Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
über Fragen. Wir müssen noch mehr über die Opfer herausfinden.«
Sie ging zu der Tafel hinüber. Im oberen Bereich fügte sie eine Spalte ein: »Gesetzeskonflikte«. Beim Hamburger Reeder Till Hansen schrieb sie: 2000 : Verkehrsunfall. Fahrlässige Tötung Emma Kruse.
»Haben die anderen noch was auf dem Kerbholz?«
»Hamburg sagt Nein, Marburg – ich schaue gleich noch mal nach.«
Es kostete Margot ein paar Klicks – und schon gab das Bundeszentralregister Auskunft: »Hui. Das hätte ich jetzt nicht erwartet.«
»Was denn?« Horndeich ging um den Schreibtisch herum.
»Auch Wölzer hat einen Menschen auf dem Gewissen: fahrlässige Körperverletzung mit Trunkenheit, 2002. Ich lass mir mal die Gerichtsakte kommen – dann sehen wir, was genau passiert ist.«
»Dann check doch auch mal unsere Darmstädter Vögel.«
Margot befragte das Datenbankorakel nach Philipp Kaufmann und nach Emil Sacher – aber die beiden schienen unbescholten.
Das Telefon auf Margots Schreibtisch klingelte. Margot sah auf das Display. Eine Hamburger Nummer. Sie nahm ab. »Hesgart?«
»Guten Tag, Frau Hesgart. Karlsson hier.«
»Hallo, Kollege.« Margot war nicht nach Smalltalk zumute. Deshalb entstand eine kurze peinliche Pause.
»Äh. Ja. Also – ich bin da tatsächlich noch auf etwas gestoßen. Sie haben mir doch heute Morgen die Namen der drei anderen Verbindungskollegen von Till Hansen gegeben.«
»Ja?« Karlsson wollte es wohl etwas spannend machen.
»Also – dieser Wölzer, der hat seit Jahren Geld von einer der Firmen bekommen, die Till Hansen gehören.«
»Firmen? Ich dachte, da ist nur die Reederei?«
»Ja und nein. Die Reederei ist das große Dach. Und darunter gibt es ein paar Unterfirmen. Die Hansen-Immo GmbH, das ist die Firma, unter der die ganzen Immobilien laufen. Gehört zu hundert Prozent ›Hansen und Söhne‹. Und Geschäftsführer ist Till Hansen. Wenn Sie mich fragen, dann sind die Unternehmen alle nur Steuersparkonstrukte. Und diese Hansen-Immo, die hat jeden Monat zweitausendfünfhundert Euro an Richard Wölzer in Marburg überwiesen.«
Margot pfiff durch die Zähne. »Sind die also noch enger verbandelt. Wie weit haben Sie das zurückverfolgen können?«
»Wir haben die Bücher der vergangenen vier Jahre hier. Das zieht sich aber von Anfang an durch. Kann also durchaus sein, dass das schon länger geht. Ich habe mir mal eine der Rechnungen angesehen: Es scheint einen Rahmenvertrag zu geben, laut dem Wölzer für Hansen architektonische Beratung leistete – was immer das sein soll. Auf jeden Fall wurden die Zahlungen erst mit dem Tod von Hansen im April eingestellt. Aber nicht bereits im Januar, als Wölzer gestorben ist.«
»Das heißt, das Geld wurde noch überwiesen, obwohl er nicht mehr gelebt hat?«
»Ja, so sieht es aus. Offensichtlich ein Fehler der Buchhaltung bei Hansen-Immo.«
»Können Sie uns da was Schriftliches zukommen lassen? Mail, Fax?«
»Klar, geht gleich raus.«
»Prima, herzlichen Dank!«
»Ja, und wenn ihr im Süden was rausbekommt – lasst es uns wissen.«
»Klar.«
»Und wenn Sie mal wieder in Hamburg sind, lassen Sie es mich auch wissen.«
»Auch klar«, sagte Margot. Aber in ihrer Stimme lag nicht ganz so viel Enthusiasmus wie in der Antwort davor. Sie legte auf.
»Good news?«, fragte Horndeich.
»Hm-mm«, sagte Margot nur, blätterte in einer der Akten, dann wählte sie eine Nummer.
»Anke Wölzer«, meldete sich die Witwe von Richard Wölzer.
Margot telefonierte zwei Minuten mit ihr, bedankte sich und verabredete sich mit der Frau.
»Du willst jetzt nach Marburg fahren?«
»Ja. Wölzer hat regelmäßig Geld von Hansen bekommen. Und ich will wissen, warum.«
»Und das kannst du nicht einfach am Telefon fragen?«
»Das könnte ich. Aber ich glaube, dass das direkte Gespräch hier besser ist. So wie Karlsson es geschildert hat, könnte dahinter auch etwas nicht ganz Hasenreines stecken.«
»Und wenn nicht?«
»Auch dann schadet es sicher nicht, mit Wölzers Witwe persönlich zu sprechen.«
»Und was mache ich?«
»Du könntest versuchen, die Lücken in den Lebensläufen zu füllen. Wir wissen, dass die vier zusammen studiert haben. Aber wo haben sie Abi gemacht? Wo gewohnt? Solche Sachen halt.«
»Soll ich nicht mit nach Marburg?«
»Ne. Mache ich allein.« Damit griff Margot nach der dünnen Sommerjacke und ihrer Tasche und verschwand.
Sicher, es wäre vielleicht ganz nützlich, wenn Horndeich mit nach Marburg fahren würde. Aber Margot
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