Optimum - Kalte Spuren
losging. Und sie hat auch gesagt, dass sie die ganze Sache hier irgendwie cool findet. Sie hat ihn hier reingelassen .«
»Sag mal, spinnst du jetzt vollkommen ?« Obwohl die Stimme des anderen Mädchens auch schrill verzerrt war, meinte Rica jetzt, Sarah zu erkennen. Was ist denn da passiert? Seit sie sie kannte, waren Vanessa und Sarah die engsten Freundinnen. Man sah nie die eine ohne die andere, sie hielten immer und überall zusammen, und manchmal konnte man meinen, man habe Klone vor sich. Sie frisierten sich sogar gleich und trugen die gleichen Klamotten.
»Der Kerl ist schließlich in unser Zimmer eingebrochen, hast du das schon vergessen ?« , keifte Sarah.
»Und warum? Sicher nur, um sich mit dir zu treffen .« Vanessa klang triumphierend. »Sag schon: Wer ist der Kerl, und wo hältst du ihn versteckt ?«
Nathan verdrehte die Augen. »Wir sollten was machen « , murmelte er, doch noch bevor er oder Rica eingreifen konnten, bahnte sich Torben einen Weg zu den beiden keifenden Mädchen.
»Ruhe jetzt !« , schrie er. Erstaunlicherweise kehrte tatsächlich Ruhe ein. Alle Blicke wanderten zu ihm. »Niemand hat den Kerl hier reingelassen, kapiert ?« , schnauzte er Vanessa an.
»Aber sie hat doch …« , begann Vanessa, verstummte aber schnell, als sie einen bösen Blick von Torben auffing. »Ich dachte ja nur « , stammelte sie. »Irgendwie muss er doch hier reingekommen sein und Frau Friebe rausgeholt haben. Wir haben die Türen doch alle verschlossen .«
»Deswegen muss es ja noch lange nicht Sarah sein, oder ?« , meinte Torben ein wenig freundlicher. »Geratet mal nicht in Panik, Leute. Wir haben Probleme genug, ohne dass wir jetzt anfangen, uns gegenseitig zu beschuldigen .«
Leises Murmeln, halb Zustimmung, halb Unwillen machte die Runde, aber Torben brachte alle mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Genug jetzt. Frau Friebe ist verschwunden. Das ist schlecht. Aber wir kommen auch allein hier zurecht, bis Hilfe aus dem Tal kommt. Wir haben genug zu Essen und können eine Weile aushalten. Brennmaterial für den Kamin müsste auch da sein. Zur Not haben wir Skier und können so vielleicht ins Dorf hinunter, wenn uns gar nichts anderes übrig bleibt. Wir müssen nur die Ruhe bewahren .«
»Aber was sollen wir machen, wenn der Psychopath wiederkommt ?« , wollte einer der jüngeren Schüler wissen. Sein Gesicht war verweint, und man sah ihm deutlich an, dass er sich dafür schämte.
»Ihr habt doch sicher alle irgendwas dabei, mit dem ihr euch wehren könnt « , meinte Torben selbstgefällig. »Messer oder meinetwegen Nagelscheren. In der Küche gibt es auch Zeug. Wir bewaffnen uns, und wenn der Kerl zurückkehren sollte, hat er keine Chance gegen uns. Außerdem sollten wir nur noch mindestens zu zweit unterwegs sein. Sicherheitshalber .«
»Moment mal .« Nathan schüttelte den Kopf und drängte sich durch die Schüler zu Torben. »Du kannst doch hier keine kleine Armee aufstellen. Das ist scheißgefährlich .«
Torben schenkte ihm einen eisigen Blick. »Wenn du unbedingt umgebracht werden willst, dann kannst du es ja lassen « , meinte er. »Ich würde nur jedem anderen raten, sich zu bewaffnen. Gibt’s sonst noch irgendwelche Einwände ?« Der Blick, mit dem er die versammelten Schüler maß, sagte ihnen deutlich, dass sie besser keine Einwände haben sollten.
Doch so leicht ließ Nathan sich nicht abspeisen. »Lass wenigstens die Kleinen aus dem Spiel !« , sagte er erstaunlich ruhig. »Sie können sich ohnehin nicht gegen einen Erwachsenen wehren, und wenn hier jetzt alle bewaffnet herumlaufen, kommt es nur zu mehr Unfällen .«
»Willst du meine Autorität in Frage stellen ?« Torben richtete sich kerzengerade auf, sodass er mindestens doppelt so groß wirkte als sonst. Nathan war zwar auch nicht gerade klein, aber doch etwas jünger als Torben, und jetzt machte sich das bemerkbar. Erstaunlicherweise stand er immer noch vollkommen ruhig da und sah unbewegt zu Torben auf.
»Stimmt, das will ich « , meinte er. »Ich kann mich nicht erinnern, dass wir einen Anführer gewählt hätten, oder so etwas .«
Torben blinzelte und wirkte einen Moment lang verwirrt. Dann holte er ohne Vorwarnung aus und stieß Nathan vor die Brust. Der Stoß war so fest, dass Nathan rückwärts stolperte, den Halt verlor und zu Boden stürzte. Rica hätte ihm gern geholfen, aber es standen zu viele Schüler zwischen ihr und Nathan, die jetzt alle neugierig das Geschehen betrachteten. Die Angst schien vollkommen
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