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Opfer

Opfer

Titel: Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathi Unsworth
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hatte und dass er auf Antwort wartete.
    »Ja«, erwiderte Sean, während er zusah, wie Smollet an ihm vorbei auf einen silbernen Audi TT zurannte, dessen Scheinwerfer aufleuchteten, als er ihn entriegelte. »Ja, das erklärt einiges, Mr Pearson, vielen Dank. Wo ist Francesca eigentlich gerade, wissen Sie das?«
    »Sie hat vor einer guten halben Stunde angerufen«, sagte Mr Pearson. »Sie meinte, sie würde heute erst spät nach Hause kommen. Warum, hat sie nicht gesagt. Wenn Sie sie in Gefahr gebracht haben …«
    »Vielleicht hat sie mir ja auf die Mailbox gesprochen«, sagte Sean, als Smollet zurücksetzte und an ihm vorbei vom Parkplatz fuhr.
    »Schauen Sie doch mal bitte nach«, bat Mr Pearson. »Heute sind nämlich nicht nur die Hunde unruhig.«
    Smollet fuhr gerade auf die Straße, als Sean die erste Nachricht abhörte. Sie war von Noj, und er musste das Handy vom Ohr weghalten, weil sie so laut war.
    » Zweite Nachricht. Aufgenommen um achtzehn Uhr dreißig« , kam die Stimme vom Band.
    » Der Affe hat sich freundlicherweise zu einem Treffen heute Abend bereiterklärt «, hörte er Francescas Stimme, » Ich gehe gerade zum Interview. Müsste halb acht, spätestens acht fertig sein … «
    Sean schaute auf die Uhr am Armaturenbrett.
    Achtzehn Uhr dreißig . Da hatte er doch selbst gerade mit Smollet gesprochen. Hier auf der Wache.
    Das bedeutete … Der Leierkastenmann?
    Als Sean wieder in den Spiegel schaute, war der Affe schon lange weg.

32
    SEVEN SEAS
    Mai 1984
    »Ihr beiden geht in dieselbe Klasse, oder? Bei Mr Pearson?«
    Dale Smollets Mutter stand mit einem Glas Asti Spumante zwischen ihm und Samantha. Die hatte gerade mit ihrem Großvater gesprochen, drehte den Kopf und sah Mrs Smollet fragend an.
    »Ach so«, sagte sie und warf Dale einen kurzen Blick zu. »Ja, das stimmt. Sind Sie …?«
    »Karen Smollet«, erwiderte die Frau mit den Alexis-Carrington-Schulterpolstern und streckte eine Hand voller Gold und Diamanten aus. »Dales Mum. Und du bist Samantha, ja?«
    Samantha lächelte ungläubig. Dale spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Er konnte nicht fassen, dass seine Mutter ihn quer durch den Raum geschleift hatte, nur um ihn so zu blamieren. Der schwarze Smoking und die Fliege, die sie ihm zur Feier des Tages aufgezwungen hatte, waren ihm schon peinlich genug.
    »So ist das bei einem Dinner in Abendgarderobe«, hatte sie ihm erklärt. »Merk dir das. Wird ja nicht dein letztes sein.«
    Er starrte auf seine italienischen Lederslipper hinunter, das einzige Kleidungsstück, für das er sich nicht schämte.
    »Eric!« Karen war nicht aufzuhalten. »Alles Gute, mein Lieber!«
    Eric drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Karen, bezaubernd wie immer.«
    »Ach«, erwiderte sie kokett. »Der alte Fetzen?«
    Sie drehte eine Pirouette, so dass ihr rotes Paillettenkleid um die Hüfte hochwirbelte.
    Dale schloss die Augen und wünschte, der Boden der Loge würde sich auftun und ihn verschlucken. Als er eine leise Stimme neben sich hörte, erschrak er sich zu Tode: »Boah! Ich wusste gar nicht, das deine Mutter genauso peinlich ist wie meine.«
    Als er die Augen wieder öffnete, stand Samantha neben ihm und grinste verschwörerisch.
    Er lachte, und sie zwinkerte ihm zu.
    »Welche ist denn deine?«, fragte er halblaut.
    »Die schamlose alte Schlampe da vorne.« Samantha nickte in Richtung einer Frau, die Karens blonde Zwillingsschwester hätte sein können, bloß dass sie eine mehrlagige schwarze Chiffonkreation trug, die ihren Bauch nicht ganz kaschierte. »Und daneben ihr Boy-Toy Wayne .« Sie spuckte den Namen aus.
    Dale betrachtete den verlegen wirkenden Typen mit den braunen Locken, Koteletten und dem schlecht sitzenden Smoking, neben dem sein eigener absolut stilsicher aussah. Modisch war Wayne wohl irgendwo in der Mitte des letzten Jahrzehnts steckengeblieben.
    »Der hat garantiert ein Anker-Tattoo auf dem Arm, und darunter steht der Name deiner Mutter.«
    Samantha riss die Augen auf, und ihr Mund formte ein perfektes »O«.
    »Woher weißt du das?«, fragte sie.
    »Mein Onkel Ted« – er deutete mit dem Kopf hinter sich – »ist genau der gleiche Typ.«
    Samantha reckte den Hals und hielt sich dann den Mund, weil sie kichern musste, als sie den einzigen anderen Mann im Saal mit Schlaghose sah.
    Für Dale war sie nie schöner gewesen. Die dämliche Frisur, wegen der Rowlands sich immer über sie lustig gemacht hatte, war herausgewachsen. Jetzt waren ihre Haare lang und bauschig, richtig

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