Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Hälfte dessen eingebracht haben, was er für Technik und Gitarren ausgeben musste, um überhaupt auftreten zu können.«
Sie hielt kurz inne.
»Wissen Sie, ich glaube, für Richard war das Leben, so wie er es gelebt hat, das denkbar schönste. Sicher, er hat sich verurteilen lassen. Wohl wissend, dass das keine einschneidenden Konsequenzen für ihn haben würde. Er ist nie gefahren, wenn er auch nur ein Glas Bier getrunken hat. Und so konnte er in den vergangenen zehn Jahren leben und das tun, wozu er am meisten Lust hatte, da er wusste, dass das Grundsalär immer gedeckelt war. So hatte er auch immer Zeit für die Kleinen. Er war ein guter Papa.«
»Haben Sie nie Angst gehabt, dass Till Hansen die Zahlungen einfach irgendwann einstellen würde?«
Anke Wölzer überlegte kurz. »Nein. Nie. Komisch, jetzt, da Sie das ansprechen. Hansen war unsympathisch und überheblich durch und durch. Aber ein Wort, das er meinem Mann gab, das war für mich – wie auch für Richard – wie in Stein gemeißelt.«
Horndeich war fleißig gewesen. Hatte sich die Finger wund gemailt und das Ohr taub telefoniert. Er rollte mit dem Stuhl ein wenig zurück, sah auf die weiße Tafel, auf der er inzwischen ein paar Punkte hinzugefügt hatte. Alle Informationen, die ihm Bernd Riemenschneider besorgt hatte, hatte er eingetragen.
Dass Sacher und Kaufmann auf demselben Internat gewesen waren, das war interessant. Leider hatte es Horndeich nur fünf Minuten Recherche gekostet, um herauszufinden, dass das Internat noch vor der Jahrtausendwende komplett abgebrannt war.
Jetzt, da Horndeich googelte, erinnerte er sich, wo er den Begriff Rimdidim schon mal gehört hatte. Sein Freund Hendrik hatte erzählt, dass er in den frühen Achtzigern mit der Schulklasse eine Klassenfahrt dorthin unternommen hatte. Und er dort zum ersten Mal ein Mädchen geküsst hatte. Birte, fiel es Horndeich in diesem Moment wieder ein.
Auf der Internetseite der Gemeinde Fischbachtal konnte er mehr über das Gebäude erfahren. Mitte der Achtziger war aus dem ehemaligen Schullandheim ein Internat geworden. Offensichtlich mit gutem Erfolg, denn die Schule war voll belegt gewesen, wie die Internetseite über das Gebäude verriet. Mitte der Neunziger war der Bau dann ausgebrannt. Als die Feuerwehr kam, war bereits alles gelaufen gewesen. Die Feuerwehrleute hatten auf dem Berg nicht genügend Löschwasser gehabt, also mussten sie Schlauchleitungen zum Meßbach und zur Steinau führen. Tanklöschfahrzeuge hatten im Pendelverkehr Wasser zur Brandstelle gebracht. Die Nachlösch- und Aufräumarbeiten durch die Freiwillige Feuerwehr Fischbachtal hatten dann noch einen weiteren Tag gedauert. Aber es war nichts mehr zu retten gewesen.
Super, dachte Horndeich. Denn mit dem Brand waren sicher auch alle Schulunterlagen vernichtet worden.
Inzwischen hatte Horndeich auch noch die Infos zu dem Seil bekommen, mit dem Sacher gefesselt worden war: ein stinknormales Nylonseil, das man in jedem Baumarkt kaufen konnte. Das brachte sie also auch nicht weiter. Aber immerhin – die frühe Verbindung von Emil Sacher und Philipp Kaufmann, das konnte eine neue Spur sein. Horndeich fuhr den Rechner herunter. Er war zufrieden mit sich. Vielleicht würde es sich lohnen, morgen bei den Einwohnermeldeämtern zu checken, ob die Eltern der drei Toten noch lebten. Und die von Kaufmann natürlich auch. Möglicherweise waren auf dem Weg noch zusätzliche Informationen zu bekommen, die etwas Erhellendes über die Viererclique zutage fördern könnten.
Der Rechner machte keinen Pieps mehr. Dennoch stand Horndeich nicht auf. Er seufzte. Öffnete seine Tasche. Entnahm ihr einen Brief. Den Brief, den er vor ein paar Tagen erhalten hatte. Und auf den er endlich reagieren musste.
Er entfaltete ihn. Obwohl er den Inhalt inzwischen auswendig kannte.
Es war ein verlockendes Angebot. Von einer Sicherheitsfirma in München – SecProtec, einer renommierten Firma auf dem Gebiet. Nein, Horndeich sollte nicht mit schwarzer Uniform auf Rundgängen Schlösser kontrollieren. Vielmehr arbeitete die SecProtec daran, individuelle Lösungen zu konzipieren und das Komplettangebot aus Konzept, Technik und Wachpersonal als Paket anzubieten. In Norwegen hatte das Stammhaus schon gute Erfahrungen damit gemacht. Jetzt sollte das Ganze in Deutschland vorangetrieben werden. Und dazu brauchte man intelligente Köpfe, die aus der Praxis kamen. Leute wie Steffen Horndeich eben.
So vieles sprach dafür. Vor eineinhalb Jahren war
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