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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
Vom Netzwerk:
hinabfahren, aber mein dichterisches Gespür sagte mir schließlich, dass die Gabe der Gedankenübertragung in meinen Lesern sehr viel besser erweckt wird, wenn der Schimmel zusätzlich jenes Netzwerk aus schwarzen Linien erhält.«
    »Und es war allein Euer Gespür«, fragte Klara, »das Euch zu dieser Änderung veranlasst hat?«
    Kronus schien erstaunt. »Ah, ich verstehe, was du meinst«, sagte er dann, »Johannes Mergelin hat dir sicherlich von demTreffen der Hohen Hüte über dem Nürnberger Narrenkerker erzählt.« Er sann einen Moment lang darüber nach. »Das war eine von Leo Cellaris schlauen Lügen«, fuhr er fort. »Ich hätte es doch niemals über mich gebracht, die magische Wirkung meiner Geschichten so skrupellos an nichts ahnenden Lesern auszuprobieren. Aber das hast du mir und Mutter Sophia doch wohl auch nicht im Ernst zugetraut, oder?«
    Argwöhnisch schaute er Klara an, und sie beeilte sich, zu versichern, dass sie nichts Derartiges habe andeuten wollen.
    »Ach, meine liebe Sophia«, seufzte Kronus auf, »wenn Gott will, sind wir bald schon für immer vereint.«
    Hebedank zog ein finsteres Gesicht. »Sophia muss noch auf dich warten«, knurrte er, »jetzt fahren wir erst einmal ins Bücherparadies.«
    Kronus trat hinter seinem Pult hervor und sein Antlitz nahm einen wehmütigen Ausdruck an. »Ihr werdet nicht mit uns kommen, ich weiß es«, sagte er zu Amos und Klara. »Aber wenn ich noch einmal jung wäre, ich würde es genauso machen wie ihr.«
    Klara sah ihn verwundert an. »Woher wollt Ihr wissen, was Amos und ich beschlossen haben?«
    »Ich weiß es ja nicht«, entgegnete Kronus und sein stilles Lächeln kehrte zurück. »Ich sehe euch nur an den Nasenspitzen an, dass ihr vor Verliebtheit glüht und vor Reisefieber brennt.«
    Amos und Klara wurden beide ein wenig rot. »Ihr habt recht, Herr«, sagte Amos, »mit der Verliebtheit sowieso, aber auch mit dem Reisefieber. Alles Land hier im weiten Umkreis gehört ja eigentlich mir, dem Letzten der Edlen von Hohenstein. Aber Cellari würde sowieso nicht dulden, dass wir hier in Frieden leben, und wie sollte dieses Leben auch aussehen? Als Bauern im abgelegenen Tal oder als Rittersleute auf der totenstillen Burg – während draußen in der Welt alles in wirbelnder Bewegung ist und Kunst, Handel und Handwerk in den Städten blühen und gedeihen?«
    Er warf Klara einen Blick zu und sie nahm den Faden auf. »Uns beiden«, sagte sie, »ist die alte Heimat zu eng und zu unwirtlichgeworden. Wir wollen noch heute unsere wackeren Pferde satteln und nach Süden reisen: über die Alpen hinweg, nach Venedig und Florenz, nach Arabien und Afrika und immer weiter bis zum Ende der bekannten Welt. Und vielleicht sogar darüber hinaus.«
    »Aber zuweilen«, übernahm wieder Amos das Wort, »werden wir in magischem Flug heimlich in unsere alte Heimat zurückreisen, um nachzuschauen, ob
Das Buch der Geister
schon viele Leser gefunden und gute magische Gaben in ihnen erweckt hat. Und dann wird wohl auch irgendwann der Tag kommen, an dem unsere Geschichte, die Ihr in den beiden dicken Schriftstücken geschildert habt, gedruckt und im ganzen Land verbreitet werden kann.«
    »Aber bis dahin«, ergänzte Klara, »werden wohl noch Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte vergehen.«
    Kronus machte schmale Augen und spähte an ihnen beiden vorbei in Richtung Westen. »Fünfhundertundelf Jahre«, sagte er, »um genau zu sein.«
    Wieder schauten sie sich verwundert an und wollten wissen, woher er diese Weisheit geschöpft habe, doch Kronus ging mit einem Lächeln über alles hinweg. Er legte Amos und Klaras’ rechte Hände ineinander und umschloss sie mit seinen zarten Greisenhänden. »In den alten Zeiten, wenn Hochzeit gefeiert wurde und die Musikanten aufspielten«, sagte er, »stand irgendwann immer jemand auf, um das Lied der jungen Liebenden vorzutragen.« Und er begann mit schütterer, doch anmutiger Stimme zu singen:
    »Mit Milchstraßenarmen umschlingt sie den flammenden Stern.
    Glutlippig küsst er das brausende Meer.
    Sie werden eins, Feuer und Flut,
    aber so, dass das Meer nie vertrocknet
    und das Feuer niemals erstickt.«
    Kronus gab ihre Hände frei und verbeugte sich vor Amos und Klara. »Ich danke euch von Herzen«, sagte er, »und wünsche euch den Segen Gottes und Seiner Geister auf all euren Wegen.«

Epilog
    Epilog
    Mitte November 1499, als in den fränkischen Bergen längst wieder Raureif auf Wiesen und Wegen lag, versammelten sich rund vier Dutzend Herren von

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