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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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Er stand nur wenige Meter von ihr entfernt. Lena wollte schreien und sich irgendwie bemerkbar machen, doch Artifex hielt ihr mit einer Hand den Mund zu, mit der anderen drückte er ihr die Spritze an die Kehle.
    »Ein Mucks und ich steche zu«, hauchte er ihr leise ins Ohr und kam ihr dabei mit seinem Gesicht so nahe, dass sie seinen Atem spüren konnte. Mit der spitzen Nadel an ihrer Kehle atmete sie heftig durch die Nase ein und aus und rührte sich nicht.
    Die Türklingel ertönte erneut. Dann klopfte Belling an die Tür. »Peters? Alles in Ordnung bei Ihnen?«
    Lena strömte der Schweiß aus den Poren, und sie erlaubte sich kaum noch zu atmen. Und plötzlich stach Artifex zu. Lenas Schreie wurden von seiner kräftigen Hand erstickt. Schon nach kurzer Zeit spürte sie, wie ihre Glieder erschlafften. Lena kämpfte mit aller Kraft dagegen an, doch ihre Muskeln verweigerten den Dienst. Ihr Mund fühlte sich ganz taub an, und sie war wie gelähmt. Artifex hob sie auf wie einen nassen Sack. Und während Lena ihre Augen nur noch mit Müh und Not offen halten konnte, registrierte sie gerade noch, dass er sie über die Hintertür zur Veranda hinausschleppte.

67
Zwei Stunden später
    Der Regen zog in feinen Bahnen quer über die Windschutzscheibe, während Wulf Belling mit einer Zigarette im Mund hinter dem Steuer seines Wagens saß und ziellos durch die Gegend fuhr. Er konnte noch immer kaum glauben, was geschehen war, während sich die Ereignisse der letzten Stunden immer wieder wie ein Film im Schnelldurchlauf vor seinem geistigen Auge abspielten. Nachdem Lena Peters nicht geöffnet hatte, war er unruhig geworden. Er hatte mehrmals geklingelt, und als sie eine Weile später noch immer nicht aus ihrer Wohnung gekommen war, hatte er kurzerhand die Tür eingetreten, hatte die Blutspuren auf den Dielen entdeckt und war wie von Sinnen durch die Wohnung gerannt. Doch er hatte lediglich noch die offene Verandatür vorgefunden. Keine Viertelstunde nach seinem Anruf bei der Mordkommission war Volker Drescher mit seinen Leuten angerückt. Ein Team der Spurensicherung hatte die ganze Wohnung auf den Kopf gestellt, bislang aber keinerlei Hinweis darauf finden können, wohin Lena Peters verschleppt worden war. Ebenso enttäuschend war die anschließend geplante Lösegeldübergabe abgelaufen. Belling war mehr als willens gewesen, die Übergabe durchzuziehen. Er hätte sich verkabeln lassen, sich mit dieser gottverdammten Plastiktüte voll Geld zum Schlachthof begeben und ohne mit der Wimper zu zucken sein Leben aufs Spiel gesetzt. Doch nach der Entführung der zweiten Schwester hatte Drescher nicht mehr mit sich reden lassen. Der Leiter der Mordkommission war der festen Überzeugung, Belling habe schon genügend Schaden angerichtet, und hatte ihn angewiesen, sich ein für alle Male von den Ermittlungen fernzuhalten. Sogar strafrechtliche Konsequenzen behielt er sich vor. Allein bei dem Gedanken daran, dass Dreschers halsstarrige Regeltreue mit dazu beigetragen hatte, dass die Lösegeldübergabe letzten Endes gescheitert war, verspürte Belling eine ungeheure Wut im Bauch. Denn wie er soeben erfahren hatte, hatten Dreschers Leute beim Zugriff in den Stallungen anstatt einer Adresse lediglich einen leeren Umschlag vorgefunden. Und während sich der Täter mit dem Lösegeld aus dem Staub gemacht hatte, fehlte von Tamara und dem kleinen Marcel weiterhin jede Spur. Kopfschüttelnd fuhr Wulf Belling weiter geradeaus, während die Scheibenwischer jetzt gegen den prasselnden Regen ankämpften. Er drückte die Zigarette im Aschenbecher in der Mittelkonsole aus, und seine traurigen Augen wanderten unwillkürlich zum leeren Beifahrersitz. Er hätte Peters niemals allein in die Wohnung gehen lassen dürfen! Von Schuldgefühlen geplagt, betete er zu Gott, dass sie noch am Leben war. Genau wie Tamara und das Kind. Es machte ihn wahnsinnig, sie in der Gewalt dieses brutalen Serienmörders zu wissen und dabei nichts weiter für sie tun zu können. Er beschloss, in der Galerie von diesem Oleg vorbeizuschauen. Das war das Einzige, was er jetzt tun konnte. Belling hielt an einer roten Ampel und nahm erneut die Schachtel Zigaretten aus dem Seitenfach, nur um festzustellen, dass diese bereits leer war. Er hielt vor einem Kiosk, der keine zehn Gehminuten von seinem Haus entfernt lag, und kaufte ein neues Päckchen Zigaretten. Belling steckte das Wechselgeld ein und wollte gerade zurück zu seinem Wagen laufen, da fiel ihm eine Frau ins Auge, die aus dem

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