Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Rahmen das Namensschildchen mit der Aufschrift Lutz Steinmeyer angebracht war, klopfte er.
»Herein«, sagte eine kräftige Stimme.
Horndeich öffnete die Tür. Lutz Steinmeyer schien auf den ersten Blick ein Muskelpaket zu sein, das durch ein paar Fettschichten gut getarnt war.
»Herr Steinmeyer?«
»Ja. Vor Ihnen. Sie sind der Freund und Helfer von der Polizei?«
»Ja, genau der. Hauptkommissar Steffen Horndeich.«
Steinmeyer stieß sich mit seinem rollenden Bürostuhl ab, sodass er vom Computertisch in Richtung Schreibtisch rollte. »Nehmen Sie doch Platz. Was kann ich für Sie tun?«
Horndeich sah sich um. Wie das Gebäude wirkte auch das Büro wie ein Museumsdiorama der Siebziger. Allein der Flachbildschirm und die drahtlose Maus machten klar, dass man sich in der Gegenwart befand.
»Ich hätte da ein paar Fragen. Zu Ihrem Kollegen Philipp Kaufmann.«
»Herr Horndeich – wenn ich Ihnen helfen kann, werde ich es tun. Worum geht es?«
»Philipp Kaufmann wird seit Freitagmittag vermisst.«
»Oh«, bemerkte Steinmeyer nur. Der Mann wog sicher hundert Kilo. Sein Gesicht war glatt rasiert, auch die Kleidung zeigte, dass er sich der passenden Konfektionsgröße bewusst war. Und seine dunklen Augen ließen eine glasklare Wachheit erkennen.
»Sie sind, so sieht es aus, der Mann, der ihn zuletzt gesehen hat.«
»Vergangenen Freitag?«
»Ja. Vergangenen Freitag. Wann haben Sie Philipp Kaufmann am Freitag das erste Mal gesehen, wann das letzte Mal?«
»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte der Direktor, anstatt zu antworten.
»Nein, danke. Einfach nur antworten, dann bin ich auch schon wieder weg.«
»Philipp hatte am Freitag zur ersten Stunde Unterricht. Aber zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn rief er mich auf dem Handy an und sagte, dass er Probleme mit seinem Wagen habe. Er würde erst zur zweiten Stunde an der Schule sein.«
»Nicht lustig.«
»Nein, aber kommt vor. Eine Kollegin von der Bereitschaft hat die Klasse übernommen. Und Philipp war auch rechtzeitig zur zweiten Stunde da. Knapp, aber rechtzeitig.«
»Wann haben Sie ihn dann wiedergesehen?«
»In der zweiten großen Pause. Aber wir haben nicht viel gesprochen.«
»Und dann?«
»Dann rief mich Bettina um halb fünf auf meinem Handy an und fragte, ob ich eine Ahnung hätte, wo ihr Mann sei.«
»Nach der zweiten Pause haben Sie ihn nicht mehr gesehen?«
»Nein. Er hatte am Freitag immer die sechste Stunde. Religion. War sein Lieblingsfach. Hat sich echt einen abgebrochen, die jungen Leute dort abzuholen, wo sie waren, und christliche Gedanken mit diesen Lebenssituationen zu verknüpfen. Es ist ihm auch erstaunlich gut gelungen. Er muss nach der sechsten einfach gegangen sein. Ich habe ihn auf jeden Fall nicht mehr gesehen. Und die letzte Stunde Unterricht hat er sicher gehalten – sonst wäre einer der Schüler zu mir gekommen. Aber das kann ich prüfen.«
»Ja, bitte machen Sie das. Wann sind Sie gegangen?«
»Ich habe um halb vier als Letzter das Gebäude verlassen. Bin zu meinem Wagen. Und Philipps Wagen, der stand definitiv nicht mehr hier auf dem Parkplatz. Der wär mir aufgefallen.«
»Und dann?«
»Dann haben Sie mich vor einer halben Stunde angerufen, ob ich Ihnen Fragen zu Philipp Kaufmann beantworten könnte.«
»Können Sie?«
»Welche Fragen denn?«
»Hatte Philipp eine Geliebte?«
Lutz Steinmeyers Gesicht zuckte. Kurz. Dann nickte er. »Ja. Aber Bettina hat das nicht gewusst. Auch die Tochter nicht.«
Sei dir da mal nicht so sicher, dachte Horndeich. »Wer?«
»Er hat ihren Namen nicht genannt. Ich habe die Befürchtung, es könnte eine der Schülerinnen sein. Aber ich weiß es nicht.«
»Sie wollen es nicht wissen?«
»Nein. Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe Philipp gefragt, ob es jemand sei, der seinen oder meinen Job in Gefahr bringen könne. Er sagte Nein. Aber ich weiß nicht, ob er die Wahrheit gesagt hat.«
Horndeich sah, wie sein Gegenüber an seinem Ehering drehte. »Und? Was glauben Sie?«
»Was ich glaube? Ich gehe immer vom Schlimmsten aus. Ich befürchte, dass seine Liebschaft eine unserer Schülerinnen unter achtzehn, nein, viel schlimmer, unter sechzehn ist.«
»Ehrlich?«
»Alles schon da gewesen.«
»Haben Sie einen konkreten Verdacht?«
»Nein. Nicht wirklich. Aber allein die Tatsache, dass Philipp mir die Affäre gebeichtet hat, das zeigt schon, dass da was Ernstes im Busch ist.«
»Haben Sie immer so offen miteinander gesprochen?«
»Ja und nein. Philipp ist eigentlich nicht der
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