Optimum - Kalte Spuren
gegangen?
»Seid ihr bald so weit ?« Eine Schülerin steckte den Kopf in die Küche. Rica sah sich nicht nach ihr um.
»Wartet es gefälligst ab« , knurrte sie zurück und verdrehte die Augen. Das war nicht die Erste, die ungefragt in die Küche marschiert war. Rica kam das Zimmer inzwischen vor wie ein Hühnerstall: Ständig huschte jemand rein, ging ungefragt an den Kühlschrank, durchstöberte die Schränke nach Knabberkram oder fiel dem Küchenteam auf die Nerven. Soll Torben doch hier mal für Ordnung sorgen, das wäre wirklich eine größere Hilfe, anstatt sich draußen als kleiner Diktator feiern zu lassen.
»Wir haben aber Hunger « , quengelte das Mädchen. Rica seufzte, nahm ihren Stapel mit Bratwurstpackungen und schleppte sie zum nächsten Herd. Dann machte sie sich auf die Suche nach einer Pfanne und dem Gasanzünder.
Das Ding war nirgendwo zu entdecken. Rica war sicher, es eben noch gesehen zu haben, ein Funkenfeuerzeug an einem langen Stiel, aber jetzt war es verschwunden. Vermutlich hatte es wieder einer der kleineren Schüler mitgenommen, um es als Laserschwert zu verwenden oder so etwas. Rica presste ärgerlich die Lippen aufeinander und fischte ein älter aussehendes Feuerzeug aus einer Schublade mit Besteck.
»Rica ?« Gerade als sie sich dem Herd auf Armeslänge genähert hatte, schreckte sie Robins Stimme auf. Robin! Rica wirbelte herum und sah Robin und Saskia im Eingang der Küche stehen. Robin hatte einen betretenen Gesichtsausdruck, während Saskia trotzig aussah. »Können wir mit dir sprechen ?« , fuhr Robin fort.
Ricas Gefühle schwankten zwischen überschäumender Freude und Ärger. Robin konnte jederzeit mit ihr reden – wenn er bereit war, sich bei ihr zu entschuldigen. Aber dass er auch gleich noch Saskia mitbringen musste … Mit ihr wollte Rica ganz bestimmt nicht sprechen. Selbst wenn sie nicht hinter den ganzen fiesen Streichen steckte, mochte Rica sie trotzdem nicht besonders.
»Ich muss kochen « , murmelte sie und wandte sich wieder dem Herd zu. Sie hob das Feuerzeug und wollte es gerade probeweise anzünden, als von der Tür her ein Schrei erklang. »Nicht !« Im nächsten Moment rammte etwas Ricas Seite, so stark, dass sie beinah hinfiel. Sie taumelte, ruderte wild mit den Armen und ließ das Feuerzeug los. Bevor sie jedoch endgültig stürzen konnte, packten sie zwei starke Hände an den Schultern und richteten sie wieder auf. Rica blinzelte und sah direkt in Saskias Gesicht. Das Mädchen sah jetzt nicht mehr ärgerlich aus, ihre Augen waren vor Panik geweitet. »Nicht anzünden !« , flüsterte sie.
»Spinnst du ?« Grob befreite sich Rica aus ihrem Griff und bückte sich nach dem Feuerzeug. »Hast du Feuerangst oder so? Dann solltest du dich nicht in der Küche herumtreiben, also ehrlich .«
Saskia packte ihre Hand und entwand Rica das Feuerzeug. Dann deutete sie auf den Gasherd. »Schau !«
Rica starrte den Herd an. Das Metallgitter darauf war dreckverkrustet, und einige rote Sprenkel zogen sich über seine weiße Oberfläche, aber sonst konnte sie nichts Besonderes daran erkennen.
»Was soll das ?« , fragte sie unfreundlich.
Saskia verdrehte die Augen und deutete wieder auf den Herd. Dieses Mal auf die Gasregler. Rica spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich, als sie verstand, was Saskia meinte. Die Regler waren alle aufgedreht. Bis zum Anschlag. Diese Gasherde waren so alt, dass sie nicht einmal eine Sicherung besaßen, die genau das verhindern sollte. Jetzt, wo Rica darauf achtete, konnte sie auch das leise Zischen von Gas über dem Geplapper und Gelächter von den anderen Schülern hören.
»Wenn ich das Feuerzeug angezündet hätte …« , flüsterte sie, doch die restlichen Worte fehlten ihr. Um ehrlich zu sein, wusste sie nicht, was dann passiert wäre. Eine große Explosion? Eine Stichflamme? Egal, jedenfalls wäre es wahrscheinlich gefährlich gewesen.
»Endlich kapierst du« , meinte Saskia. Sie hielt sich die Nase zu, trat zum Gasherd, und drehte die Regler alle wieder zurück. Zu spät erinnerte sich Rica daran, dass Saskia ja schwanger war.
»Das solltest du nicht …« , begann sie, wusste aber nicht weiter. War Saskia überhaupt klar, dass Rica von dem Baby wusste?
»Wir müssen hier lüften « , meinte Saskia und wandte sich vom Herd ab.
»Wie denn, die Fenster sind zugeschneit .« Rica hatte das Gefühl, heute überhaupt nichts Konstruktives beitragen zu können.
»Ich glaube, die Küche hat eine Extralüftung « , erwiderte
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