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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Apfelweingaststätte auf der Textorstraße. Er vertilgte zwei Portionen davon plus einer Gulaschsuppe. Hernach war er soweit wieder hergestellt, daß er seinen Platz im angestammten Lebensraum Sachsenhausen wieder einnehmen konnte. Er war kein Wrack mehr, sondern Mensch und Privatdetektiv.
    Ein Telefonat mit Maria verriet ihm, daß seine Liebste nicht sauer auf ihn war. Verstanden hätte es Herr Schweitzer, schließlich war er für längere Zeit von der Bildfläche verschwunden. Bevor er ging, löschte er noch die zwei Fotos von Lola und Jürgen aus dem Speicher.
    Wie fast jeder Mensch schob auch er unangenehme Dinge gerne auf die lange Bank. Es kostete ihn daher allerhand Überwindung, das Juweliergeschäft zu betreten. Und wieder war ihm das Glück hold. Sabine hatte Dienst. Rundheraus erklärte ihr Herr Schweitzer, daß er diese Lola tatsächlich beim Küssen mit Jürgen, ihrem Ehegespons, ertappt habe, das Foto aber leider nichts geworden sei. Er jedoch habe keinen Bock mehr auf diesen verqueren Ehequatsch. Außerdem habe der Auftrag anfänglich ganz anders gelautet, nämlich Jürgen vor der schiefen Bahn zu bewahren. Und was Sex und so Dinge anging, könne von ihm, Herrn Schweitzer, aus, jeder mit jedem und so oft, wie sie oder er will und kann. Und grüppchenweise sei es auch okay. Das Marihuana und Opium – er vermutete, daß es welches ist – verschwieg er wohlweislich. So lange Alkohol legal erworben werden konnte, empfand er Drogenhandel im kleinen Rahmen als Bagatelle. Geradezu angeekelt legte er den letzten Scheck von Sabine auf die Glasplatte einer Vitrine.
    Erst verzerrte sich Sabines Gesichtsausdruck ins Groteske, dann brannten bei ihr alle Sicherungen durch. O Gott, wie Herr Schweitzer das haßte. Sabine kniete sich vor ihn hin, krallte ihre Fingernägel in seinen Mantel und zerrte wie verrückt daran. „Ich bring dieses Miststück um. Ich bring sie um“, heulte sie mit erstickter Stimme.
    Doch Herr Schweitzer kannte kein Erbarmen. „Mach, was du nicht lassen kannst, aber laß mich bitte aus dem Spiel. Außerdem ist sie keine Sie.“
    Trotz ihrer zur Schau getragenen Hysterie, fragte sie erstaunlich kühl: „Wer ist keine Sie?“
    Mit Grabesmiene verkündete Herr Schweitzer: „Lola ist keine Sie. Lola. Also, Lola ist ein Er, der sich verkleidet. Ich hab’s genau gesehen. So groß ist er.“ Mit den Handflächen zeigte er knapp dreißig Zentimeter an. Im gleichen Augenblick verfluchte sich Herr Schweitzer dafür. „Was mach ich hier eigentlich?“ fragte er lauter als beabsichtigt.
    Sofort versiegten Sabines Tränen, und sie stand wieder auf. Mit offenem Mund starrte sie Herrn Schweitzer an und wich ein paar Schritte zurück. Ihm war mulmig zumute, ihr Blick suggerierte ihm, daß er es sei, der in Frauenkleidern herumlief. Sie lehnte sich an die Verkaufstheke. Dann platzte es aus ihr heraus. Diesmal waren es keine Tränen des Hasses sondern der Belustigung, die ihr über die Wangen rannen. Immer wieder prustete Sabine los. Jedes Mal, wenn sie etwas sagen wollte, erstarben ihr die Worte auf der Zunge.
    Nach endlosen Minuten hatte sie sich wieder beruhigt. Herr Schweitzer hatte sich nicht von der Stelle bewegt. „Hahaha, ich kann’s nicht glauben, Jürgen ist schwul. Haha.“
    Vollkommen ballaballa, die Dame, dachte Herr Schweitzer. Da verstehe einer die Frauen noch. Geht ein Mann mit einer anderen Tussi fremd, ist die Hölle los, und hat er seine Homosexualität entdeckt, schon ist alles wieder in Butter. Wo ist da der Unterschied? Vielleicht kommt es daher, daß per se die Frau der Frau Konkurrentin ist, überlegte er. Aber in Männern sehen sie keinen Widerpart. Seltsam. Sehr, sehr seltsam. Fasziniert beobachtete er jetzt Sabine Sikora.
    „Du, Simon. Du glaubst gar nicht, wie lustig das ist. Jürgen ist schwul. Der größte Macho vor dem Herrn und schwul.“
    Herr Schweitzer entkrampfte sich. Die Situation war auf dem besten Wege der Entspannung. Er wünschte einen schönen Tag und drehte sich zur Tür.
    Sofort kam Sabine, die einen Kopf kleiner war, angerannt und packte kameradschaftlich seinen Unterarm. „Simon, bitte sei so gut und nimm den Scheck. Du glaubst gar nicht, wie sehr du mir geholfen hast. Und wenn du zufällig noch ein Foto von Lola machen solltest, Jürgen muß gar nicht mit auf dem Bild sein, dann gib’s mir bitte. Einfach so. Zur Erinnerung. Und wenn nicht, dann eben nicht. Die sechstausend Euro hast du dir so oder so redlich verdient.“
    Herr Schweitzer wußte nicht,

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