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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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erzeugten kein derartiges Malmen und Grollen. Er schloss die Augen, versuchte sich vorzustellen, was für ein sonderbares Gefährt dieses Dröhnen hervorrufen konnte – und sah unvermittelt wieder das zuckende Lichtrinnsal vor sich, wie es an seinem magischen Herzen riss und zerrte, dann wie mit einem Feuerspeer hineinzustechen schien. Rasch machte er die Augen wieder auf – welcher Art auch immer das dröhnende Gefährt war, es brachte den Lichträuber näher heran.
    Und dann ganz plötzlich wurde das Dröhnen leiser und erstarb. Stattdessen hörte Amos nun Hufgetrappel und ein Prasseln und Splittern, wie wenn Pferde aus dem Unterholz hervorbrechen – wer um Himmels willen konnte das sein? Angestrengt lauschte und spähte er zur Straße hinab. Es klang, als ob dort unten mindestens zwei Dutzend Reiter zugange wären, und jetzt hörte er sie auch durcheinanderrufen und heisere Kampfschreie johlen.
    Gütiger Gott, dachte Amos – lass nicht zu, dass es der Onkel mit seiner Bande ist!
    Er kauerte nun auf Händen und Knien und streckte den Kopf so weit über den Vorsprung hinaus, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor. Schattenhaft sah er die Reiterschar tief unter sich, in ihrer Mitte zwei Kutschen oder Karren, die sie anscheinend umzingelt hatten. Wie Fetzen aus einem Albtraum, so kam ihm die Geisel in den Sinn, von der Höttsche ihm einmal erzählt hatte – jener Freiherr, den der Onkel unten auf der Straße aus seinemWagen verschleppt und im Verlies unter dem Palas gefangen gehalten hatte, um von seiner Familie ein Lösegeld zu erpressen.
    Amos schloss die Augen, doch diesmal aus Verzweiflung: Eine so große Reiterschar wie Ritter Heribert befehligte im weiten Umkreis höchstens noch der Amtmann von Kirchenlamitz. Doch warum sollte der gewaltige Conntz Rabensteiner um sechs Uhr früh seinen Kommandanten aussenden, um vor dem Burghügel von Hohenstein zwei Reisewagen zu überfallen? Nein, die Sache war allzu klar, er brauchte keinerlei magische Kräfte, um sich zusammenzureimen, was da auf der Straße passierte. Der große Raubzug, wegen dem Heribert und Höttsche seit Tagen so geheimnisvoll taten, spielte sich gerade jetzt dreihundert Fuß unter ihm ab. Bestimmt hatte der Onkel alles so vorbereitet, dass kein Verdacht auf ihn fallen konnte, obwohl er die Reisenden vor seiner eigenen Haustür überfiel. Aber eines hatte Ritter Heribert offenbar nicht gewusst und folglich auch nicht in seinem Plan berücksichtigen können: Die scheinbar wehrlose Geisel, die er dort unten gerade in die Zange nahm, war eine Kreatur mit dämonischen Kräften – und falls es dem Onkel gelang, sie auf seine Burg zu verschleppen, so hatte es der grauenvolle Lichtfresser genau darauf abgesehen.
    Ich muss zu Oda, dachte Amos – mit ihr fliehen, solange der Kampf dort unten andauert. Und sowie er für Oda ein sicheres Versteck gefunden hätte, würde er zum Mühlhof laufen, um Kronus zu warnen.
4
    H
annes zog das schwarze Tuch
ein wenig zur Seite und spähte vorsichtig hinaus. Mindestens dreißig Reiter von wildem Aussehen hatten ihren kleinen Zug umzingelt. Ein hünenhafter Mann mit wirrem schwarzem Bart und einer X-förmigen blutroten Narbe auf der Stirn hatte sein Schwert gezogen und hielt damit Meinolf und Alexius in Schach. Auf dem Pferd neben ihm saßein Mann von edlerem Aussehen, wenngleich mit gedunsenem Antlitz. Er war offenbar der Oberste dieser Räuberbande, und jetzt beugte er sich seitwärts zu Cellaris Kutsche hinab und sagte etwas, das Hannes nur bruchstückhaft verstand. »… mit uns kommen … friedliches Geleit … nichts Arges …«
    Was hatte das wieder zu bedeuten? Während Hannes noch überlegte, brachen aus dem Dickicht neben der Straße mit jubelndem Fanfarenklang die päpstlichen Armbrustschützen hervor. Der Oberste der Räuberbande riss die Hand hoch und rief dem Riesen mit dem Narben-X zu: »Wirf sie nieder, Hauptmann!«
    Klirrend fuhren die Schwerter aus den Scheiden und ein wildes Getümmel begann. Währenddessen lag Hannes bäuchlings am Boden der Eisenkarre und spähte unter dem Vorhang hervor nach draußen. Die päpstlichen Krieger mochten ja vorzügliche Armbrustschützen sein, doch hier auf der engen Straße, umzingelt von drei Dutzend zu allem entschlossenen Wegelagerern, wirkten sie fast wehrlos. Kaum fanden sie genügend Platz, um ihre gewaltigen Waffen in Position zu bringen, die Bögen zu spannen, die tödlichen Pfeile einzulegen. Die Räuber zu Pferde drangen mit Schwertern und Lanzen auf sie

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