Opfere dich
gelesen – auch Ihren von letzter Nacht – und die Aufzeichnung gesehen, die in ihrem Haus gefunden wurde.“
„Dann sind Sie auf dem aktuellsten Stand“, warf Malcolm ein. Er tat gelassen, aber Storm sah ihm an, dass auch er ganz und gar nicht einverstanden war, weil sich jemand Fremdes in ihren Fall einmischte. „Solange Sie uns nicht das Ruder aus der Hand nehmen, werden wir gut miteinander klarkommen.“
Manning lächelte, und diesmal kam es Storm noch eine Spur schmieriger vor. „Wie Commissioner Lombard sagte, stehe ich dem Team als Berater zur Verfügung. Das FBI hat mich ausgewählt, weil ich aus Grand Rapids stamme. Mein Bruder wohnt noch dort. Die Bevölkerung wird unruhig. Es wird Zeit, dass wir erste Erfolge vorweisen. Anderthalb Jahre, vier ermord…“
Aufbrausend fiel Storm ihm ins Wort. „Es haben bisher nur drei Frauen sterben müssen. Megan ist noch nicht tot.“ Erst jetzt fiel ihr auf, dass er zwei verschiedenfarbige Augen hatte. Sein rechtes war grün und sein linkes Auge blau.
„Machen Sie sich nicht zu viele Hoffnungen, sie lebend zu finden.“ Manning presste die Lippen aufeinander.
„Wenn wir die Hoffnung verlieren, haben wir Megan bereits aufgegeben“, zischte Storm, nahm an ihrem Schreibtisch Platz und freute sich über die Tatsache, dass es nur zwei Stühle im Büro gab – Malcolms und ihren.
Unschlüssig stand Manning im Raum. Dann kam er zu ihr und setzte sich grinsend auf die Kante ihres Schreibtischs. „Ich kann verstehen, weshalb der Killer Interesse an Ihnen zeigt. Sie sind eine selbstbewusste Frau, die in ihrem Job weit gekommen ist. Cheryl Port war die stellvertretende Leiterin des Great Lake Museums, und Megan Cropps arbeitete als Controllerin beim größten hiesigen Schifffahrtsunternehmen. Die anderen beiden Opfer hatten wichtige Positionen bei der Bank of America und in der Stadtverwaltung. Er sucht sich ausnahmslos starke und erfolgreiche Frauen aus, die er brechen kann.“
„Als ob wir das nicht wüssten“, erwiderte Storm schnippisch und neigte sich zu ihm vor. „Und Sie passen verdammt gut in unser Täterprofil: ein männlicher Weißer zwischen dreißig und fünfzig Jahre alt, überdurchschnittlich intelligent, berufstätig, sozial voll integriert und auf den ersten Blick normal.“
Manning warf den Kopf in den Nacken und lachte laut auf. „Wir werden uns sehr gut verstehen, Storm Harper. Und eng zusammenarbeiten.“
„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte Malcolm und ignorierte Storms bösen Blick. „Das ist neben Sarkasmus das Einzige, was wir hier im Überfluss haben.“ Der Special Agent nickte, Malcolm goss einen Becher Kaffee ein und reichte ihn zu ihm hinüber.
„Danke“, sagte Landon Manning. Er nahm die Tasse und wandte sich wieder an Storm: „Hat der Wachsmörder bei Ihrer Begegnung gestern Nacht wirklich nach Vanille gerochen?“
Sie überlegte und antwortete schließlich: „Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht habe ich es mir nur eingebildet, weil ich weiß, dass das Wachs, mit dem er seine Opfer tötet, von Kerzen mit Vanilleduft stammt. Meine Wahrnehmung könnte mir einen Streich gespielt haben.“ Damit gab sie gleichzeitig zu, dass der Killer sie durcheinandergebracht hatte. Was soll’s, dachte sie, du bist nicht aus Stein.
Manning nahm einen Schluck, verbrühte sich die Lippen und verzog das Gesicht. Mit der Zunge strich er über die schmerzende Stelle, als hätte sein Speichel die Fähigkeit zu kühlen. „Woher kennt er, Ihrer Meinung nach, Gilbert Pinewoods Namen?“
„Als er die Kamera in meiner Küche plaziert hat, hat er auch mein Haus durchwühlt.“ Sie verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. Eine abweisende Geste. „Er könnte meine Fotoalben angeschaut, meinen Laptop überprüft und meine E-Mails gelesen haben. Es ist ja nicht so, dass ich alle Spuren, die Gil in meinem Leben hinterlassen hat, beseitigt habe.“
„Er weiß recht viel über Sie. Ihre Beziehung zu Mister Pinewood, das Verhältnis zu Ihren Eltern …“
Das klang anklagend, fast als wollte er ihr unterstellen, sie hätte es dem Serientäter selbst erzählt oder es ihm zumindest zu einfach gemacht, an die Informationen zu kommen.
Malcolm schaltete sich ein. „Der Wachsmörder holt sich sein nächstes Opfer erst, wenn er alles, wirklich alles, über die Frau weiß. Zum einen möchte er kein Risiko eingehen, zum anderen regen die Details seine Fantasie an. Bevor er zuschnappt, plant er das Wie, Wann und Wo haargenau. Er durchlebt in
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