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Opernball

Opernball

Titel: Opernball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Haslinger
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gegeben, die sich eine Stunde hinzog. Aber unter den Verhafteten war kein einziger, den man mit den Entschlossenen in Verbindung bringen konnte. Ein paar versprengte Linke und vor allem Typen aus der Anarcho-Szene, wie immer.
    »Der Fetzenfinger«, fuhr Reso Dorf fort, »hat von irgendwelchen Entschlossenen gesprochen, von denen wir bis heute nicht wissen, wer sie sein sollen. Aber der Bursche hat uns natürlich nicht verraten, daß er selbst einige Jahre zuvor der Bewegung der Volkstreuen angehört hat. Wir kamen dahinter, als seine Mutter wenig später eine Vermißtenanzeige aufgab und Fotos vorlegte. Seit damals wissen wir, wie der Fetzenfinger heißt: Karl Feilböck.«
    Reso Dorf meinte, daß es Karl Feilböck gewesen sein könnte, der der Polizei den entscheidenden anonymen Hinweis auf den Gürtelhausbrand gab. Das war, wenn ich mich recht erinnere, vier Jahre vor der Katastrophe. Der Führer der Bewegung der Volkstreuen ist geflüchtet und nie wieder aufgetaucht. Zwei Mittäter kamen ins Gefängnis. Sie sitzen heute noch. Die Bewegung der Volkstreuen wurde nach dem Gürtelhausbrand verboten. Damals wurde auch Karl Feilböck verhört. Durch eine unsägliche Schlamperei der Kollegen aus Hernals war von Feilböck kein Fingerabdruck gemacht worden, so daß nach meinem Fund in der Karlsplatz-Passage nicht feststellbar war, wem der Finger gehörte.
     
    Reso Dorf erklärte uns, seine Abteilung habe, nachdem der Fingerlose als Karl Feilböck identifiziert worden war, sofort damit begonnen, alle ehemaligen Mitglieder der verbotenen Bewegung der Volkstreuen zu überwachen. Es gab nicht das geringste Anzeichen dafür, daß die Gruppe wieder aktiv war. Ein paar, die in der Nähe arbeiteten, trafen einander manchmal zum Mittagessen im Restaurant eines Kaufhauses in der Mariahilfer Straße. Aber selbst diese Begegnungen dürften eher zufällig gewesen sein. Darüber hinaus konnten keine Kontakte registriert werden, auch keine telefonischen. Seit dem Verschwinden ihres Führers gab es die Bewegung der Volkstreuen nicht mehr. Mit einer einzigen Ausnahme.
    »Vor eineinhalb Jahren«, sagte Reso Dorf, »ein paar Wochen nach Feilböcks Plauscherl mit dem Herrn Sicherheitsdirektor, als wir die Burschen beschatteten, organisierten sie am Johannistag ein Sonnwendfeuer auf einem alten Gutshof bei Rappottenstein. Das war eine Art Nostalgietreffen. Auf diesem Gutshof, der leer steht und dem Onkel eines ehemaligen Aktivisten der Volkstreuen gehört, hatten sie sich früher immer getroffen und in der Nacht vom 25. auf den 24. Juni ein Sonnwendfeuer abgebrannt.
    Diesmal waren wir mit der Kamera dabei. Die Burschen bereiteten alles vor, schichteten Holz und Stroh übereinander, gossen Benzin darüber und entzündeten das Feuer. Wir warteten gespannt und hofften auf Feuersprüche und Naziparolen. Zu unserer Überraschung kamen plötzlich von allen Richtungen die Menschen, brachten Wein mit, Würstel, Bratkartoffeln und Kekse. Das wurde ein richtiges Volksfest. Ich habe meinen Augen nicht getraut.
    Als die Dorflackeln betrunken waren, sprangen sie als Mutprobe über das Feuer. Dabei ist einer in der Glut gelandet. Es hat sofort der Arsch gebrannt. Die anderen haben ihn gelöscht. Er mußte ins Krankenhaus gebracht werden. Wir konnten nicht helfen, weil wir auf dem Hochstand saßen und das Geschehen mit Teleobjektiv observierten. In den Gasthäusern sahen wir später die handgeschriebenen Plakate. Die hatten die ganze Marktgemeinde zum Sonnwendfeuer geladen. Wenn Sie jetzt bitte das Video genau anschauen.«
    Reso Dorf setzte sich. Das zweite Video war kaum besser als das erste. Es war offenbar aus großer Entfernung aufgenommen. Sieben oder acht Personen kamen nacheinander ins Bild. Sie brachten Obststeigen mit Stroh und Reisig darin und schichteten sie auf einen Haufen. Man konnte die Gesichter kaum auseinanderhalten. Reso Dorf hielt das Video mit der Fernbedienung an. Dann stand er auf und ging ins Bild.
    »Wir kennen sie alle, bis auf einen«, sagte er. Er zeigte nacheinander auf die Köpfe. »Der Lackel hier ist Kranfahrer bei einer Baufirma. Dieses Bürschchen ist bei derselben Firma Polier. Das Haus gehört seinem Onkel. Da gibt es noch einen dritten, den Ingenieur, aber der ist gerade nicht zu sehen. Dieses lange Elend hier arbeitet in einem Restaurant in der Mariahilfer Straße, wo sie sich manchmal zum Essen treffen.«
    Er ließ das Video ein Stück weiterlaufen und hielt es wieder an. »Und hier ist der Ingenieur«, sagte er. »Und

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