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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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– ein Magier und Seher mit flammendem Blick, der in die Zukunft schauen und vielleicht sogar reisen kann? Er beugte sich über sie und begann ihr ins Ohr zu flüstern – hastige und doch wohlüberlegte Worte, die er ihr seit Tagen hatte sagen wollen. »Der Zauber unserer Liebe«, flüsterte er, »ist mir so viel wichtiger als alle Geistermagie. Wenn ich zwischen dir und dem Buch wählen müsste, ich würde keinen Augenblick zögern.« Seine Wangen brannten, sein Herz klopfte. Er war heilfroh, dass es in der Kammer so finster war.
    »Ich würde auch nicht zögern«, murmelte Klara. »Aber der Zauber unserer Liebe kommt ja genauso von den Geistern – wie alles in uns und um uns herum.«
    Amos’ Herz begann wild zu klopfen. Noch lange nachdem Klara ihm eine gute Nacht gewünscht hatte und aus seiner Kammer geschlüpft war, lag er stumm im Dunkeln und lauschte auf das Klopfen in seiner Brust.
    Der Gedanke war ihm in den letzten Tagen immer wieder einmal gekommen: Vielleicht hatte ja gar nicht die Bruderschaft vom Opus Spiritus dieses ganze wundersame Spielwerk zusammengefügt und in Gang gesetzt – vielleicht waren es die Geister selbst?
4
    »
D
en restlichen Weg
findet ihr leicht allein.« Die Hand, die Hans Wolf ihm zum Abschied hinstreckte, war noch so bunt betupft wie gestern Abend. Um sieben Uhr früh hatte er sie im Gasthaus »Zum wilden Jäger« abgeholt und auf einem steilen Fußweg geradewegs den Burghügel emporgeführt. Doch an der letzten Wegbiegung, schon in Sichtweite der mächtigen Zugbrücke, schien ihn der Mut wieder einmal zu verlassen. »Viel Glück, Amos von Hohenstein. Es war mir eine Ehre, dir ein wenig behilflich zu sein.«
    Amos schüttelte die hingestreckte Hand. »Hab vielen Dank, Hans Wolf. Aber sag mir eins noch – was eigentlich treibt deinen Meister Wolgemut, mit jenen Brüdern – du weißt schon – gemeinsame Sache zu machen?«
    Hans schielte über seine Schultern. »Nun, ganz einfach«, murmelte er und wurde wieder ein wenig bleich. »Hat der Meister erst heraus, wie sich die Magie in seine Bilder bannen lässt, so wird er sich vor Aufträgen von Fürsten und Bischöfen kaum mehr retten können.« Sein Lächeln kehrte zurück. »Und Albrecht Dürer und ich, seine unbedeutenden Schüler, noch sehr viel weniger.« Er lupfte nochmals eine Braue zum Zeichen, dass eigentlich sie die wahren Meister in der wolgemutschen Werkstatt seien.
    Als er sich Klara zuwandte, wurde sein Lächeln strahlend. »Verehrte Klara, auch dir viel Glück auf den Weg. Wenn du erlaubst, werde ich dich bald einmal aus dem Gedächtnis malen.«
    Klaras Augen leuchteten auf wie der sehende See von Rogár. »Ich gestatte es dir gerne, Hans. Unter einer Bedingung – dass du mich nicht als Badende im ›Wilden Jäger‹ malst.«
    Zur Abwechslung wurde Hans Wolf diesmal rot. »Aber ich … warum denn …«, stammelte er, »wieso glaubst du denn …?«
    Amos musste lauthals losprusten – auch wenn es gewiss nicht der beste Augenblick war, um sich in haltloser Heiterkeit zu verlieren. Aber er brauchte nur in Hans’ morgenrotes Antlitz zu schauen, und schon packte und schüttelte ihn der nächste Lachanfall. Auch Klara konnte sich das Kichern nur mühsam verkneifen, doch immerhin gab sie sich Mühe, wohl aus Mitleid mit dem armen Maler.
    »Entschuldige, Hans – bitte«, gelang es Amos endlich hervorzustoßen. Auch sein eigenes Gesicht fühlte sich mittlerweile ziemlich erhitzt an. »Ich wollte mich nicht über dich lustig machen, es war bloß …« Er atmete tief durch. »Also kurz gesagt, komisch war dabei eigentlich nur, dass Klara eben etwas durcheinandergebracht hatte und mir im selben Moment klar geworden war, worin ihr Irrtum bestand.«
    Hans Wolf runzelte die Stirn. »Aber was denn durcheinandergebracht?«
    Amos sah ihn beschwörend an. In was für eine missliche Lage hatte er sich da nur hineingeprustet? Dass Hans aus seinen gewundenen Erklärungen nicht schlau wurde, war allerdings kein Wunder. Aber wie sollte er es ihm nur erklären? Also: Klara hatte gestern Abend hinter der Gelasstür im Zuber gesessen, und weil sie auf dem Gedankenweg mit ihm verbunden war, konnte sie die ganze Zeit über auch Hans sehen, wie er am Tisch saß und trank und raunte und schwitzte. Und deshalb hatte sie eben in einem Moment der Verwirrung geglaubt, dass auch Hans sie gesehen haben müsste, wie sie trällernd im Zuber lag …
    »Hans, was ist denn mit dir?« Klara sah den Maler erschrocken an, aber noch weit entsetzter

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