Opferzeit: Thriller (German Edition)
verschiedene Eingänge benutzen. Darum wird es wahrscheinlich nicht klappen, egal von wo aus du ihn erschießen willst.«
»Und wenn ich herausfinde, welche Route sie fahren? Und durch welchen Eingang er das Gerichtsgebäude betreten wird?«
»Wie willst du das anstellen?«
»Ich habe meine Mittel und Wege.«
Er schüttelt den Kopf. Sie hat die Nase voll von dieser ganzen Schwarzseherei. »Es bleibt dabei«, sagt er. »Das ist einfach zu kompliziert. Niemand kommt davon, wenn er jemanden wie Joe erschießt.«
»Wer kann mir dabei helfen?«
Er greift sich ans Gesicht und kratzt sich am Kinn. Denkt ernsthaft darüber nach. Dann antwortet er. »Ich kenne niemanden.«
»Ich zahle dir eine Provision«, sagt sie und versucht, nicht verzweifelt zu klingen, obwohl sie genau das ist. Sie hatte bereits einen Schützen engagiert, doch die Sache hat sich zerschlagen. Jetzt läuft ihr die Zeit davon.
»Es gibt niemanden«, sagt er. »Waffen zu besorgen ist kein Problem«, sagt er, »aber ich habe nun mal keine Kartei mit Leuten, die wir einfach anrufen können, wenn jemand getötet werden soll. So was muss man schon selber in die Hand nehmen.«
»Bitte«, sagt sie.
Er seufzt, als könnte er es nicht übers Herz bringen, eine hübsche Frau im Stich zu lassen. »Hör zu, es gibt da vielleicht jemanden, den ich anrufen kann, okay? Aber das wird ein bisschen dauern.«
»In den nächsten paar Tagen brauche ich einen Namen«, sagt sie.
Er lacht und reißt den Mund dabei so weit auf, dass sie weiter hinten ein paar Zahnlücken erkennen kann. Sie hasst diesen Anblick. Sie hasst Leute mit Zahnlücken, so wie sie es hasst, wenn man über sie lacht. »Lady«, sagt Derek, und sie hasst es auch, wenn man sie »Lady« nennt. Es ist schon beeindruckend, dass Derek gerade drei von drei möglichen Treffern gelandet hat. »Das wird nicht passieren. Selbst wenn mein Mann dazu in der Lage wäre, würde er es nicht in so kurzer Zeit tun. Wenn man jemanden töten will, muss man Vorbereitungen treffen«, sagt er. »Es ist natürlich auch eine Frage des Geldes, aber nicht mehr, wenn das Spiel schon fast gespielt ist.«
»Du wirst ihn also nicht anrufen?«, fragt sie.
»Es ist zwecklos. Tut mir leid.«
»Okay«, sagt sie. »Dann zeig mir, wie man das Gewehr zusammenbaut.«
»Das ist einfach«, sagt er, nimmt die Einzelteile eines nach dem anderen heraus und setzt sie Stück für Stück zusammen, Metall fügt sich zu Metall, und jedes Teil gibt ein befriedigendes Klicken von sich, während er ihr erzählt, wie jedes einzelne von ihnen heißt. Er braucht dafür weniger als eine Minute.
»Noch mal, aber diesmal langsamer«, sagt sie. »Tu so, als hätte ich noch nie mit einer Knarre geschossen«, sagt sie, auch wenn sie schon mal eine benutzt hat, und bald wird sie das wieder tun. Sehr bald sogar. Sobald er ihr gezeigt hat, wie diese hier funktioniert.
Er zerlegt das Gewehr wieder. Dann baut er es erneut zusammen. Diesmal braucht er drei Minuten. Er zeigt ihr, wie man es lädt. Dann nimmt er es wieder auseinander, legt es zurück in den Koffer und schließt Deckel und Schnappverschlüsse.
»Sonst noch was?«
»Munition«, sagt sie.
Er öffnet die Vordertasche des Rucksacks, in dem sich das C4 befindet. Greift hinein und nimmt eine Schachtel mit Munition heraus. »Davon sind zwei weitere in der Tasche«, sagt er. »Kaliber .223 Remington. Und das hier«, sagt er und holt eine Plastiktüte mit einer einzelnen Kugel heraus, »ist die panzerbrechende Patrone.« Er verstaut sie wieder im Rucksack.
»Danke«, sagt sie und schießt ihm durch die Zeitung zweimal in die Brust. Der Schalldämpfer sorgt dafür, dass sich die Nachbarn weiter nachbarschaftlich verhalten können, ohne sich verpflichtet zu fühlen, die Polizei zu verständigen. Sie weiß, dass es inzwischen schon so was wie ein Klischee ist, den Typen zu erschießen, der einem die Waffen besorgt hat, aber es ist nicht ohne Grund ein Klischee. Wahrscheinlich sind sich Waffenhändler ebenso wie Taxifahrer und Hubschrauberpiloten die ganze Zeit über bewusst, dass sie es nicht bis zur Rente schaffen werden. Derek bricht zusammen. Den Gesichtsausdruck, den er macht, hat sie früher schon mal gesehen, es ist eine Mischung aus Ungläubigkeit, Wut und Angst. Sie legt die Pistole zusammen mit der Zeitung zurück in den Aktenkoffer. Dann geht sie zu dem Loch im Boden, greift hinein und holt eine weitere Tasche heraus. Sie enthält fast die gesamte erste Rate des Geldes, das sie ihm bereits
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