmetscher. Wir hatten schon vor einigen Jahren in der Botschaft unseres Landes in London zusammengearbeitet. Damals hielten wir das für harte Arbeit; wir hatten ja keine Ahnung. Jetzt steckten wir in einer irrsinnigen Tretmühle, achtzehn, manchmal zwanzig Stunden täglich. Ich weiß nicht, wann wir je schliefen. Es gab so viele Daten, so viele Mitteilungen, die jede Minute eintrafen. Vieles hatte mit den grundsätzlichen Fragen des Überlebens zu tun: wie man Wasser reinigt, ein Treibhaus anlegt, Schimmelsporen für die Penizillinherstellung kultiviert. Diese Informationsflut wurde nicht selten von Fakten und Ausdrücken beherrscht, die ich noch nie gehört hatte. Ich kannte Ausdrücke wie »Quisling« nicht; ich hatte keine Ahnung, was ein »Lobo« war oder worum es sich bei dem falschen Wundermittel Phalanx handelte. Ich wusste nur, dass da ein uniformierter Mann mir eine Abfolge von Worten vor die Nase hielt und mir sagte: »Das müssen wir in fünfzehn Minuten in Marathi übersetzt und sendefertig haben.«
Gegen welche Art von Fehlinformationen gingen Sie denn vor?
Wo soll ich anfangen? Medizinische? Wissenschaftliche? Militärische? Spirituelle? Psychologische? Den psychologischen Aspekt fand ich am schlimmsten. Die Leute wollten die wandelnde Heimsuchung so sehr vermenschlichen. In einem Krieg, das heißt einem normalen Krieg, verwenden wir so viel Zeit darauf, den Gegner zu entmenschlichen, um eine emotionale Distanz zu schaffen. Wir erfanden Geschichten oder abfällige Bezeichnungen - wenn ich daran denke, was mein Vater als Moslems bezeichnete -, und in diesem Krieg schien es, als würde jeder verzweifelt versuchen, ein Fünkchen Gemeinsamkeit mit dem Feind zu finden, etwas so zweifelsfrei Unmenschlichem ein menschliches Antlitz zu geben.
Könnten Sie mir einige Beispiele nennen?
Es gab so viele falsche Vorstellungen: Zombies waren irgendwie intelligent; sie konnten fühlen und sich anpassen,
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