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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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überwiegend würdevollem Aussehen an einem abgelegenen Ort.
    Es handelte sich um ein herrschaftliches Landhaus tief in den Wäldern, unweit eines Weilers, dessen Name hier nichts zur Sache tut. Denn Namen, die man nicht kennt, kann man auch im Inquisitionskerker nicht gestehen.
    Die besagten Herren, die teilweise fremdländisch anmutende Bärte und Gewänder trugen, zogen es gleichfalls vor, inkognito zu bleiben. Hebedank hatte sie gebeten, ihre Pferde im Stall unterzustellen und ohne jegliches Aufsehen durch die Hintertür einzutreten.
    Durch einen düsteren Flur gelangten die Herren in einen Saal, dessen Wände mit Hirschgeweihen, Wildeberköpfen und vielerlei ausgestopften Bussarden und Eulen geschmückt waren. Doch die Besucher zeigten wenig Interesse an derlei Jagdtrophäen.
    In der Mitte des Saals stand ein gewaltig langer Tisch und darauf lagen einige Hundert Bücher aufgestapelt. Diese Bücher sahen allesamt ganz und gar gleich aus – in schwarzes Leder gebunden, Beschläge und Schließe aus poliertem Messing. Vorn in den Umschlag eingekerbt fanden die Herren bei jedem Exemplar den gleichen Schriftzug:
      

Das Buch der Geister
von Valentin Kronus
      

    Weiter hinten im Saal saß ein alter Mann, der still zufrieden vor sich hin lächelte. Er hielt ein ebensolches Buch aufgeschlagen in seinen Händen, doch die ruhten reglos in seinem Schoß und der Blick des weißhaarigen Mannes ging über alle Bücher und Köpfe hinweg.
    Keiner der Herren wusste, um wen es sich bei diesem zerbrechlich aussehenden Greis handelte. Doch im Grunde war es ihnen auch gleichgültig: Sie hatten eine geheimnisvolle Einladung von einem gewissen Hebedank erhalten, der behauptete, dass er das kostbarste aller Bücher besitze und in einer heimlichen Auflage von nicht weniger als fünfhundert Exemplaren gesetzt und gedruckt und gebunden habe. Eilends waren die Herren daraufhin zu diesem kaum auffindbaren Ort gekommen, teilweise von weit her und allesamt unter beträchtlichen Gefahren. Und nun umkreisten sie den Tisch, auf dem das sogenannte
Buch der Geister
wahrhaftig in vielerlei Exemplaren aufgestapelt lag.
    Schon der Anblick der säuberlich gebundenen Bücher, der Geruch nach Papier, Druckerfarbe und frisch gegerbtem Leder ließ die Herzen der Herren höher schlagen. Auch sie waren in ihrer Art Bücherjäger, die allerdings die erbeuteten Bücher nicht etwa vernichteten oder einkerkerten, sondern in ihren Heimatstädten an treue Kunden weiterverkauften – notfalls auch unter der Hand, wenn es sich um Bücher handelte, die der Zensor nicht freigegeben hatte.
    Nur mit Mühe konnten die Buchhändler ihren Drang bezähmen, sich auf der Stelle in eines der so zahlreich bereitliegenden Exemplare zu vertiefen. Die magische Wirkung des Werkes, mit dieser Warnung waren sie herbeigelockt worden, setze bereits mit der ersten gelesenen Zeile ein. Und obwohl keine der vier enthaltenen Geistergeschichten mehr als zwei Dutzend Seiten umfasse, banne jede von ihnen ihre Leser für zumindest einen halben Tag mit magischem Lesefieber.
    Als schließlich alle Eingeladenen versammelt waren, ergriff ein stämmiger Mann mittleren Alters das Wort. Man hätte ihn beinahe für eine wandelnde Bleiletter halten können, so gleichmäßiggrau war seine Erscheinung. Er habe
Das Buch der Geister
eigenhändig gesetzt und Korrektur gelesen, gedruckt und gebunden und im Schweiße seines Angesichts hier aufgestapelt, so begann er. Sein Name sei Hebedank und in Wirklichkeit heiße er natürlich ganz anders.
    (In Wirklichkeit hieß er Johann Bartholomäus Denk, doch aus Bescheidenheit zog er schon in jungen Jahren die Kurzform Hans B. Denk oder sogar H. B. Denk vor. Aber als er dann seine Berufung zum Setzer entdeckte, kamen für ihn auch diese beiden Namenskürzel nicht mehr infrage. »Hans B. Denk« sah einem Setzfehler allzu ähnlich, »Habe Denk« klang sogar nach Grammatikschnitzer. »Hans, bedenk«, mahnte sich Johann Bartholomäus – und fand schließlich eine Lösung nach Setzerart: Er vertauschte zwei Vokale, tilgte ein Leerzeichen und nannte sich fortan Hebedank.)
    »Hoch geschätzte Herren Buchhändler«, fuhr Hebedank fort, »
Das Buch der Geister
wird diese Welt verändern. Zensur und Inquisition haben mit aller Macht versucht, seine Verbreitung zu verhindern, und so blieb uns keine andere Wahl, als es heimlich zu drucken.
Das Buch der Geister
erweckt magische Kräfte in seinen Lesern, und daran werden Macht und Willkür der Inquisitoren und Zensoren

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