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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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niederzukämpfen versuchte und dann wieder sich von ihnen mitreißen ließ.
    Gier. Hass. Zerstörungswut.
    Aber da war noch etwas, das überhaupt nicht zu diesen Gefühlen zu passen schien. Und das Amos dennoch ganz deutlich gespürt hatte, während die Kreatur von seinem inneren Lichtquell geräubert hatte.
    Einsamkeit. Die Sehnsucht eines eingemauerten Herzens nach Wärme und Licht.
2
    V
orneweg fuhr Leo Cellari in seiner schwarzen Kutsche
mit prachtvollen Goldbeschlägen. Zweispännig, mit purpurroten, äußerst behaglich aussehenden Polsterbänken im Innern, jedoch ohne päpstliches Wappen, ohne irgendeine Standarte, die ihn als Inquisitor auswies. Das verwunderte Hannes Mergelin, der esvorzog, auf dem rumpelnden Karren am Ende ihres kleinen Zuges mitzufahren. Obwohl dieser Wagen aus Eisen geschmiedet war und bei jeder Achsdrehung dröhnte und ächzte, dass einem Hören und Sehen verging.
    Aber Cellaris hochmütige Blicke waren schlimmer als jedes eiserne Dröhnen, und noch ärger waren die Spottfratzen von Meinolf und Alexius, die auf gewaltig großen Pferden zur Rechten und zur Linken ihres Meisters ritten. Meinolf auf einem Schimmel, der vor nervöser Energie unaufhörlich schnaubte und den Hals emporwarf, während Alexius’ Rappe gleichmäßig Huf vor Huf setzte, fast wie ein Automat.
    Seit sie vorgestern in Nürnberg aufgebrochen waren, hatte der Unterzensor ihn mehrfach aufgefordert, zu ihm und Cellari in die vordere Kutsche zu wechseln. Aber Hannes blieb lieber in dem Eisenkarren für sich, auch wenn er die Außenwelt vor den mit schwarzem Tuch bespannten Gitterwänden nur schemenhaft vorübergleiten sah.
    Ohnehin begann gerade erst der Morgen zu dämmern. Und wozu sollte er sich all die ärmlichen Weiler und endlosen Wälder ansehen, an denen sie Stunde um Stunde vorüberschaukelten? Aus einem solchen öden Flecken war er damals ja schließlich auf und davon gegangen, weil er die dumpfe Enge zu Hause nicht länger ertragen konnte. Überhaupt hatte ihn dieses ganze eintönige Welttheater schon in seinen Kinderjahren nie besonders interessiert. Und bis vor Kurzem hatte das genauso für sein inneres Erleben gegolten – diesen unsagbar peinlichen Wirrwarr aus Träumen, Fühlen, Erinnern, dem die Leute heutzutage so viel Aufmerksamkeit schenkten. Doch seit er unvorsichtigerweise ein paar Satzfetzen (mehr war es bestimmt nicht gewesen!) aus dem dämonischen Geisterbuch aufgeschnappt hatte, bedrängte auch ihn seine innere Welt mehr und mehr.
    Beunruhigt lauschte Hannes auch jetzt in sich hinein, während vor den schwarzen Vorhängen die immergleichen Schattenrisse vorübertanzten. Zu Anfang ihrer Reise hatte Meinolf einmal seinschneeweißes Pferd neben den Eisenkarren gelenkt und Hannes ein Spottwort zugerufen: »Na, Mergelin – da drinnen fühlt man sich wohl wie der Märtyrer im Eisenofen?« Hannes verstand selbst nicht genau, was in diesem Moment mit ihm passiert war. Heißer Zorn war in ihm aufgelodert und vor seine Augen hatte sich so etwas wie ein roter Schleier gelegt. Obwohl er äußerlich ganz ruhig geblieben war und Meinolf nur durch den Spalt im schwarzen Tuch angestarrt hatte, war der junge Dominikaner wie fröstelnd zusammengefahren. Seine Augen hatten sich geweitet, befremdet hatte er Hannes angesehen und sich beeilt, sein Pferd wieder zu Cellaris Kutsche zu lenken.
    Es war Hannes selbst wenig geheuer, was da mit ihm geschah. Doch was auch immer Meinolf in jenem Moment an ihm wahrgenommen haben mochte – seither ließen er und Alexius den Hilfsschreiber Mergelin in Ruhe.
    Ihre Eskorte bestand aus einem halben Dutzend päpstlicher Armbrustschützen zu Pferde, von denen jedoch seit geraumer Zeit nichts mehr zu sehen war. Kaum hatten sie Wunsiedel hinter sich gelassen, da hatte Cellari die sechs kirchlichen Krieger angewiesen, auf Nebenwegen in der Nähe zu bleiben, sich aber keinesfalls mehr auf der Straße sehen zu lassen. Auch die Armbrustschützen trugen im Übrigen keinerlei Wappen oder Fahnen mit sich, die sie als Streiter des Heiligen Vaters auswiesen. Und was das alles zu bedeuten hatte, verstand Hannes nicht, aber es bekümmerte ihn auch kaum.
    Das Dröhnen der Eisenstäbe schläferte ihn ein. Skythis hatte ihm erklärt, dass sie in dem rollenden Verlies sämtliche dämonisch vergifteten Schriften einkerkern würden, die sie in der Satansbibliothek jenes Valentin Kronus an sich bringen konnten. Im Boden des Wagens, genau unter Hannes’ Füßen, gab es überdies eine Aussparung von

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