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Opfer

Opfer

Titel: Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathi Unsworth
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angetanhatte. »Dann mal los«, sagte er und zog den Autoschlüssel aus der Tasche. »Zeig mir, wo es hingehen soll.«
    *
    Er fuhr mit ihr ins Mint, kaufte ihr eine Dose Cola und fünf Donuts für ein Pfund und sah zu, wie sie das Ganze verschlang, als hätte sie sich noch nie satt essen dürfen. Dann ließ er sich zwei Pfund in Kleingeld wechseln, legte ihr die Münzen in die Hand und folgte ihr zu ihrem Lieblingsautomaten.
    Corrine konnte ihr Glück nicht fassen, als sie die Pennys in den Schlitz schob. Sie war im Rausch – vom Zucker, davon, dass Onkel Len so nett zu ihr war, und jetzt auch davon, dass sie es bei Pac-Man endlich bis Level drei geschafft hatte – was ihr trotz aller Übung bisher noch nie gelungen war.
    »Onkel Len!«, jubelte sie. »Guck mal, Onkel Len!«
    Sie drehte sich um. Ihr Lächeln verschwand und sie runzelte die Stirn, während sie zwischen all den Automaten nach dem Mann mit dem Lammfellmantel und dem Trilby suchte. Die Geräte pfiffen und trillerten teilnahmslos. Onkel Len war weg.
    *
    »Ja?« Gina lehnte am Türrahmen und sah müde und gelangweilt aus. Rivett fand, dass sie sich hatte gehen lassen. Ihre perfekte Haut war fleckig geworden, weil sie zu viel trank und zu wenig schlief. Ihre schwarz schimmernde Mähne sah stumpf und ungewaschen aus. »Was willst du denn noch?«
    »Sie hat nichts getaugt«, erklärte er.
    »Was?« Gina runzelte die Stirn. Ihr Atem roch stark nach Bourbon. Rivett drängte in den Flur und schloss die Haustür.
    »Deine kleine Corrine bringt mir nichts. Mein Partner will sie nicht.«
    Gina zuckte die Schultern – eine träge Geste wie von ihrer Tochter.
    »Und?«, fragte sie. Ihre dunklen Augen starrten ins Leere.
    »Und? Du hast meine Zeit verschwendet«, erwiderte Rivett. »Und die von meinem Partner. Das heißt, es sieht mal wieder nicht gut für dich aus, Gina. Und so schnell …«
    Gina bließ ihm Rauch ins Gesicht. »Weißt du was?«, sagte sie. »Ist mir echt scheißegal.« Sie öffnete theatralisch die Arme, kam ins Stolpern und musste sich an der Wand festhalten. »Willst du mich ficken? Fick mich. Willst du mich verprügeln? Verprügel mich. Was du willst. Hab ich doch alles schon mal mitgemacht. Aber mach’s endlich.«
    Rivett sah sie angewidert an. »Wo ist der Rest von deinem Stoff?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, erwiderte Gina.
    Rivett schüttelte den Kopf und ging nach oben. Im vorderen Schlafzimmer war es hell, also ging er hinein.
    »Was zum …?« Seine Augen wanderten über Corrines rosafarbenen Plastikaltar, auf dem die Kerzen fast heruntergebrannt waren und das Wachs über den Rand der Schalen auf den Samtschal getropft war. Er ging näher heran, verstand aber noch nicht so recht, was er da vor sich hatte. Er nahm das schwarze Buch von der Mitte des Tischs in die Hand. Ars Goetia , las er, Das Schlüsselchen Salomons , Clavicula Salomonis Regis .
    Er sah sich im restlichen Zimmer um. Ein schmales Bett, schiefe Vorhänge, billiger Nylonteppich. An der grellen 70er-Jahre-Tapete klebten Poster übertrieben geschminkter Popstars. Das war wohl Corrines Zimmer.
    »Das würd’ ich an deiner Stelle nicht anfassen.« Gina stand in der Tür. »Das ist Corrines Altar. Schwarze Magie. Huuuu! « Sie lachte hämisch, überlegte es sich dann aber doch anders. »Andererseits hat’s heute ja wohl was gebracht, oder?«
    Rivett legte das Buch zurück an seinen Platz.
    Die Kerze flackerte und erlosch.
    »Was hatte dein Partner denn gegen Corrine?«, fragte Gina. »Hast doch gesagt, der steht auf junge Dinger. War ihm wohl zu hässlich, was?« Sie schüttelte den Kopf. »Kein Wunder.«
    »Jetzt spuckst du große Töne, Gina«, sagte Rivett. »Aber damit ist es vorbei, wenn die Wirkung des Stoffs nachlässt und du merkst, dass du auf dem Trockenen sitzt.«
    »Ja, da hast du wahrscheinlich recht«, erwiderte Gina. »Aber solange ich noch große Töne spuck und bevor du mich vermöbelst oder was auch immer du vorhast, muss ich dir eins sagen …«
    »Interessiert mich eigentlich nicht so recht«, sagte Rivett und kam auf sie zu.
    »Sollte es aber. Es geht um Corrine. Es gibt nämlich ’nen guten Grund dafür, dass sie nicht so toll aussieht und auch hier oben« – sie tippte sich an den Kopf – »nicht so viel drauf hat. Traurige Sache. Sie schlägt nämlich nach ihrem Vater.«
    Rivett fasste sie am Handgelenk.
    »Bei den Drecksäcken, mit denen du dich vergnügst, ist das wirklich kein Wunder«, erwiderte er.
    Ginas Augen funkelten

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