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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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vereiteln und die Pranke abhacken, die bereits nach der Krone des Herrschers über die irdische Schöpfung greift.«
    Leo Cellari verstummte unvermittelt und ließ
Das Buch der Geister
mit einer Gebärde des Abscheus auf den mit Moos und Vogelkot verdreckten Tisch zurückfallen. Die fünf Monsignori schauten noch einige Augenblicke zu ihm auf, dann steckten sie die Köpfe mit den bunten Hüten zusammen und berieten sich tuschelnd.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Hannes währenddessen, dass auch Alexius und Meinolf miteinander flüsterten. Der flachsblonde Assistent Cellaris rieb sich die Schulter und warf Skythis einen anklagenden Blick zu. Kurz darauf wandten sie beide die Köpfe zu Hannes und sahen ihn mit unheilverkündenden Mienen an. Meinolfs strichdünne Lippen zuckten, seine Finger trommelten auf den Knien, seine Füße tänzelten unaufhörlich unter dem Tisch, während Alexius wie ein steinernes Sinnbild des Zorns dreinsah. Sicher würden sie es nicht wagen, dem Unterzensor offen die Stirn zu bieten, sagte sich Hannes, aber desto sicherer würden sie ihre Wut an ihm, seinem wehrlosen Gehilfen, kühlen, sobald sich ihnen eine Gelegenheit bot.
    Doch sehr viel mehr als der Rachedurst der beiden jungen Dominikaner beunruhigte ihn, was ihr Meister eben ausgeführt hatte. Jan Skythis hatte
Das Buch der Geister
gelesen, und wenn Cellari recht hatte, so schwebte der Unterzensor in größter Gefahr, dem teuflischen Wahnsinn zu verfallen. Und was ihn selbst betraf, er hatte zwar höchstwahrscheinlich nur wenige Satzfetzen aus dem unheilschwangeren Werk aufgeschnappt, aber vielleicht genügten ja schon ein paar Spritzer von dem satanischen Gift, um auch ihn unheilbar zu verblenden. Erging es ihm nicht schon seit Tagen so, dass er lebhaft mitempfand, was irgendwelche Personen um ihn herum gerade fühlten? Beispielsweise die junge Ketzerin, die im alten Abtshaus an ihm vorbeigeführt worden war – er hatte ganz deutlich gespürt, dass sie mit ihrem Leben abgeschlossen hatte, und im selben Moment hatte sie ihm zugenickt. Und was sonst konnte dies alles bedeuten, als dass er von dem Teufelswerk bereits vergiftet war und der Satanswahn sich unaufhaltsam in ihm Bahn brach?
    Hannes’ Herz pochte nun so heftig, als ob er die Turmtreppe abermals emporgeschnellt wäre. Unterdessen hatten sich die Monsignori fertig beraten, und der Beleibteste von ihnen, der wie zum Ausgleich auch den spitzesten Hut trug, ergriff das Wort. »Verehrter Bruder Leo«, begann er und seine Stimme klang wie mit Gänseschmalz eingefettet, »uns ist sehr wohl bewusst, wie viel unser aller innig geliebte Mutter, die Kirche Christi, Eurer unermüdlichen Jagd auf Ketzer, Hexen und Teufelsjünger verdankt. Zugleich aber haben wir nie verhehlt, dass wir an der Existenz jener Verschwörung zweifeln.« Er legte eine kurze Pause ein, da ihm die Atemluft knapp zu werden schien. »Niemals in zwanzig Jahren, lieber Bruder Leo«, fuhr er mit leisem Schnaufen fort, »habt Ihr auch nur einen einzigen Verschwörer überführt, niemals konntet Ihr uns einen Namen nennen oder eine Masche des verderblichen Netzes bloßlegen, das sich nach Eurer Überzeugung kreuz und quer durch die Christenwelt spannt. Was also macht Euch so sicher, dass Ihr nach so vielen Jahren und vergeblichen Jagden das Satansbuch jener Teufelsloge doch noch gefunden habt?«
    »Zwei Beweise, Monsignori«, antwortete Cellari, »primo …« Doch weiter kam er nicht: Skythis hob seine rechte Hand und begann so monoton zu sprechen, als ob er seinem bevorzugten Schreiber Johannes ein Gutachten in die Feder diktierte.
9
    S
kythis’ Stimme klang stets
ein wenig wie das heisere Bellen eines Hundes, der die Fährte entdeckt hat. Seine wölfischen Augen, die knochige Gestalt, die plumpen Hände, die seine Rede mit abgehackten Gesten untermalten, verstärkten noch den Eindruck tierischer Jagdgier.
    »Eure Frage, meine Herren«, begann er, »lässt sich einfach genug beantworten: Ich habe das Buch gelesen – und daraufhin einewahre Hölle voller Fratzen und Wahngebilde durchlebt. Mit Cellari bin ich mir darin einig, dass ich von diesem Satansritt nur deshalb nach zwei Tagen und Nächten mit heiler Seele zurückkehren konnte, weil ich seit Langem darin geübt bin, während des Lesens dämonische Gifte zu erspüren und mit Geist und Seele abzuwehren. Aber selbst ich habe erst nachträglich erkannt, dass ich dem Teufel auf den Leim gegangen war.«
    Die spitzen und flachen Hüte wogten nun aufgeregt

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