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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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sargartigen Umrissen. Sie war für Valentin Kronus bestimmt, falls es ihnen gelang, den »Teufel in Menschengestalt« bei lebendigem Leib in Gewahrsam zu nehmen. Auch der Boden dieser Mulde bestand, wie nahezu der ganze Karren, auseng nebeneinander verlaufenden Eisenstäben. Bäuchlings auf dieses Gitter gebunden, sollte Kronus mit ihnen zurück nach Nürnberg reisen, über sich eine massive Eisenplatte, die seinen Kerker wie ein Grabstein verschloss.
    Gregor, der vorn auf dem Kutschbock saß und die beiden Lastgäule unaufhörlich antrieb, hatte Hannes noch vor Beginn ihrer Reise erzählt, dass er schon mehrfach auf diese Weise Gefangene transportiert habe. »Kein einziges Mal ist einer lebendig wieder da rausgekommen. Und wenn sie verrottet sind, fallen die Knochen unten durch das Gitter raus.«
    Es war derselbe unscheinbare Mann mittleren Alters, der den Unterzensor und Hannes letzte Woche zu dem Treffen mit Cellari und den hohen Hüten gefahren hatte. Unter anderen Umständen hätte sich Hannes sofort gesagt, dass ihn der Kutscher mit einer Lügengeschichte zum Besten halten wollte. Aber Gregor gehörte allem Anschein nach einem Geheimbund an, der auf eigene Faust dämonische Handschriften erjagte und in dem Jan Skythis offenbar eine hochbedeutende Rolle spielte. Und ohnehin schien Gregor nicht im Geringsten zum Scherzen aufgelegt zu sein. Stets sah er so finster drein, als ob der heilige Krieg gegen Satan und seine Dämonenbücher bereits nahezu verloren wäre. Unter seinem Umhang trug er eine Art Panzer aus übereinandergenähten Lederflicken. Auch seinen Schädel umschloss ein solcher Panzerhelm aus fahlen Fetzen, seit sie heute in aller Frühe eine kurze Rast eingelegt hatten – »das letzte Verschnaufen vor der Schlacht« laut Leo Cellari. Da waren sie nur noch wenige Meilen vor Kirchenlamitz und ihre Armbrustschützen schienen vom Erdboden verschluckt. Doch weder Cellari noch der Unterzensor Skythis machten auf Hannes den Eindruck, sonderlich besorgt zu sein.
    Sogar Meinolf und Alexius schienen von Gregors Panzer beeindruckt. Sie wechselten Blicke, verzogen jedoch keine Miene, als er seinen Umhang abwarf und in voller Rüstung vom Kutschbock sprang. Bestimmt schaute der Kutscher in diesem Moment so grimmig wie immer drein, doch das war nicht zu erkennen: Zuseinem Panzerhelm gehörte eine lederne Maske, die nur schmale Schlitze für Augen, Nase und Mund freiließ.
    Durch die Maske hindurch bellte Gregor seinem Herrn irgendetwas zu, doch zu verstehen war nichts. Skythis antwortete mit einigen Knurrlauten, die gleichfalls eher wölfisch als menschlich klangen. »Genug gerastet«, entschied Cellari, obwohl sie gerade erst aus den Kutschen und Sätteln gestiegen waren. »Man erwartet uns gegen sechs und wir wollen unsere Gastgeber nicht enttäuschen.«
    Welche Gastgeber? Auch die Bedeutung dieser Worte blieb für Hannes im Dunkeln. Doch anscheinend lief bisher alles genau nach Cellaris und Skythis’ Plan.
    Gregor stieg wieder auf den Kutschbock, warf seinen Umhang über und verbarg Helm und Maske unter einer übergroßen Kapuze. Auch Hannes kletterte wieder in seinen Eisenkäfig, der sich wenige Augenblicke später erneut in Bewegung setzte. Abermals begann das unaufhörliche Rütteln und Lärmen. Unter dem schwarzen Tuch blieb es dämmrig, auch wenn die Sonne bereits in den wolkenlosen Himmel über Kirchenlamitz aufstieg.
    Von allen abgeschirmt im dröhnenden Eisenkarren, spürte Hannes dennoch ganz deutlich, wie die Anspannung bei seinen Mitstreitern stieg. Bei Cellari und Skythis vorn in der Kutsche, bei den beiden jungen Dominikanern zu Pferde und bei dem Bücherjäger im Flickenpanzer vor ihm auf dem Kutschbock.
    Ihr Ziel konnte nun nicht mehr weit sein. Und Hannes Mergelin fühlte mit jeder kreischenden Achsdrehung klarer, dass ihre Mission erfolgreich verlaufen würde. Er schloss die Augen und stellte sich vor, wie sie den »Teufel in Menschengestalt« niederwerfen, in Fesseln legen, in den Gittersarg unter seinen Füßen sperren und die Karre darüber mit Truhen voll dämonischer Bücher füllen würden. Doch da spürte Hannes ganz unvermittelt in seinem Innern einen heißen Sog.
    Es war wie ein Fluss aus goldenem Licht, der Hannes mit sich riss. Der Fluss schien rückwärtszuströmen, auf seinen eigenenQuell zu, ein Loch in einer Felswand. Verzweifelt versuchte Hannes, seine Augen wieder zu öffnen, doch aus irgendeinem Grund wollten ihm seine Lider nicht gehorchen. Schäumend jagte der Fluss auf die

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