Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Gehminuten voneinander entfernt lagen.
Als Sandra und Horndeich den Golf parkten, sahen sie die Eltern schon auf der Terrasse sitzen und winken. Stefanie schlief. Horndeich klackte die Babyschale aus der Gurtverankerung, Sandra hatte inzwischen das Kinderwagengestell auseinandergeklappt, dann die Babyschale einrasten lassen. Horndeich war immer wieder fasziniert, wie durchdacht so ein System sein konnte. Und wie teuer – aber der Gedanke hatte ihm eigentlich nur beim Kauf Sorgen bereitet.
»Schön, dass ihr da seid«, begrüßte Susanne Hillreich die Ankömmlinge, Georg folgte ihrem Beispiel.
Sowenig Horndeich Georgs Leidenschaft zu Hammer und Nagel teilte, umso mehr schätzte er sein Interesse an alten Autos. Wobei sie beide da auch unterschiedliche Sichtweisen hatten: Während die kaputte Benzinpumpe Horndeich Sorgenfalten auf die Stirn trieb, weckte sie bei Georg Lachfältchen der Begeisterung. Denn bereits vor drei Tagen hatte er Horndeich haarklein erklärt, wie so eine Pumpe zu zerlegen, zu reparieren und wieder einzubauen sei. Er hätte es bestimmt gern an Horndeichs Benz in der Praxis erprobt. Doch Horndeich kannte inzwischen Georgs Hang zum Verzetteln, was der wohl eher als »Hang zur Perfektion« bezeichnet hätte.
»Ich sehe, du fährst immer noch den Leihwagen«, begann er demzufolge auch das Gespräch.
»Hm«, meinte Horndeich nur.
»Na, die brauchen ja eine Ewigkeit, um so eine Kleinigkeit wieder hinzubiegen«, ergänzte sein Schwiegervater, was in der Übersetzung hieß: »Du hättest den Wagen doch mir überlassen sollen.«
»Und, schon was Neues aus Wiesbaden?«, fragte Susanne ihre Tochter. Sandras Mutter sah deutlich jünger aus, als sie war – was auch für Georg galt. Beide waren deutlich jenseits der sechzig. Beide waren inzwischen Vollzeit-Ruheständler. Und sie teilten ein gemeinsames Hobby: Dreimal in der Woche gingen sie zusammen ins Fitnessstudio. Wobei Georg dem Inhaber schon eine ganze Ladung Tipps gegeben hatte, wie er die Mechanik des ein oder anderen Trainingsgeräts verbessern könnte.
Die Bedienung nahm die Bestellung der Getränke auf und verteilte die Speisekarten. Horndeich war noch satt vom Frühstück. Doch er wusste, dass seine Schwiegermutter ihm nie verzeihen würde, wenn er einer Einladung zum Mittagessen mit der Wahl eines kleinen Schälchens Salat oder einer simplen Suppe begegnen würde.
»Ja, gestern kam der Brief. Ich kann ab August wieder anfangen«, berichtete Sandra.
Horndeich wandte sich seiner Frau zu: »Das hast du noch gar nicht erzählt!«, empörte er sich ein wenig lauter, als es angemessen gewesen wäre. Was sowohl seine Frau als auch Susanne mit einem irritierten Blick quittierten. Georg studierte derweil die Speisekarte.
Horndeich versteckte sich nun ebenfalls hinter den Seiten, die kulinarischen Genuss versprachen.
»Ich freu mich für dich«, sagte Susanne und griff nach Sandras Hand. Das wäre eigentlich Horndeichs Text gewesen und auch seine Geste. Aber Sandras Ankündigung hatte ihn nun doch etwas überrascht getroffen. Er hätte nicht so reagiert, wäre da nicht dieser blöde Brief aus München hereingeflattert …
»Und bei dir? Auch alles klar?«, wandte sich Susanne an Horndeich.
»Nein«, antwortete Georg hinter seiner Karte. »Er hadert damit, dass er mich seinen Wagen nicht reparieren lässt.«
Horndeich konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ja, so weit alles gut. Wir haben einen ziemlich vertrackten Fall.«
»Der Mann aus dem Woog«, stellte Susanne fest, aber ihr Tonfall machte deutlich, dass sie dieses Thema ungeeignet für eine Mittagstischkonversation hielt. Weshalb sie sich sofort wieder an ihre Tochter wandte: »Und der Kleinen geht es wieder besser?«
Schon wieder etwas, was ich nicht mitbekommen habe, dachte Horndeich.
Sandra wandte sich Horndeich zu: »Sie hatte Blähungen am Freitag, ist aber wieder alles in Ordnung.«
»Na dann ist ja gut. Das hat sie offenbar von dir – du hattest auch immer wieder Blähungen, als du noch ein Baby warst.« Susanne Hillreich wandte sich an ihren Schwiegersohn: »Oder hattest du als Baby auch immer Blähungen, Steffen?«
Horndeich war sich nicht mehr sicher, ob er nicht doch ein Gespräch über den toten Emil Sacher hätte forcieren sollen. Er beschloss, die Frage zu ignorieren. Zum Glück kam die Bedienung, um die Essensbestellung aufzunehmen. Mehr als einmal im Monat würde er solche Mittagessen nicht ertragen, stellte er fest.
Das Ehepaar Hillreich bestellte eine
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