Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Steinplatten mit eingemeißelten Hieroglyphen.
Margot gab ihm die Hand. »Schön, dass Sie Zeit für mich haben.«
»Nun, Sie haben mir nicht viel erzählt am Telefon – aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann ermitteln auch Sie in Darmstadt jetzt im Fall des Mordes an meinem Bruder. Und wenn ich auch nur einen Hauch dazu beitragen kann, dass dieses schreckliche Verbrechen endlich aufgeklärt wird, dann werde ich Sie unterstützen.«
Margot nickte.
»Haben Sie schon etwas zu Mittag gegessen? Möchten Sie etwas essen? Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Danke – ich habe im Zug bereits gegessen. Aber etwas zu trinken – das wäre nicht schlecht.«
»Wasser, Kaffee, Wein – oder auch einen Cognac?«
Margot hatte schon den Standardspruch auf den Lippen: »Nein, danke, ich bin im Dienst.« Aber das war sie ja gar nicht. Sie war auf einem Wochenendtrip in Hamburg, würde die Stadt erkunden – und, ja, nebenbei sprach sie noch mit dem Bruder eines Mordopfers. Also: »Hätten Sie vielleicht eine Weißweinschorle?«
»Aber sicher.«
Hansen verließ das Büro, kam aber gleich darauf zurück.
»Nehmen Sie doch bitte Platz, Frau Hesgart.«
Margot tat, wie ihr geheißen.
Jonne Hansen setzte sich ihr gegenüber. »Worum genau geht es?«
Hansens Stimme war angenehm. Margot konnte sich gut vorstellen, dass er allein durch seine Stimme Menschen für sich einnehmen konnte. Margot war sich nicht sicher, wie viel sie preisgeben sollte. Zumal ja noch gar nicht sicher war, dass der Mord an Jonne Hansens Bruder wirklich mit dem an Emil Sacher zusammenhing. »Herr Hansen, wir bearbeiten in Darmstadt zurzeit einen Mordfall, der zu dem Mord an Ihrem Bruder ein paar Parallelen aufweist. Deshalb habe ich ein paar Fragen an Sie.«
»Schießen Sie los«, sagte Hansen nur.
Margot wusste für einen Moment gar nicht, wo sie anfangen sollte. »Ich habe die Akten der Hamburger Kollegen gelesen. Da stehen Ermittlungsergebnisse drin. Aber mir geht es – so blöd das klingen mag – zunächst um ein Gefühl. Und damit um die Frage – wer war Ihr Bruder?«
»Wer mein Bruder war?«
»Ja. Ich kenne nur die Bilder aus seiner Akte. Erzählen Sie mir einfach ein bisschen.« Auch Margot war sich nicht sicher, dass sie das irgendwie weiterbringen würde. Aber sie war ja privat hier. Der Ausflug nach Hamburg war nichts anderes als ein Fluchttrip vor Rainer. Sozusagen.
»Sie meinen also, ich soll aus der Familiengeschichte plaudern?«
»Ja.«
Nach einem Klopfen wurde die Bürotür geöffnet. Teresa Osborn brachte eine Flasche Wein, eine Flasche Wasser, einen Behälter mit Eis und zwei Gläser. Und verschwand gleich darauf wieder diskret.
Jonne Hansen schenkte Margot eine Weinschorle ein, gab Eis dazu, nahm für sich nur Wasser.
»Tills und mein Leben – nun, beide sind eng verwoben mit diesem Unternehmen. Mein Ururgroßvater Fiete Hansen hat das Unternehmen gegründet. Damals in der Speicherstadt.« Hansens Arm zeigte in Richtung Osten, in dem die historische Speicherstadt lag, ein Lagerhauskomplex, der ehemals ein Teil des Freihafens gewesen war.
»1890 hat er ein Schiff gekauft. Und nach Indien geschickt. War riskant. Aber das Dampfschiff kam mit Tee und Gewürzen zurück, trotz Sturm und Piraten. Nun, ich erspare Ihnen Details. Auf jeden Fall hatte er zwei Söhne, die das Unternehmen weiterführten – der Name bezieht sich also nicht auf mich und meinen Bruder. Die Reederei zog ein paarmal um. Und 2008 sind wir hier eingezogen – aber da hatte sich unser Vater schon aus dem Geschäft zurückgezogen.«
»Eine Reederei – was genau muss ich mir darunter vorstellen?« Zu Hause in Darmstadt war Margot mit diesem Begriff nicht wirklich oft konfrontiert. Der Schiffsverkehr auf dem Woog hielt sich in Grenzen.
»Ganz einfach. Wir bauen Schiffe und schicken sie auf die Reise. Heute läuft das ein bisschen anders als früher. Da waren der Kaufmann und der Schiffsbesitzer noch ein und dieselbe Person. Heute ist das anders. Wir vermieten die Schiffe, die wir bauen, an die großen Linien, die die Container über die Weltmeere schippern.«
»Und das rechnet sich?«
»Ja. Wenn man die richtigen Schiffe zur richtigen Zeit in der richtigen Werft baut, rechnet sich das durchaus.«
»Und was war Tills Job in der Firma?«
»Ich weiß, wie man ein gutes Schiff baut. Und Till – er wusste, was es kosten durfte, wie man es finanzierte und wie man mit einem solchen Schiff dann richtig Geld machen konnte. Er war das
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