Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
und auch ein Till Hansen.«
»Jetzt ist aber echt gut. Ist also doch nur Verarsche, oder was?« Die Stimme des jungen Mannes hatte deutlich an Lautstärke zugelegt.
Es war Sonntag, achtzehn Uhr. Zu Margots Allgemeinbildung gehörte auch das Wissen, dass man in Studentenverbindungen viel Bier trinkt. Vielleicht war der Mann betrunken?
»Nein, das ist keine Verarsche, wie Sie das zu nennen pflegen.«
»Okay, danke für den Scherz, wir sprechen uns am ersten April wieder. Und ich – ich finde es einfach nur geschmacklos!« Dann legte der Mann auf.
Hatte der sie noch alle? Schließlich hatte er mit einer Polizistin gesprochen. Margot drückte die Taste für die Wahlwiederholung.
»Burschenschaft Ludovica, Sie sprechen mit Andreas Ruprecht, guten Tag.« Da Margot die Anzeige ihrer Nummer auf anderen Telefonen unterdrückt hatte, konnte der Mann nicht erkennen, dass er von derselben Rufnummer aus erneut angerufen wurde.
»Hauptkommissarin Margot Hesgart, Kripo Darmstadt.«
»Was soll denn der Scheiß jetzt, echt! Wir sitzen draußen in der Sonne, und Sie holen mich ans Telefon, um mich zu verarschen.«
»Niemand will hier irgendwen verarschen. Ich habe Sie freundlich um eine Auskunft gebeten. Ich ermittle in einem Mordfall.«
»Wie sind Sie denn organisiert? Und dafür unsere Steuergelder …«
Margot wagte zu bezweifeln, dass dieser Mann bereits viele Steuern zahlte. »Hallo?«
»Mann, vor exakt zehn Minuten hat ein Kollege von Ihnen angerufen. Und der hat genau die gleiche Fragen gestellt. Und ich hab ihm alle Fragen beantwortet. Und jetzt kommen Sie und wollen das Ganze noch mal wissen. Ist das jetzt versteckte Kamera? Oder verstecktes Mikro? Ich leg jetzt auf.«
»Haaalt. Bitte. Wer hat Sie denn vor zehn Minuten angerufen?« Noch bevor Andreas Ruprecht antwortete, wusste Margot, was er sagen würde.
»Ein gewisser Hauptkommissar Steffen Horndeich. Auf Wiederhören.«
Wieder klackte es in der Leitung. Margot nahm ihr Smartphone aus der Schutzhülle, das sie nach der Zugfahrt noch nicht laut gestellt hatte. Sie las. Ein verpasster Anruf. Horndeich Präsidium. Sie sah auf die Uhr: vor fünf Minuten.
Sie drückte auf Rückruf.
MONTAG, 25. JUNI
Horndeich stellte den Golf vor dem imposanten Haus ab. Die Villa Bonte war ihm schon früher aufgefallen – vom Biergarten aus hatte man einen schönen Blick auf das Haus, das mit seinen Türmchen und Erkern eher an ein kleines Schloss erinnerte.
Margot hatte ihm zuvor gesimst, dass sie ebenfalls direkt zu der Studentenverbindung kommen wollte. Horndeich sah auf die Uhr. Es war bereits neun. Und keine Margot in Sicht.
Gestern hatten sie zur selben Zeit die gleiche Idee gehabt. Nein, Horndeich war ein wenig schneller gewesen. Als er das Bild mit den Büttelborner Kerweborsche und ihre farbigen Bänder gesehen hatte, war ihm der Gedanke gekommen, dass es zwischen Studenten, die in derselben Stadt studierten, noch eine weitere Verbindung geben könnte: nämlich die gemeinsame Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung. Horndeich war auf diese Idee gekommen, da viele Studentenverbindungen ja an ihren Farbbändern zu erkennen waren. Er kannte sich mit diesem ganzen Verbindungszinnober nicht aus, aber er hatte so ein Band einmal beim jüngsten Bruder seiner Mutter gesehen, der es ihm erklärt hatte.
Er hatte Stefanie an Sandra übergeben und war mit einem Taxi ins Präsidium gefahren. Denn er stufte die Chance, jemanden in einer Verbindung an einem Sonntagnachmittag zu erreichen, als wesentlich höher ein, als an einem Montagvormittag, an dem Studenten normalerweise studierten.
Die Burschenschaft Ludovica war die Nummer einundzwanzig auf seiner Liste gewesen. In Darmstadt gab es an die dreißig studentischen Verbindungen. Von zwanzig zuvor Angerufenen hatte er immerhin fünfzehn erreicht. Und dann hatte er den Treffer gelandet: Sacher und Wölzer waren in derselben Verbindung gewesen. Immerhin.
Vier Minuten später fuhr Margots Mini auf den Parkplatz. Margot stieg aus. »Sorry, ging nicht früher.«
»Schon okay. Wenn die gestern gefeiert haben, dann sind die sicher happy, wenn wir ein paar Minuten später auftauchen.« Sekunden später drückte Horndeich auf den Klingelknopf.
Bereits nach zehn Sekunden hörte man hinter der Tür Geräusche. Ein junger Mann öffnete ihnen. Er war völlig normal gekleidet, Jeans, ein grünes Hemd. Das einzig Irritierende war das Band, das er umgelegt hatte. Vielleicht fünf Zentimeter breit, in den Farben Dunkelblau – Weiß
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