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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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werd verrückt. Wenn das nicht der Laos-Simon ist …“ Ein ähnlich kräftiger Schlag wie weiland in Vientiane im Restaurant an der Uferpromenade erschütterte seine Wirbelsäule. Jürgen Sikora strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
    Herrn Schweitzers Stimme verlor sich in unverständlichem Gebrabbel: „Oh … ups … du … ein Ding, das.“ Der plötzlich allenfalls noch drittklassige Detektiv suchte den Boden nach einem Loch ab, in das er hätte tauchen können. „Äh … freut mich … Zufall, was?“
    „Wieso Zufall? So groß ist Sachsenhausen ja auch nicht. Was machst du denn zu so später Stunde noch auf der Straße? Hast wohl die Frau Rauscher fotografiert. Kannste ruhig zugeben, ich hab’s genau gesehen.“
    Das Häufchen Elend versuchte, die Situation noch einigermaßen zu retten: „Ja … genau … Frau Rauscher … Bildband … Sachsenhausen bei Nacht … hab dich gar nicht erkannt.“
    „Ich dich aber. War aber gar nicht so schwer. Deine Hose, die Schuhe …“
    Herr Schweitzer sah an sich herunter. Eine rote Cordhose und braune Lackschuhe. Na und?
    „Du, Lola, komm mal her.“ Lola schwebte hüftenwackelnd auf ihren Stöckelschuhen herbei. „Darf ich vorstellen, das ist der Simon. Du erinnerst dich? Ich hab dir von ihm erzählt. Der Simon aus Laos, der sich beim Tanzen in der Disco immer auf den Hosenboden gelegt hat, weil er so dibbedabbe besoffen war.“
    Nun war Herr Schweitzer gänzlich von der Rolle. Der Himmel über ihm stürzte ein, und weit und breit war kein Unterschlupf. Wäre er nackt gewesen, er hätte sich keinen Deut anders gefühlt. Er wünschte sich tot, doch ebenso wußte er, auch als Leiche wird das Leben nicht einfacher. Herr Schweitzer sah aus wie nach einem Schlaganfall.
    Lola bot ihm die Hand dar. „Hallo Simon, schön, dich wiederzusehen.“
    Nun war Jürgen doch gar sehr erstaunt: „Wiederzusehen?“
    Lola: „Nun. Simon war kürzlich in meiner Bude.“
    „In deiner Bude?“ Jürgen Sikora war die Eifersucht anzusehen.
    „Ach Liebling. Ich meine doch meine Kneipe. Was hast du denn gedacht?“ Lola streichelte Jürgens Gesicht.
    Doch dessen Kopf zuckte wie der eines Roboters. Erst zu Simon. Dann zu Lola. Weiter zum Kneipenschild der schwulen Frau Rauscher. Und dann das Ganze noch einmal. Schließlich hatte er es kapiert. „Simon. Du warst da drin?“
    „Äh … nicht direkt … ich meine, auf ein Bier … vielleicht.“ Herr Schweitzer wollte noch hinzufügen, daß er aber auf keinen Fall schwul sei, doch seine Schicklichkeit verhinderte es im letzten Moment. Er fand es unangebracht. Aber das war ein Fehler.
    Denn sofort wurde er von Jürgen umarmt. „Simon, Simon, wer hätte das gedacht? Und Maria? Wohl auch nur ein Alibi, gelle?“
    Herr Schweitzer versuchte, sich aus der Umarmung zu befreien. Jürgen war aber zu stark. Glücklicherweise ließ er schnell wieder von ihm ab. Dafür landete ein weiterer Hieb auf seinem Rücken. „Was stehen wir hier eigentlich so dumm rum? Laßt uns reingehen. Jetzt, wo Simon sozusagen zur Familie gehört. Wißt ihr was?“
    Lola sagte: „Was?“
    Herr Schweitzer wußte sowieso nichts mehr.
    Jürgen zog ein Bündel Geldscheine aus der Hosentasche. „Das versaufen wir heute gemeinsam. Zur Feier des Tages.“
    „Au fein“, hatte Herr Schweitzer nun doch endlich seine Sprache wiedergefunden. Doch er fand es keineswegs „au fein“. Last exit Exitus, war nämlich seine einzig verbliebene Alternative.
    Sie gingen die Stufen hinauf. Verdrießlich folgte Herr Schweitzer. Nun, da er wußte, was für ein Schuppen Zur schwulen Frau Rauscher war, blickte er sich noch einmal um. Kein Paparazzo mit gezückter Kamera war zu sehen. Er hatte vor, sein Leben mit Anstand zu beenden.
    Es bedurfte sieben großer Biere und einiger Birnenschnäpse, bis Herr Schweitzer wieder einigermaßen klare Gedanken fassen konnte. Manch einer mag nun denken, daß Alkohol eine kontraproduktive Wirkung gegenüber dem Denkprozeß besitzt. Im Normalfall ist dies auch korrekt. Doch darf man nicht außer acht lassen, in welchem Zustand der außerordentlichen Leere und Desorientierung sich Herr Schweitzer vorher befunden hatte. Kaum jemand hätte da mitreden, geschweige denn mit einem ähnlichen Erfahrungsschatz auftrumpfen können. Alkohol als Medizin – hier stimmte es ausnahmsweise mal. Und je mehr Medizin, desto größer der Durchblick.
    Hatte er sich während des ersten Bieres noch aufs tiefste bemitleidet, so waren seine moralischen Maßstäbe beim bislang

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