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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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in den Strom stieß, schaute grimmig zu ihm herüber. Da stieg Laurenz behutsam aus dem Sattel und ging auf schwankendem Grund zu ihm. »Verzeiht den Überfall, es ist sonst nicht meine Art«, sagte er und deutete mit einem Lächeln zum Himmel hinauf.
    »Nicht die Eure vielleicht – aber die hierorts übliche Art.« Der Flößer schaute nach oben. Laurenz folgte seinem Blick und sah, dass der durchscheinend graue Himmel über ihnen vielfältig durchlöchert war. »Gehämmerter Kummer«, brummte der Flößer, »so etwas bricht leicht.« Und währendLaurenz noch himmelwärts staunte: »Wohin soll es denn gehen, junger Herr?«
    Eifrig erklärte ihm Laurenz nun, dass er eine Frau suche, von der er nur wisse, dass sie in einem Brunnen wohne. Ein schilfgrünes kleines Wasserwesen habe ihm versichert, dass dieses Weib ihm den Weg zurück in seine Vaterswelt weisen könne. Denn aus Sehnsucht nach seiner geliebten Dame Lucinda sei er durch seinen spiegelnden Schild zu ihr hindurchgestiegen und finde nun ohne fremde Hilfe den Rückweg nicht mehr.
    Der Flößer hatte sich das alles mit gleichbleibend grimmiger Miene angehört. »Ist schon gut, Söhnchen«, sagte er nun in unerwartet freundlichem Tonfall. »Das kostet dich siebzehn blanke Gulden. Glatte acht davon erlasse ich dir, wenn du mir dein Pferd vermachst. So ein prachtvolles Tier fällt nicht jeden Tag vom Himmel – nicht einmal hier.«
    Laurentius erschrak. Seinen braven Rappen sollte er hergeben? Aber er konnte doch nicht als ein Ritter ohne Pferd zur Burg seiner Väter zurückkehren.
    »Bis zum Brunnen ist es ein weiter Weg«, sagte der Flößer. »Siebzehn hiesige Meilen den Strom hinab. Und was kann dir das Pferd noch nützen, wenn du erst am Ziel bist? Spätestens dort musst du es doch zurücklassen – wenn du in den Brunnen hinabsteigst.«
    Schweren Herzens willigte Laurenz ein. Lieber hätte er seinen Schild hergegeben, denn der hatte ja seine magische Kraft sowieso verloren. Doch dann zeigte sich, dass er nicht einmal genug Münzgeld bei sich hatte, um die fehlenden neun Gulden zu bezahlen. Am Ende wechselten Pferd und Schild den Besitzer und Laurenz bekam bloß ein paar Kupferstücke als Wechselgeld zurück.
    Niedergeschlagen sah er zu, wie der Flößer den Rappen zu einem Holzverschlag weiter hinten auf dem Floß führte und dort auch den kostbaren Messingschild an einem Haken aufhängte. Der Mann hatte ihn übers Ohr gehauen, das erkannte Laurenz nun klar. Aber jetzt war es zu spät – der Flößer würde ihm weder sein Pferd noch seinen Schild zurückgeben.
    Er suchte sich einen Platz zwischen den schweigsamen Reisenden. Jetzt erst begann er, seine weitere Umgebung wahrzunehmen. Neben beiden Ufern erstreckten sich bebaute Äcker, soweit der Blick reichte. Wassergräben durchzogen die Felder. Überall gingen Männer und Frauen zwischen den Pflanzreihen umher und begossen die angebauten Früchte mit einem eigentümlichen Wasser, das sie anscheinend aus den Gräben geschöpft hatten. Es war das sonderbarste Nass, das Laurenz jemals gesehen hatte. Es leuchtete und schillerte, als ob die Bauern Safran und Indigo hinzugemischt hätten und außerdem einige Strahlen Sonnen- und Mondlicht. Wenn sich das leuchtende Nass aus Kannen und Eimern auf die Pflanzen ergoss, schien es beinahe, als ob bunte Bilder darin schwämmen.
    Von dieser sonderbaren Szenerie bezaubert, hatte Laurenz seinen Kummer wegen des habgierigen Flößers bald schon vergessen. Nun fuhren sie an endlosen Feldern voll blühender Sträucher vorbei. Es war ein Ozean aus lilienweißen und schimmernd blauen Blüten in den unterschiedlichsten Formen – Kelche, Kugeln, Halbmonde. Und mit einer Art seligem Erstaunen sah Laurenz, dass jedes einzelne Blütenblatt mit geheimnisvollen Zeichen in funkelnden Farben gemustert war. Mal ähnelten sie Schriftzeichen, dann wieder erinnerten sie an kunstvoll stilisierte Zeichnungen, dabei konnten sie das eine doch so wenig wie das andere sein. Aber im Vorübergleiten meinte Laurenz ganz deutlich ein geschwungenes großes L zu erkennen, das sonnengelb auf den Blütenblättern eines Strauches prangte. Auf den Strauchblüten daneben entzifferte er ein U in leuchtendem Blau, gefolgt von einem kunstvoll verschnörkelten, funkelnd schwarzen X.
    Lux, das Licht, dachte er und schüttelte den Kopf, dabei immer noch lächelnd. Doch als er sich zurückwandte, um die blühenden Schriftzeichen noch einmal in Augenschein zu nehmen, da bot sich ihm ein vollkommen anderer

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