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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Treppen, die Ihnen Umstände bereiten könnten.«
    »Mal sehen.«
    »Wir haben sehr gutes Essen, und ich sammle Meskals und Tequilas.«
    »In dem Fall wäre ein Festmahl zur Feier des Tages wohl angebracht«, sagte Rhyme, um ihn versöhnlich zu stimmen.
    »Ich werde mir Ihren Besuch verdienen, indem ich diesen Mann fange … und Sie könnten dann eventuell einen Vortrag für meine Beamten halten.«
    Nun lachte Rhyme in sich hinein. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass sie Verhandlungen führten. Rhymes Besuch in Mexiko wäre eine Feder, mit der dieser Mann sich würde schmücken können; das war einer der Gründe für Lunas Hilfsbereitschaft. In Lateinamerika wurden vermutlich alle Geschäfte so getätigt – ganz gleich, ob es nun um Strafverfolgung oder um Handelsbeziehungen ging.
    »Es wäre mir eine Ehre.« Rhyme blickte auf und sah Thom, der ihm zuwinkte und auf den Korridor zeigte.
    »Commander, ich muss jetzt Schluss machen.«
    »Ich danke Ihnen für Ihren Anruf, Captain. Ich melde mich, sobald es etwas Neues gibt. Auch falls es unbedeutend erscheint, ich werde Sie sofort verständigen.«

… Sechsundzwanzig
    Thom führte den adretten, energischen Assistant Special Agent in Charge Tucker McDaniel in das Labor. Er wurde von einem geschniegelten, jungen, unterwürfigen Mitarbeiter begleitet, dessen Namen Rhyme sofort vergaß. Insgeheim bezeichnete er ihn schlicht als »den Kleinen«. Der Mann warf nur einen kurzen Blick auf den Querschnittsgelähmten und schaute gleich wieder weg.
    »Wir konnten noch ein paar Namen von der Liste streichen«, verkündete der ASAC. »Aber es ist etwas passiert: Wir haben einen Brief mit Forderungen erhalten.«
    »Von wem?«, fragte Lon Sellitto, der zerknittert wie ein luftleerer Ball an einem der Untersuchungstische saß. »Terroristen?«
    »Das Schreiben ist anonym und nicht spezifiziert«, sagte McDaniel und sprach dabei jede einzelne Silbe klar und deutlich aus. Rhyme fragte sich, ob er den Mann wirklich so unausstehlich fand. Zum Teil lag sein Eindruck daran, wie McDaniel sich gegenüber Fred Dellray verhalten hatte. Zum Teil lag es an seiner affektierten Art. Und manchmal brauchte man auch einfach keinen besonderen Grund dafür.
    Das digitale Umfeld …
    »Sind wir sicher, dass die Nachricht vom Täter stammt?«, hakte Sellitto nach.
    Bei einem vermeintlich unmotivierten Anschlag war es nicht unüblich, dass mehrere Leute sich dazu bekannten. Und mit einer Wiederholung der Tat drohten, sofern man nicht ihre Forderungen
erfüllte, obwohl sie in Wahrheit gar nichts mit dem Zwischenfall zu tun hatten.
    »Er kennt diverse Details«, merkte McDaniel pikiert an. » Selbstverständlich haben wir das überprüft.«
    Die Überheblichkeit des Mannes bestärkte Rhyme in seiner Abneigung. »Wer hat die Botschaft erhalten? Und auf welchem Weg?«, fragte er.
    »Andi Jessen. Die Einzelheiten soll sie Ihnen selbst erzählen. Ich wollte nur dafür sorgen, dass Sie das Schreiben so schnell wie möglich bekommen.«
    Wenigstens fing der Bundesbeamte kein Kompetenzgerangel an. Das machte ihn ein wenig sympathischer.
    »Ich habe den Bürgermeister, Washington und die Homeland Security verständigt. Wir haben auf dem Weg hierher per Konferenzschaltung miteinander gesprochen.«
    Allerdings ohne unsere Beteiligung, dachte Rhyme.
    Der ASAC öffnete seine Aktentasche und holte ein Blatt Papier in einer Klarsichthülle heraus. Rhyme nickte Mel Cooper zu, der das Blatt mit Handschuhen aus der Hülle nahm und auf einen Untersuchungstisch legte. Er fotografierte es, und einen Moment später erschien der handgeschriebene Text auf den Computermonitoren im Raum:
    An die Generaldirektorin Andi Jessen und die Algonquin Consolidated Power:
    Gegen 11.30 Uhr gestern Vormittag hat sich beim Umspannwerk MH-10 an der 57. Straße West in Manhattan ein Vorfall mit einem Lichtbogen ereignet. Zu diesem Zweck wurden ein Kabel Marke Bennington und eine Sammelschiene mittels zweier Drahtverbindungsschrauben an einer abgehenden Leitung befestigt. Durch die Abschaltung von vier anderen Umspannwerken und die Erhöhung der Trennereinstellungen in MH-10 kam es zu einer Überlastung von knapp zweihunderttausend
Volt, die sich in dem Lichtbogen entladen hat. Dieser Vorfall war allein Ihre Schuld und Ihrer Gier und Selbstsucht zu verdanken, die typisch für die gesamte Branche ist und angeprangert werden muss. Enron hat die Finanzen vieler Menschen vernichtet, Ihre Firma richtet unsere physische Existenz und die Natur zugrunde.

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