Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Daten, die sie von Hansen schon angelegt hatten.
Bernd Riemenschneider überflog den Ausdruck. »Na, dann wollen wir mal«, sagte er. »Mal sehen, was er noch so kundgetan hat.«
Er fuhrwerkte mit der Maus umher und hackte so auf der Tastatur herum, dass Horndeich sich fragte, ob es eigentlich auch Crashtests für diese Produkte gab. Wenige Minuten später hatte Bernd ein paar Fenster auf den großen Monitor gezaubert. Dann hielt er inne.
»Also?«, fragte Horndeich.
»Hansen war bei Facebook aktiv. Er hatte knapp hundertfünfzig Freunde.«
… oder was man so Freunde nennt auf Neudeutsch, dachte Horndeich. Er sinnierte kurz über seinen eigenen Status und kam auf eine Freundeszahl von vier. Und eine Bekanntenzahl, die vielleicht um den Faktor zehn höher war. Er schüttelte den Kopf.
»Von diesen hundertfünfzig waren fünfundachtzig Prozent weiblich. Aber er war nicht wirklich aktiv auf Facebook. Jeden Monat vielleicht mal einen Eintrag.«
»Und? Was schreibt er über seine Biografie?«
»Geboren 1972 in Hamburg. Nächster Eintrag: Abi 1991 in Hamburg. Dann Wehrdienst in Gießen. Und dann folgt das Studium in Darmstadt mit Diplom in Wirtschaftsinformatik. Das war’s dann auch schon an biografischen Daten. Beziehungsstatus: Single.«
Nun, das alles war für Horndeich nichts Neues. »Irgendwas auf dieser Schulplattform StayFriends?«
»Fehlanzeige. Auch bei Google Plus ist nichts zu finden. Aber auf Xing.«
»Okay, was verbreitet er da?«
»Eine Auflistung seiner Karriere in der Firma seines Vaters. Schau.« Bernd deutete auf die Einträge. Horndeich las. Hansen hatte akribisch alle seine Funktionen in der Firma aufgeführt, bis zu dem Tag, an dem er in die Geschäftsführung aufgenommen worden war. Vom Vertriebsassistenten zum Millionär – die norddeutsche Variante des amerikanischen Traums.
»Das war’s?«
»Ja. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: Till Hansen war recht zurückhaltend, was sein mediales Mitteilungsbedürfnis angeht.«
»Okay, dann schauen wir uns einfach die Nummer zwei an. Aber die Freundesliste solltest du speichern. Auch die der Kontakte auf dieser Business-Plattform.«
»… Xing.«
»… wie auch immer. Der Nächste ist Richard Wölzer. Aus Marburg, geboren in München.«
»Der?«, fragte Bernd Riemenschneider nach weniger als zwei Minuten. Der Monitor zeigte die Facebook-Seite mit Foto.
Das war Wölzer. »Jepp.«
Riemenschneider zauberte wieder mit Maus und Tastatur. Dann sagte er: »Okay, der war etwas mitteilsamer.«
»Das heißt?«, fragte Horndeich.
»Das heißt, dass er seine Heimat offensichtlich geliebt hat. Er kam aus München, wie du gesagt hast.« Riemenschneider zeigte auf einen Ausschnitt der Facebook-Seite. »Ist auch in München eingeschult worden. Dann ein paar Bilder aus der Grundschulzeit. Wanderung mit den Eltern in den Alpen. Und der Ausflug zum Bodensee. Und zu den Königsschlössern von Ludwig II. von Bayern.«
»Okay. Und dann?«
»Dann kommt das große Nichts. Bis zum Abi.«
»Wo hat er Abitur gemacht?«
»In Ingolstadt. Auf einem Internat. Er hat sogar seinen Schnitt veröffentlicht. Mutig.«
Horndeich sah auf die von Riemenschneider markierte Stelle. 3,1. Nicht berühmt. Aber ausreichend. Es gab also Leute, die beim Abi noch mehr Schwierigkeiten gehabt hatten als er, dachte Horndeich. Er erinnerte sich an seinen eigenen Schnitt von 2,9 …
»Dann kommt der Wehrdienst. Wo das war, teilt er nicht mit. Dann folgt das Studium in Darmstadt, aber das weißt du ja.«
»Ja. Und danach?«
»Hat er sich als Architekt selbstständig gemacht.«
»Und dann?«
»Nichts, was er hier mitteilt. Auch auf StayFriends, Google Plus oder auf Xing – nichts.«
»Hoffentlich sind die nicht alle so zurückhaltend«, dachte Horndeich laut. Er selbst war ja nicht besser. Aber dass alle Mordopfer die gleiche Einstellung zu haben schienen, das war, nun – kontraproduktiv.
»Mal sehen. Wer ist die Nummer nächst?«
»Emil Sacher. Kam aus Darmstadt und wohnte bis zu seinem Ableben in Darmstadt.«
Riemenschneider zog sich wieder für zwei Minuten zurück, hinter die Wand von Klicken und Klacken. Dann sagte er: »Der war deutlich mitteilsamer.«
»Das heißt im Klartext?«
»Eltern aus Darmstadt. Einschulung in Darmstadt. Dann auf die Viktoriaschule. Bis einschließlich achte Klasse. Dann auf das Internat Rimdidim in Fischbachtal im Odenwald. Dort hat er auch das Abi gemacht. Hat sogar einen Haufen Fotos aus der Zeit online
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