Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
Vom Netzwerk:
gleichfalls auf dem Weg nach Bamberg oder darüber hinaus. Aber es gelang Hannes einfach nicht, Klaras Stern an seinem inneren Himmel aufzuspüren, so wie er auch Amos’ magisches Gestirn nirgends aufscheinen sah. Und auch
Das Buch
konnte er nach wie vor nur ganz matt und verschwommen erspüren, wie ein Kerzenflämmchen ganz unten am Grund eines tiefen Brunnens.
    Klara , rief er beschwörend in seine innere Nacht hinaus. Bitte antworte mir, geliebte Lucinda, wenn du mich hörst .
    Aber sie hörte ihn nicht, oder jedenfalls antwortete sie ihm nicht – und Hannes war gleichzeitig erleichtert und bekümmert, weil er ihr so auch nicht offenbaren konnte, dass der Unterzensor Skythis ihre Fährte wiedergefunden hatte. Durch meinen Verrat, Klara, fügte er still für sich hinzu. Nein, es war kein Verrat, begehrte der andere Hannes auf, der den Unterzensor verehrte. Es war letzten Endes auch zu Klaras Bestem, dass er sich Skythis anvertraut hatte – schließlich hatte
Das Buch der Geister
in der armen Klara dämonische Kräfte erweckt. Also konnte auch ihre Seele nur auf eine einzige Weise vor ewigen Höllenquallen gerettet werden – indem sie das Teufelsbuch vernichteten und Klara aus dem Bann des Opus Spiritus befreiten.
    Bis zur Abenddämmerung jagten sie in wilder Fahrt dahin. Nur ein paar Mal legten sie kurze Pausen ein, damit ihnen die Pferde nicht zusammenbrachen. Doch kaum war der Schweiß auf Kruppen und Stirnen ein wenig abgekühlt, da befahl Skythis auch schon, aufzusitzen und weiterzureiten.
    Hannes wies den Weg und grübelte ansonsten bloß dumpf und stumpf vor sich hin. Was um Himmels willen hatte ihn damals bloß geritten, als er von seinen Eltern verlangt hatte, sie sollten seine beiden Brüder enterben? Sie mussten ja geglaubt haben, dass er vollends den Verstand verloren hätte! Da war er fünfzehn Jahre alt gewesen und hatte seit Jahren nicht mehr an seine einstigen Fantastereien gedacht. All das war ja gleichsam zusammen mit Harmo in der Jauchegrube versunken. Doch in irgendeinem entlegenen Winkel seines Herzens war seither ein neuer Wunschtraum herangewachsen: Er würde die Schriftgelehrsamkeit studieren und ein großer Philosoph werden! Ein Denker und Schriftgelehrter, das war doch eine ehrbare Erscheinung, bei Bürgern wie Edelleuten gleichermaßen geachtet.
    Aber seine Eltern hatten ihn nur angestarrt wie einen Narrenhäusler – und ein Narr war ich damals ja auch, sagte sich Hannes,bis mir in Nürnberg die Augen aufgegangen sind und ich begriffen habe, was meine wahre Aufgabe in dieser Welt ist. Nicht Traumspuk zu erdichten und auch nicht die Fantasiegespinste anderer Spukspeier zu studieren – sondern mit aller Kraft dazu beizutragen, dass möglichst viele höllische Gedichte und Geschichten verboten und vernichtet werden!
    So versuchte er, sich alles zurechtzulegen, und schluchzte dabei unaufhörlich in sich hinein. Aber das bekam der Unterzensor neben ihm nicht mit. Nur jener Teil von Hannes, der längst wieder in seinem inneren Kerker saß, weinte nämlich heiße Tränen, während der andere Hannes kalt und verachtungsvoll in der vorandonnernden Kutsche saß und nicht das Geringste empfand. Außer Verehrung für den Herrn Unterzensor und Abscheu vor Skythis’ schauerlich plumpen Schaufelfingern.
    Ohnehin war der Unterzensor so tief in Gedanken, dass er nicht einmal einen plötzlich neben ihm lossprudelnden Springbrunnen bemerkt hätte. In seinem Geist räumte er seinen Bücherkerker um. Das Teufelsbuch von jenem Kronus sollte ein eigenes Bord erhalten, in der Mitte der hinteren Stirnwand, damit er sich immer sogleich beim Eintreten vergewissern konnte, dass sein gefährlichstes Beutestück noch hinter Gittern war.
    Wäre es allein nach Jan Skythis gegangen, so wären sie gewiss die ganze Nacht hindurch galoppiert. Aber im Stockdunkeln würden sie bloß Achs- und Beinbrüche riskieren, zumal die Pferde ohnehin halb zuschanden geritten waren. Einige Meilen hinter Bamberg ließ Skythis deshalb vor einer Herberge halten. Die Gepanzerten sollten bei den Pferden im Stall nächtigen. Er selbst ließ sich vom Wirt eine Kammer mit einer leidlich breiten Lagerstatt anweisen, kettete Hannes am Bettpfosten fest und warf sich auf die Strohmatratze.
    »Wie weit ist sie noch voraus, Johannes?«, stieß er hervor.
    »Einen halben Tag, Herr. Allenfalls.«
    »Und erkennst du nun, wohin sie flieht?«
    »Nein, Herr«, erwiderte Hannes wahrheitsgemäß.
    »Aber ich, Johannes«, murmelte Skythis, »ich beginne

Weitere Kostenlose Bücher