Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
haben Sie auch nichts Neues zu sagen?«
»Nein. Er ist vor mir gegangen, gegen siebzehn Uhr. Ich hatte hier noch ein paar Berechnungen laufen – die Ergebnisse wollte ich abwarten. Ich hab mich dann so gegen zwanzig Uhr auf den Weg gemacht. Von seinem Verschwinden habe ich nichts mitbekommen.«
Horndeich sah in sein Notizbuch. Er hatte keine weiteren Fragen. »Danke, Herr Dr. Weller«, sagte er und verabschiedete sich. Als er zu seinem Wagen ging, hatte er das Gefühl, dass das Alibi von Weller einer Überprüfung nicht standhalten würde.
Horndeich fuhr zurück zum Präsidium. Doch bevor er zu Margot gehen würde, wollte er noch etwas abklären. Bereits seit dem Vortag hatte er sich so seine Gedanken gemacht. Mal sehen, ob sein Bauchgefühl ihm recht gab.
Angelika Sacher traf pünktlich um fünf Uhr nachmittags im Präsidium ein. Margot holte sie an der Pforte ab. »Es tut mir leid, dass wir Sie nochmals hierherbitten mussten, aber die Untersuchungen laufen auf Hochtouren – und da tauchen auch immer wieder neue Fragen auf.«
Angelika Sacher sagte nichts, sondern folgte Margot in die oberen Stockwerke in Richtung der Vernehmungsräume.
»Kaffee?«, fragte Margot.
Angelika Sacher schüttelte den Kopf. »Nein. Danke.«
Beide Frauen betraten den Gesprächsraum und setzten sich an einen Tisch einander gegenüber. »Frau Sacher, lassen Sie mich gleich zur Sache kommen«, begann Margot.
Die Ehefrau des Verstorbenen nickte nur.
»Zeugen haben ausgesagt, dass Ihre Ehe nicht so glücklich war, wie Sie sie uns zunächst geschildert haben.«
Angelika Sacher sah Margot an, sagte aber nichts.
»Ihr Sohn ist vorbestraft? Wegen Eigentumsdelikten?«
Frau Sacher nickte. »Ja. Aber was hat das mit dem Tod meines Mannes zu tun?«
»Stimmt es, dass das Verhältnis zwischen Ihrem Mann und Ihrem Sohn – angespannt war?«
Angelika Sacher schaute Margot direkt an. »Ja, ihr Verhältnis war nicht gut. Aber was bitte soll das mit der Ermordung von Emil zu tun haben? Mein Sohn hat meinen Mann nicht umgebracht. Ich auch nicht. Außerdem haben wir zum Todeszeitpunkt gemeinsam DVDs geschaut. Was also wollen Sie von mir? Ich habe doch schon alles gesagt.«
»Aber nicht, dass Sie ein Alkoholproblem haben.«
Angelika Sacher sah Margot an, und ihre Gesichtszüge formulierten die Frage, die sie nicht laut stellte: Woher wissen Sie das? Dann sagte sie: »Ja. Das stimmt.«
»Was stimmt? Dass Ihre Ehe nicht gut war? Oder dass Sie Alkoholikerin waren? Oder sind?«
»Ich war keine wirkliche Alkoholikerin, zum Glück nicht, denn dann wäre es mir viel schwerer gefallen, mein Pensum zu reduzieren. Seit einem Jahr trinke ich kaum mehr. Vielleicht mal ein Glas Sekt zum Anstoßen. Ich brauche den Alkohol nicht mehr. Zufrieden?«
»Darum geht es nicht, Frau Sacher. Wir versuchen, den Mörder Ihres Mannes zu finden. Und dafür müssen wir sein Umfeld, sein Leben kennen.«
»Mein Mann war ein Scheusal.« Angelika Sacher flüsterte den Satz. Machte eine Pause. Und fuhr dann noch leiser fort: »Aber ich habe ihn nicht umgebracht.«
»Was meinen Sie mit Scheusal? « Margot hatte ihre eigene Definition davon, aber die tat hier nichts zur Sache. Ihre Definition war in der vergangenen Nacht samt Gspusi über den großen Teich geflogen.
»Mein Mann hatte einen Hang zur Gewalt. Nicht nur, aber auch im Bett. Das habe ich mir leider erst zu spät eingestanden. Ich habe zu spät begriffen, dass sich ein erwachsener Mensch, wenn er seinen Charakter erst einmal entwickelt hat, nicht mehr grundsätzlich ändert. Ich habe gedacht, wenn wir erst verlobt sind, dann ist er sich meiner Liebe sicher. Dann wird er nicht mehr – zuschlagen. Dann dachte ich, es braucht den Ring am Finger, damit sich etwas ändert. Tat es nicht. Die letzte Hoffnung: Ein Kind würde etwas bewirken. Und dann wurde mir klar, dass er sich nicht ändern würde.«
»Haben Sie eine Ahnung, wer einen Grund gehabt hätte, Ihren Mann zu töten?«
»Ja und nein. Sein Kompagnon in München – die beiden hatten immer wieder Streit. Mein Mann war keiner, der einen Konflikt leise beilegte. Bei ihm endete eine Auseinandersetzung erst, wenn er seinen Willen durchgesetzt hatte. Die Reibereien mit Sven Taggt, so heißt der Kollege in München, zogen sich schon seit Jahren hin. Sonst fällt mir dazu nichts ein.«
»Gab es vielleicht noch andere Menschen, zu denen er Kontakt hatte? Außerhalb von der Uni oder von München?«
Margot sah auf ihre Armbanduhr. Es war fast halb sechs. Wo blieb
Weitere Kostenlose Bücher