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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Geistkirche sogar eigentlich eine Geisterkirche. Und obwohl berühmte Gelehrte und Kirchenleute dazugehören, riecht ihre Lehre nicht nur nach Scheiterhaufen, sondern stinkt gar gewaltig nach brennendem Ketzerfleisch.« Er lauschte seinen eigenen Worten hinterher und wurde noch ein wenig bleicher. »Von diesen Verirrungen weiß der Bischof natürlich nichts«, fügte er rasch hinzu. »Sonst würde er die Geistkirchler sicher nicht in seiner Residenz dulden.«
    »Wer sind diese Berühmten, die der Geistkirche angehören?«, fragte Amos. »Werden sie bei dem Treffen morgen dabei sein?«
    »Genaues weiß ich ja auch nicht.« Hans beugte sich so weit über den Tisch, dass sie mit den Nasen fast zusammenstießen. Sein Atem roch nach saurem Wein. »Ist dir der Name Johannes Trithemius bekannt?«, fuhr der Maler fort. »Er ist ein höchst einflussreicher Kirchenmann, Abt des Klosters Sponheim und einer der bedeutendsten Schriftgelehrten weit und breit. In seinem Kloster hat er die größte und kostbarste Bibliothek im ganzen Abendland zusammengetragen. Mönche und weltliche Gelehrtepilgern von weither zu ihm und nennen ihn ihren Bücherpapst. Trithemius selbst hat vielerlei Schriftwerke über Magie und die Beschwörung der Geister verfasst.«
    »Ein Abt, der über Zauberei und Geister schreibt?«
    »Leise, um Himmels willen!«
    »Warum so ängstlich, Hans? Wenn jener Abt Trithemius Bücher über Magie und Geister schreiben und anscheinend sogar drucken lassen darf – warum sollte es uns verboten sein, sie auch nur zu erwähnen?«
    Der furchtsame Tonfall des jungen Malers, sein Drucksen und Über-die-Schultern-Schielen machten auch Amos mehr und mehr unruhig. Dabei konnte er Hans eigentlich dankbar sein, denn zumindest sah er jetzt einige Zusammenhänge klarer. Die Bruderschaft Opus Spiritus – oder Geistwerk – war allem Anschein nach mit jener Geistkirche verbunden, wenn nicht sogar ein und dasselbe. Ihr gehörten berühmte Männer an und sie hatte sich schlauerweise unter den Schutz und Schirm mächtiger Herren wie eben Fürstbischof Georg begeben. Der stimmte ihren Ansichten sogar teilweise zu, schien allerdings nicht zu ahnen, dass sie noch sehr viel weiter reichende Pläne verfolgten – wie auch immer die im Einzelnen aussehen mochten.
    »Weil Trithemius …« Hans fuhr sich mit bunt betupfter Hand über seine Stirn, die vor Schweiß glitzerte. »Er steht mit einem Fuß schon im Feuer, wie man so sagt. Vor einigen Wochen erst wurde eine Äbtissin, die sich allzu eifrig auf seine Schriften berief, von der Inquisition verhaftet.«
    »Du meinst Mutter Sophia vom Kloster Mariä … wie hieß es noch gleich?«
    »Mariä Schiedung.« Hans nickte und aus dem Nicken wurde ein krampfhaftes Zucken. »Berühmtheit schützt nicht vor dem Scheiterhaufen«, flüsterte er, »nicht in den heutigen Zeiten. So sagt es jedenfalls mein Meister Wolgemut – er wird morgen wohl dabei sein, außerdem Paul Lautensack, der Hofmusikus, und dann natürlich Eberhard Senft – der Hofkaplan und ein großerVerehrer des Trithemius. Dass der Bücherpapst persönlich zugegen sein wird, glaube ich nicht, aber er selbst behauptet ja in seinen Schriften, dass er über große Entfernungen Gedanken senden und empfangen kann.«
    »Ich bezweifle nicht, dass er es vermag.« Amos sah den Maler aufmerksam an. »Aber jetzt verrate mir eines noch, Hans – bevor du uns bitte noch ein paar Stunden Schlaf gönnst: Wer ist der hochgewachsene Mann mit den brennend blauen Augen, der morgen auch zugegen sein wird?«
    Das Lächeln fiel Hans nun vollends aus dem Gesicht. »Du kannst in die Zukunft schauen?« Er vergaß sogar zu flüstern, so entgeistert schien er zu sein.
    In die Zukunft schauen? So hatte Amos das bisher noch gar nicht gesehen. Eigentlich stimmte es ja auch nicht – ihm waren nur auf geistigem Weg ein paar Bilder zugesandt worden. Und ob sich morgen alles genau so zutragen würde, wie er es in der Traumbotschaft gesehen hatte, musste sich sowieso erst noch zeigen. »Wer ist der Mann?«, wiederholte er nur, ohne auf Hans’ Frage einzugehen.
    Der Maler fuhr sich mit der flachen Hand über das Gesicht. »Eine weitere Berühmtheit«, antwortete er mit sichtbarem Widerstreben. »Der Herr Bischof hat ihm den Titel eines Hofastrologen verliehen und lässt sich von ihm die Zukunft aus den Sternen lesen. Aber auch seinen Namen spreche ich lieber nicht laut aus.«
    Er erhob sich von seinem Schemel und Amos tat es ihm gleich. »Eine gute Nacht, Amos von

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