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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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schaute Hans selbst drein. Er starrte Amos an und der Adamsapfel jagte an seinem Hals hinauf und hinunter, und nun streckte er beide Arme gegen ihn aus und zeigte ihm, abwehrend oder ergebungsvoll, seine bunt beklecksten Handflächen.
    »Also du hast … und du kannst also wirklich …« Der Maler wandte sich um und wollte offenbar Hals über Kopf davonlaufen.
    »Aber Hans, so warte doch!«, rief Amos. »Was hast du denn auf einmal?«
    Doch der junge Maler schaute nur noch einmal kurz zurück und schüttelte den Kopf, dann nahm er seine Beine in die Hand und rannte den Burghügel wieder hinunter.
    Lass ihn. Es liegt ja auf der Hand, was ihm gerade passiert ist .
    Aber was denn, bei allen guten Geistern?
    Du hast ihn beschwörend angeschaut, und da hat er in seinem Inneren schon alles erblickt, was du ihm doch erst noch erklären wolltest – wie ich im Zuber saß und ihn sehen konnte und er aber nicht mich und alles das .
    Aber er hat doch … Amos schaute dem Maler hinterher. Er fühlte sich nun auch ziemlich durcheinander. Hans hat doch bestimmtniemals auch nur eine Zeile aus dem
Buch der Geister
gelesen. Wie konnte er da meine Gedanken lesen?
    Klara hängte sich lächelnd bei ihm ein. Frage lieber, wie du sie ihm senden konntest. Und meine Antwort ist die gleiche wie gestern am Ufer der Regnitz: Du bist eben ein großer Zauberer – du hast es nur noch nicht recht bemerkt . »Aber nun lass uns nicht länger hier herumstehen – der Hofkaplan wartet sicher schon.« Sie zog ihn weiter den Weg empor, und Amos lauschte in sich hinein und versuchte zu verstehen, was gerade eben passiert war.
    Arm in Arm betraten sie die Zugbrücke. Sie führte über einen gewaltig breiten Graben, der genauso wie die Brücke aus kriegerischeren Zeiten stammte. Wie Hans ihnen eben beim Aufstieg zu erzählen wusste, hatte die Burg einst als Fliehfestung für die Bischöfe von Bamberg gedient. Bereits vor mehr als dreihundert Jahren hatten die ersten Bistumsherren hier oben Zuflucht gesucht, wenn feindliche Heere oder auch heidnische Aufrührer aus den Wäldern die Stadt bedrängten. Im Lauf der Zeiten war die Burg erweitert und zur bischöflichen Residenz ausgebaut worden, mit Audienzsaal, Hofkapelle und Nebengebäuden für Minister und Beamte der weitläufigen Bistumsverwaltung. Die eigentliche Residenz lag unten in der Stadt, unweit von Dom und Klöstern, aber Fürstbischof Georg III. hatte seit jeher eine besondere Vorliebe für die alte Burg hier oben gezeigt.
    Am Ende der Brücke ragte das wuchtige Torhaus auf. Das Tor war verschlossen, doch noch bevor sie zum geschmiedeten Türklopfer greifen konnten, ging eine Luke im rechten Torflügel auf.
    In der Öffnung erschien das schnauzbärtige Gesicht eines jungen Wachsoldaten. »Euer Begehr?« Er starrte Amos grimmig an.
    »Gott und dem Kaiser zum Gruß«, sagte Amos. »Und dem Herrn Bischof natürlich auch. Sei so freundlich und melde mich dem Herrn Hofkaplan, wenn ich bitten darf.«
    Auf einmal fühlte er sich wieder ganz heiter und leicht. Der Zwischenfall mit dem armen Hans hatte ihn kurzzeitig in Verwirrung gestürzt, aber eigentlich zeigte die Begebenheit doch nur,was für ein großartiges Kunstwerk
Das Buch der Geister
war. Es erweckte noch weitaus mehr magische Kräfte, als Kronus ihm jemals verheißen hatte – jedenfalls bei Amos selbst.
    »Euer Name und Herkunft?«, schnarrte der Soldat.
    »Ich bin Amos von Hohenstein, in Begleitung von Klara Thalgruber. Melde das dem Hofkaplan und er wird uns sogleich empfangen.«
    Der Schnauzbärtige runzelte die Stirn. Ohne ein weiteres Wort knallte er die Luke wieder zu.
    Amos und Klara wechselten einen Blick. Vielleicht würden sich die Dinge hier ja doch nicht so günstig entwickeln wie in seinen nächtlichen Visionen? Aber nein, das glaubte er nicht. Beruhigend lächelte er Klara zu und im selben Moment ging mit leisem Knarren der linke Torflügel auf.
    »Tretet ein!« Ein zweiter Wachsoldat, mit schütterem Haarschopf und nicht mehr ganz jung an Jahren, hielt ihnen das Tor auf. »Der Herr Hofkaplan Senft erwartet Euch bereits.« An dem Schnauzbärtigen vorbei, der vor der Wachpforte im Torhaus stand und grimmig ins Leere starrte, geleitete er sie ins Innere der Burg.
    Vor ihnen ragte rechter Hand der Fliehturm auf, höher noch als die mächtigsten Baumriesen von Rogár. Gegenüber zog sich an der gepflasterten Straße ein stattlicher Bau entlang, mit verglasten Fenstern, Erkern in gotischem Stil und mancherlei kleinen und größeren

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