Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
gesprochen, alle hatten die Party bestätigt, zwei Freundinnen konnten sogar mit Postkarten aus dem Mallorcaurlaub aufwarten. Damit war Petra Schöffer aus dem Rennen.
Margot fuhr schließlich los, um Nick abzuholen. Je mehr sie darüber nachdachte, was ihn dazu trieb, nach Darmstadt zu kommen, umso ratloser wurde sie. Sie konnte sich nur einen Reim darauf machen: Er startete seine Europatour. Ohne sie. Was so auch nicht stimmte – sie hatte auf seine Frage, ob sie mitkommen wolle, ja nicht einmal reagiert. Dann durfte sie jetzt auch nicht beleidigt sein. Und war es doch. Obwohl sie noch nicht einmal wusste, ob er es wirklich vorhatte.
Sie würde ihn gleich sehen, dann konnte sie ihn fragen.
Sie ging in den Ankunftsbereich des Terminals Nummer zwei. Der Flug war als pünktlich markiert.
Tatsächlich kam Nick um kurz vor fünf durch die Tür. Er schob einen Kofferkuli vor sich her, auf dem zwei Hartschalenkoffer lagen und eine kleinere Handgepäcktasche. Das sah nicht nach den Utensilien für einen Wochenendtrip aus.
Als Nick Margot sah, überzog ein Strahlen sein Gesicht. Margot fühlte, dass auch ihre Mundwinkel die Flucht nach oben antraten. Und sie spürte, dass sie ein wenig rot wurde.
Sie nahmen einander in den Arm, wie ein Paar, das sich zu lange nicht gesehen hatte. Nick küsste Margot auf die Wange. Und sie erwiderte den Kuss. Und kratzte sich dabei an der Unterlippe. War lange nicht mehr passiert, dass unrasierte Männerhaut bei ihr ein wundes Gefühl verursacht hatte. Sehr lange. Zu lange.
»Schön, dich zu sehen. Danke, dass du mich abholst.«
»Aber das ist ja wohl Ehrensache.«
Sie gingen Richtung Ausgang, Margot dirigierte Nick zum Parkhaus. »Wie war der Flug?«
»Es war der mit zweimal Umsteigen – aber das war die schnellste Möglichkeit.«
Margot zeigte auf die beiden Koffer. »Planst du, länger zu bleiben?«
»Auf eurem Kontinent schon. In Darmstadt nicht wirklich. Ich werde in ein paar Tagen aufbrechen. Ich habe nur einen groben Plan und drei Monate Zeit.«
»Du meinst es tatsächlich ernst«, murmelte Margot.
»Ja. Ich habe es schon damals in Nashville ernst gemeint. Erinnerst du dich noch?«
Besser, als mir lieb ist, dachte Margot.
Bevor sie antworten konnte, lachte Nick auf. »Du erinnerst dich. Schön.«
»Und du willst jetzt drei Monate von Stadt zu Stadt reisen, mit zwei Koffern?«
»Ja. Genau das habe ich vor. Ich werde mir morgen ein Auto besorgen. Irgendwas Großes, wo meine Koffer reinpassen. Und auch deine, falls du magst.«
»Nick, ich muss arbeiten.«
»Ja. Ich weiß das. Ich sage nur, dass wir in Kontakt bleiben sollten. Und ich bin nie weiter als zwei Flugstunden entfernt. Und vielleicht hast du ja Lust und Zeit, mal die eine oder andere Woche oder ein langes Wochenende dazuzustoßen.«
»Ich bin verheiratet, Nick.«
Darauf sagte Nick nichts.
»Was ist – kommt jetzt nicht irgendein ›Entschuldigung, ich wollte nicht zu weit gehen?‹ oder so was?«
»Margot, wir waren immer ehrlich zueinander. Wem willst du hier etwas vormachen? Dir? Mir? Rainer? Es kann sicher gut sein, dass ich meinen ganzen Europatrip allein mache. Aber ich weiß sehr wohl, dass Rainer nicht der Grund dafür ist.«
»Wie kannst du … « Margot wollte noch etwas hinterherschicken. Aber sie ließ es. Nick hatte eine Wahrheit ausgesprochen. Fertig. Damit mussten sie beide nun leben. Und Margot wollte gar nicht wissen, wieso Nick sich da so sicher war. Entweder, weil er wirklich in ihr lesen konnte wie in einem Buch. Oder, weil ihr Vater wieder einmal ein wenig indiskret gewesen war. Sie wusste nicht, was schlimmer wäre. Also ließ sie es jetzt einfach im Raum stehen.
Die Minuten, bis sie Margots Mini erreichten, vergingen, ohne dass einer von ihnen etwas sagte.
»Hast du in der Bockshaut ein Zimmer für mich bekommen?«, fragte er schließlich.
»Nein. Hier ist im Moment Heinerfest. Da kommst du mit dem Auto nicht mal in die Nähe dieses Hotels.«
»Okay, wo wohne ich?«
»Im Maritim. Auch nicht schlecht.«
Wenige Minuten später hatten sie das Parkhaus verlassen und fuhren auf der A5 nach Darmstadt.
»Margot, ich habe eine Menge herausgefunden über deine Paula Trizzi.«
Margot war eine Fahrerin, die auch während einer Unterhaltung nicht in die Unart verfiel, die Augen von der Fahrbahn zu nehmen und den Beifahrer anzusehen. Aber Nicks Tonfall verleitete sie nun genau dazu.
»Es mag sein, dass sie Opfer dieser Vergewaltigung wurde, aber …«
»Was ›aber‹ ?
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