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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Gefühl, als ob sich die Magendecke mit einem Ruck zusammenziehen würde. Eine Verkrampfung vom Bauch aufwärts, und mit dem Sausen in seinem Kopf erstarb auch ihre Stimme so plötzlich, als ob eine innere Tür zugefallen wäre.
    Benommen richtete er sich auf und spähte durch die Fensterluke.
    Der Regen hatte nachgelassen, vom Sturm war nur ein lindes Säuseln geblieben. Donner und Blitz hatten sich gänzlich verzogen, und in der abendlichen Dämmerung schleiften zwei Männer in tropfnassen Lederpanzern eben die gefällte Fichte über das Felsplateau auf die Schlucht zu.
    Klara? Er schloss wieder die Augen. Klara, hörst du mich?
    Ja, hier bin ich.
    Die Bücherjäger sind da draußen und ich sitze in der Falle. Ich … ich glaube, sie werden mich töten. Aber ich habe noch so viele Fragen, Klara, und eigentlich hatte ich gehofft, dass wir zusammen … Aber das wird wohl nichts mehr. Er schluckte krampfhaft. Bitte sag mir eins noch – wie hast du die Gedankenmagie erlernt? Kronus hat immer gesagt, dass man dafür die zweite Geschichte im
Buch der Geister
lesen muss.
    Dann kennst du die Antwort ja schon, antwortete sie . Aber sollten wir darüber nicht irgendwann später einmal reden? Was soll das denn heißen, Amos – du sitzt in der Falle? Wo bist du überhaupt?
    Das Krachen und Knirschen von draußen klang nun schon bedrohlich nah. Die Bücherjäger mussten mit dem Baumstamm gleich bei der Schlucht sein. Aber Amos brachte es nicht über sich, seine Augen wieder aufzumachen und so die Verbindung zu Klara neuerlich zu unterbrechen. Nicht jetzt und vielleicht niemals mehr.
    Gar nicht weit von dir – auf dem Berg über Wunsiedel. Da ist so ein Felslabyrinth …
    Ich weiß , fiel sie ihm ins Wort. Die Mädchen hier im Heim haben davon erzählt. Da soll es einen alten Wehrturm geben …
    Genau da bin ich ja, Klara. Aber es ist eine Falle. Die Bücherjäger haben einen Baum gefällt und legen ihn als Steg über die Schlucht. Nur noch ein paar Minuten, dann sind sie hier drüben bei mir .
    Dann zerschieß doch ihren Steg! Mit ihrer Gedankenstimme konnte Klara sogar schreien, dass es in seinem Kopf widerhallte.
    Zerschießen? , wiederholte er. Ich habe nur mein Kurzschwert und …
    … und was ist mit dem Katapult? Auf dem Dach, haben die Mädchen erzählt, mit einem ganzen Vorrat steinerner Kugeln!
    Bei dem Wort Katapult war Amos bereits auf den Beinen. Augenblick, ich melde mich gleich wieder . Er spähte durch die Fensterscharte. Keuchend schleppten die beiden Gepanzerten denBaumstamm auf den Rand der Schlucht zu. Der immer noch glitschig nasse Felsboden zwang sie, sich vorsichtig voranzubewegen, damit sie nicht mitsamt ihrer Last in den Abgrund hinabgerissen wurden. Trotzdem trennten sie höchstens noch fünf Schritte von der Schlucht.
    Verfluchte Kerle, dachte Amos und war schon aus der Kammertür, rannte die schmale Wendeltreppe weiter hoch bis zum Dach. Auf der obersten Treppenstufe ging er in die Hocke und kroch auf allen vieren, durch knöchelhohe Regenpfützen, nach rechts bis zur Mauerbrüstung. Behutsam hob er seinen Kopf und spähte zwischen zwei Zinnen hindurch nach unten.
    Mittlerweile hatten die beiden Männer den Baumstamm bis zum Schluchtrand geschleppt. Eben waren sie dabei, ihn mit lautem Schnaufen und Fluchen aufzurichten – im nächsten Moment würden sie den Baum mit seiner Wipfelseite, an der noch einige kümmerliche Äste und Zweige hingen, auf die Stufe unter der Turmtür niederkrachen lassen.
    Währenddessen stand der dritte Gepanzerte mitten auf der kahlen Anhöhe, die Arme waagrecht ausgestreckt. Er hatte eine knochenweiße Pfeife im Mund, der er gellende Töne entlockte. Noch ehe der Klang verhallt war, kamen von Felsen und Bäumen rings umher drei mächtige Vögel herbeigeschossen – Falken, die mit rauschendem Flügelschlag auf ihm landeten, zwei auf seinen Armen, der dritte auf seinem Kopf.
    Amos wandte sich zu dem Katapult um, wie Klara die altertümliche Apparatur genannt hatte. Es war einfach eine gewaltige Steinschleuder, auf einer Eisensäule mitten auf dem Turmfirst befestigt. Mit einer mächtigen Eisenfeder, die sich mithilfe einer Kurbel spannen ließ, und einer steinernen Halbröhre, in die man die Kugeln legte. Das Ganze ließ sich auf der Eisensäule in jede gewünschte Richtung drehen. Von den Steinkugeln gab es allerdings nur einen sehr bescheidenen Vorrat – gerade einmal drei solcher Felsbälle lagen neben dem Katapult am Boden. Außerdem schien der ganze Apparat seit

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