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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Hohenstein.« Hans schüttelte ihm die Hand, zog ihn plötzlich zu sich heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Erst als er aus der Tür war und Amos sich, nun gleichfalls flüsternd, die Botschaft wiederholte, wurde ihm klar, was Hans Wolf ihm als Letztes noch zugeraunt hatte.
    Faustus.
    Der Mann mit den brennend blauen Augen war der berühmte Magier und Seher Georg Faust.
3
    Glaubst du, dass es morgen
wirklich für uns beide vorbei ist?
    Sie lagen auf Amos’ Bett in der vorderen Kammer, gesäubert und gesättigt, ermattet und halb schon im Schlaf. Die Matratzen und Decken waren ein Wunder an Bequemlichkeit nach den Nächten, die sie im Sattel, in Karols Wagen und im Stall von Gut Hohenstein verbracht hatten. Sie waren übereingekommen, dass Klara in der hinteren Kammer schlafen würde, denn in dem schmalen Bett schien es nahezu unmöglich, die Novizenregel zu beherzigen. Aber sie konnten sich noch nicht gleich voneinander trennen.
    Warum sollte es nicht vorbei sein? Er spürte, wie sie im Dunkeln nach dem Amulett an seinem Hals tastete, das sogar seinen Sprung in die Schlucht und die wilde Floßfahrt heil überstanden hatte. Sie bekommen das Buch zurück , fuhr er fort, wir bekommen hoffentlich ein paar Antworten – und damit ist unsere Rolle in diesem Spiel wohl zu Ende.
    Vielleicht hast du recht. Aber … Sie wechselte in geflüsterte Zungensprache und ihr Atem fuhr ihm kitzelnd über Wange und Ohr. »Hast du nicht auch schon einmal überlegt, ob sie dir das Buch vielleicht mit Absicht zugespielt haben, damit du es unter so dramatischen Umständen retten musstest?« Ihre Hand machte sich weiter an dem Amulett zu schaffen. Amos spürte, wie sie den Augenstein in seiner Fassung drehte, als ob es ein Federwerk wäre.
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, antwortete er, »aber es ergibt ja keinen rechten Sinn.
Das Buch der Geister
ist das kostbarste Manuskript auf der Welt – warum sollten sie ein solches Wagnis damit eingehen?«
    »Vielleicht, weil sie es ausprobieren oder irgendwem beweisen wollten, dass es die magischen Kräfte auch wirklich erweckt? Schließlich bist du ihr Auserwählter.«
    Es waren dieselben Fragen, die er selbst sich schon mehr als einmal gestellt hatte. Für seine Antwort wechselte er lieber wiederin Gedankensprache. Um das zu erproben, hätten sie weder die Hexenjäger noch die Bücherjäger auf mich hetzen brauchen. Außerdem hätte Kronus niemals eingewilligt, für einen solchen seltsamen Versuch dein und mein Leben aufs Spiel zu setzen . Und was heißt schon ›auserwählt‹ – wahrscheinlich hat Kronus einfach vorgesehen, dass ich das Buch in Sicherheit bringen soll, falls ihm etwas zustößt.
    »Vielleicht haben sie ihn gar nicht um seine Einwilligung gebeten«, flüsterte sie. »Vielleicht wusste er selbst nicht, was die Bruderschaft mit dir und dem
Buch der Geister
vorhatte? Vielleicht haben sie ihn nur benutzt, weil er als Einziger imstande war, Zauber- in Erzählkunst umzuwandeln? Vielleicht hatten sie ihn – so wie jetzt den Bischof Georg – nur zum kleineren Teil in ihre Pläne eingeweiht?«
    »Vielleicht ja, vielleicht nein«, wehrte Amos ab. »Lass uns jetzt schlafen, Klara – bitte. Morgen werden wir hoffentlich alles erfahren.« Sanft löste er ihre Hand von dem Amulett an seinem Hals. Sie haben uns bereits erwartet und hier in Sicherheit gebracht, also scheinen auch die Brüder des Opus Spiritus – des Geistwerks, der Geistkirche oder wie sie sich nennen mögen – froh und erleichtert zu sein, dass sie das Buch zurückerhalten. Vielleicht haben sie mich ja wirklich für irgendetwas ausgewählt – aber doch bestimmt nicht dafür, mich von Bücherjägern und Purpurkriegern mit ihrem Buch durchs ganze Land hetzen zu lassen.
    Ihre Hand, vom Amulett gelöst, glitt rastlos auf seiner Brust umher. Sie beide trugen nur grobleinene Nachthemden, die Hans Wolf gleichfalls für sie hatte bereitlegen lassen, und allmählich wurde es Amos zwischen der Wand und Klara reichlich eng und heiß.
    »Wenn du recht hast und sie dir das Buch morgen abnehmen«, fuhr sie flüsternd fort, »dann bekommen wir die dritte und die vierte Geschichte vielleicht nie mehr zu lesen. Macht dich der Gedanke nicht traurig? Mich schon.«
    Er horchte in sich hinein. Traurig – ja, aber ein wenig erleichtert es mich auch . Wie Kronus gesagt hat, erwecken diese beiden Geschichtenungeheure Kräfte in ihren Lesern – und das macht mir auch mehr und mehr Angst. Will ich wirklich wie jener Faust werden

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