Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
nur bei solchen Anlässen gesehen. Sie waren wohl mal dickste Freunde. Richard hat mir nie genau erzählt, was sie verbunden hat. Aber seit etwa zehn Jahren gab es da nicht mehr viel. Wie gesagt – spätestens, nachdem Hansen ihnen den Rücken zugewandt hatte, war der Kontakt nur noch sehr lose.«
»Frau Wölzer – Emil Sacher und Till Hansen sind ebenfalls tot. Sie wurden ermordet.«
Anke Wölzer riss die Augen auf: »Emil auch?«
»Sie wissen also, dass Till Hansen tot ist?«
»Ja.«
»Woher?«
»Ach, das ging doch durch die Zeitungen.«
Das klang für Margot ein wenig dünn. Sie hatte da eine andere Theorie. »Seit wann hat Ihr Mann von Hansen regelmäßig Geld bekommen? Und wofür?«
Anke Wölzer sah zu Boden. Dann richtete sie den Blick direkt auf Margot. »Dass Hansen tot ist – deswegen habe ich keine Träne vergossen. Er war ein überhebliches Arschloch. Aber ein solventes überhebliches Arschloch. Im Gegensatz zu Richard. Der war ein gutmütiger Mensch. Ein warmherziger, gutmütiger Mensch. Ein Mensch, der Visionen hatte, aber nicht wirklich geschäftstüchtig war.«
»Und wofür hat Till Hansen Ihren Mann bezahlt?«
»Mein Mann hatte einen Beraterauftrag.«
»… obwohl die beiden seit Hansens Austritt aus der Ludovica keinen Kontakt mehr hatten?«
»Nun, keinen privaten jedenfalls.« Wieder sah Anke Wölzer zu Boden.
Margot beschloss, abermals das Terrain zu wechseln. Sie hatte vorhin im Büro gelesen, dass sowohl Wölzer als auch Hansen angetrunken Auto gefahren waren, wenn Wölzer dabei offenbar auch niemanden zu Tode gefahren hatte. »Frau Wölzer, Ihr Mann hat vor zehn Jahren betrunken einen Verkehrsunfall verursacht, mit Körperverletzung.«
»Sie wissen ja doch schon alles, weshalb fragen Sie also noch?« Aus Anke Wölzers Blick und auch aus ihrer Stimme sprach nun eine gewisse Feindseligkeit.
» Was weiß ich?«
»Jetzt tun Sie doch nicht so. Was sollen diese Psychospielchen denn noch? Sie wissen von Hansens Sauftour mit Folgen vor zehn Jahren. Ich weiß es auch. Also bitte. Ersparen Sie sich das. Und mir.«
»Sie meinen, die Sauftour vor zwölf Jahren.«
»Ja, die natürlich auch.«
Margot konnte ihre Verwirrung nicht verbergen. »Vor zehn Jahren ist doch Ihr Mann verurteilt worden, weil er im betrunkenen Zustand einen Mann mit dem Wagen angefahren hat.«
Anke Wölzers Blick schickte noch ein paar Blitze auf die Reise. Dann veränderte sich ihr Ausdruck. »Sie wissen es nicht? «
» Was weiß ich nicht?«
»Mein Mann ist verurteilt worden. Das war der Deal. Aber er ist nicht gefahren.«
»Das verstehe ich jetzt nicht.«
»Hansen ist beide Male gefahren.«
»Auch vor zehn Jahren?«
Anke Wölzer lachte auf. »Und ich habe gedacht, Sie wissen das alles. Jetzt habe ich mich aber reingeritten. Richard – er war zu gutmütig. Und Hansen, er war zu reich. Sie wollen die Geschichte hören?«
»Ja. Ich bitte darum.«
Anke Wölzer schenkte Margot und sich selbst Kaffee nach. »Till Hansen hatte schon immer ein Faible für schnelle Wagen, die für sein Gemüt immer viel zu viel PS hatten. Und wenn er einen gewissen Alkoholpegel erreicht hatte, dann konnte er nicht mehr aufhören zu saufen. Sein Vater hatte Einfluss, und er hat für ihn oft die Kartoffeln aus dem Feuer geholt. Wenn Till betrunken war, dann hat er damit geprahlt, dass für die Hansens andere Gesetze gälten. Er war ein Aufschneider, keine Ahnung, ob es wirklich in ihrer Macht gelegen hat, die Justiz zu bestechen. Drei Monate nachdem Richard und ich geheiratet hatten, da hatte Hansen zwei Promille inne, als er mit hundertzwanzig über die Landstraße von Hamburg nach Ahrensburg gebrettert ist. Und er die Radfahrerin einfach von der Straße gestoßen hat. Angeblich war das Rad nicht beleuchtet gewesen. Unstrittig war auf jeden Fall, dass sie einen Reflektorgurt getragen hat. Und es gab Zeugen, die ihr bescheinigten, dass sie im Freundeskreis jeden darauf hingewiesen hat, wenn mal irgendwo ein Licht am Fahrrad der Freunde nicht funktionierte. Emma Krause war auf der Stelle tot.
Da Till Hansen sich bis zu diesem Tag – zumindest offiziell – nichts hatte zuschulden kommen lassen, kam er mit einem blauen Auge davon. Zwei Jahre Knast auf drei Jahre Bewährung. Irgendeine Geldstrafe für irgendwelche sozialen Projekte. Und der Führerschein war eine Weile weg. Lächerlich wenig für ein Menschenleben, nicht wahr?«
Margot schluckte. Sie war froh, dass ihr Job das Ermitteln und nicht das Richten war. Sie mochte
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