Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Unterwelt?«
»Keine Indizien. Es gab wohl zwei Exfreundinnen, die ihm nicht wohlgesinnt waren. Die eine wohnte gar nicht mehr in Hamburg, die andere hatte ein wasserdichtes Alibi – Urlaub in der Dominikanischen Republik.«
»Und sonst nichts?«
»Der Gerichtsmediziner hat bei Hansen unter den Fingernägeln Erdspuren sichern können. Aber woher die stammen? Wenn wir einen Ort haben, von dem wir denken, dass Hansen dort zwei Wochen gefangen gehalten worden ist, dann können wir damit vielleicht beweisen, dass es dieser Ort gewesen ist. Aber umgekehrt? Die Kollegen in Hamburg können auch nicht sagen, woher die Erde genau stammt. Es ist nichts so Exklusives wie etwa Torf aus Ostfriesland.«
Margot erhob sich.
An einer Wand des Büros stand ein großes Whiteboard. Margot wischte die Tafel mit dem Tuch ab, dann zog sie zwei senkrechte Linien. Links oben schreib sie Richard Wölzer, in die Mitte Till Hansen und rechts Emil Sacher .
Unter die Namen setzte sie zunächst die Geburtstage: Wölzer war im Juni 1972 geboren, Hansen im Dezember 1971 und Sacher im August 1972. Dann notierte sie die Todesdaten: Richard Wölzer war in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar gestorben und zwei Tage später am 12. Januar gefunden worden. Till Hansen verschwand Ende März, wurde zwei Wochen später umgebracht und dann gefunden. Emil Sacher war der Letzte in der Reihe. Er war am 30. Mai verschwunden, am 15. ermordet und am Mittwoch, dem 20. Juni, gefunden worden. Damit waren sie alle neununddreißig oder vierzig Jahre alt gewesen, als ihr Leben geendet hatte.
Die Todesursachen schrieb Margot gleich darunter: Richard Wölzer: Kammerflimmern. Till Hansen: Erschlagen mit stumpfem Gegenstand. Emil Sacher: Erschlagen mit stumpfem Gegenstand / ertrunken.
»Kammerflimmern?«, fragte Horndeich. Er hatte von Margot noch nichts über den Fall Wölzer gehört.
»Ja. Der Gerichtsmediziner hat ihn sich gründlich angeschaut. Wölzer war Raucher. Sein Vater ist mit neunundvierzig an einem Herzinfarkt gestorben. Dazu war Richard Wölzer nicht wirklich schlank. Sein Herz wies starke Verkalkungen auf. Und er hatte früher schon einen leichten Infarkt gehabt. Alles einfach ein wenig zu viel für das Herz.«
»Dann sollten wir die Verletzungen noch aufschreiben.«
Margot schrieb. Wölzer: zerschlagene Daumen. Hansen: aufgerissener Rücken (gespickter Hase). Sacher: Fesselung über Kreuz. Ertränken.
»Jetzt noch die Studienzeiten.«
Margot schrieb auf mittlere Höhe in jede Spalte Studium in Darmstadt . Bei Hansen schrieb sie noch dazu: Okt 1992 – Nov. 1996. Bei Sacher: Okt. 1992 bis Nov. 1997. Für Wölzer hatte sie noch keine genauen Zeitangaben.
»Verdammt. So wie du das jetzt aufschreibst – da kann man kaum von einem Zufall ausgehen.«
Margot betrachtete die Tafel: »Was alle drei gemeinsam haben, ist das Studium in Darmstadt und postmortale Verletzungen – wenn wir die bei Emil Sacher mal als postmortal durchgehen lassen wollen.«
Ralf Marlock klopfte an den Türrahmen. »Ich wäre dann so weit. Wie ich sehe, habt ihr schon angefangen.«
Marlock überflog die Aufzeichnungen an der Tafel. »Jou. Dem habe ich im Moment nichts hinzuzufügen. Aber irgendwie sieht das schon so aus, als ob die drei irgendetwas miteinander zu tun hätten.«
SAMSTAG, 23. JUNI
Samstag.
Wochenende.
Zeit zu fliehen.
Sie hatte absolut nicht damit gerechnet, Rainer und seiner Tussi in Darmstadt über den Weg zu laufen. Sie hätte auch nie gedacht, dass er die Chuzpe hatte, mit ihr durch ihre Stadt zu marschieren wie das Elefantenpaar durch den Porzellanladen. Sie wusste nur, dass sie das nicht noch einmal erleben wollte.
Sie war am Vorabend bis um dreiundzwanzig Uhr im Präsidium geblieben. Hatte die Akten der drei Toten verglichen, während Horndeich schon mit seiner Sandra kuschelte und Marlock bei seiner Familie war. Riemenschneider ebenfalls – ach, die ganze Truppe.
Und sie? Da war niemand, zu dem sie hätte gehen können.
Nachdem sie die Akten mehrfach durchgegangen war, war sie zu der Erkenntnis gekommen: Wenn sie noch irgendetwas Relevantes herausfinden wollte, dann musste sie mit den Menschen sprechen, die Hansen und Wölzer persönlich kannten. Eigentlich war dafür auch noch am Montag Zeit. Nach dem Wochenende.
Aber was bedeutete das Wochenende denn für sie? Alleinsein im viel zu großen Haus. Noch größer, seit sie es vor zwei Jahren hatten umbauen lassen. Ein Stockwerk drauf. Wegen der Dachterrasse. Mit Blick in den Taunus, bis zum
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