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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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dritte und die vierte Geschichte gelesen haben, so richtig zeigen wird, worum es der Bruderschaft bei alledem geht. Welche besonderen magischen Gaben dadurch gerade in uns beiden wachgerufen werden – und ob es dunkle, zerstörerische Fähigkeiten sind, wie der Fürstbischof und der Inquisitor meinen, oder helle, heilsame Gaben, wie Kronus und Mutter Sophia es wollten.
    Amos hatte währenddessen mit fahrigen Fingern eine große Wachskugel geformt, fast ohne es zu bemerken. Nun stieß er sie so heftig in die Kerzenflamme, dass das kleine Feuer zischend erlosch. Ich gebe dir Recht, sagte er, so fängt das Ganze an, zumindest ein wenig Sinn zu ergeben . Kronus und Mutter Sophia müssen geglaubt haben, dass du und ich einfach zwei gewöhnliche junge Leute wären, die durch schicksalhafte Fügung zu ihnen gekommen waren. Bestimmt haben sie nicht im Mindesten geahnt, dass wir von den eigentlichen Hintermännern der Bruderschaft ausgewählt und ihnen zugeführt worden sind. Geschweige denn, was diese dunklen Brüder mit uns vorhaben .
    Angst kroch wieder in ihm empor und jener sausende Schwindel erfasste ihn – wie jedes Mal, wenn er an die Rätsel seiner Herkunft rührte, an die fernste, finsterste Vorzeit, in der seine und Klaras Ahnen angeblich mächtige Magier gewesen waren.
    Klara beugte sich über den Tisch und legte ihm ihren zierlichen Zeigefinger auf die Lippen. »Lass uns nicht länger daran denken, lieber Amos – für heute ist es genug.« Sie erhob sich von ihrem Stuhl. »Zumindest ein paar Stunden können wir noch unbesorgt schlafen – vor dem Morgengrauen kommt Johannes bestimmt nicht wieder zu sich.«
    Der Gehilfe des Unterzensors lag noch genauso wie vorhin auf dem Bärenfell – mit geschlossenen Augen und kindlich seligem Lächeln.
    »Aber wir wissen immer noch nicht«, protestierte Amos, »wohin wir morgen gehen sollen!«
    Klara nahm seine Hand und zog ihn von seinem Stuhl hoch. »Das finden wir heute auch nicht mehr heraus. Ich kann meine Augen nicht länger aufhalten. Aber vielleicht fliegt dir ja im Schlaf wieder ein Traumgesicht zu?«
    Hoffentlich nicht, dachte Amos. Als sie das letzte Mal einer Vision gefolgt waren, die ihn im Schlaf überkommen hatte, war er selbst in der Bischofsburg eingekerkert worden und Klara nur mit knapper Not entkommen.
    Er schob
Das Buch der Geister
in die Innentasche seiner Lammlederweste, die der junge Maler Hans Wolf in der Bamberger Herberge für ihn bereitgelegt hatte. Es passte haargenau hinein – und es fühlte sich wundervoll an,
Das Buch
wieder bei sich zu tragen, direkt an seinem Herzen.
    So müde er auch war, Amos entlud noch das Gewehr und verstaute es mitsamt dem Eisenhammer in der Truhe, während Klara die Füchsin für die restliche Nacht versorgte. Dann legten sie sich vor der Tür zur Diele auf den Boden, in Pferdedecken aus den Beständen des Jägers gewickelt, murmelten Gutnacht und schliefen beide im selben Augenblick ein.
8
    A
mos erwachte noch
vor dem ersten Morgenlicht. Das Herz klopfte ihm schmerzhaft in der Brust, so als ob er gerade eben aus einem Albtraum aufgeschreckt wäre. Doch wie er so neben Klara in der dunklen Stube lag, konnte er sich eigentlich an keine grässlichen Traumbilder erinnern.
    Klara atmete gleichmäßig aus und ein, und sie lag so nah neben ihm, dass ihr Atem ihm kitzelnd über die Wange strich. Was interessierten ihn irgendwelche Traumgräulichkeiten, wo er doch endlich wieder frei war und das Nachtlager mit seiner Geliebten teilen durfte!
    Und doch raste immer noch sein Herz, und wenn er in sein Inneres spähte, erblickte er ein düsteres Bauwerk, wuchtig und fast schwarz vor Alter und Ruß. Schmale Fenster, abweisend wie Schießscharten im Mauerwerk einer Festung – aber irgendwo weiter hinten gehörte zu diesem weitläufigen Gemäuer auch noch ein riesenhafter Turm mit einem gewaltig großen Christuskreuz darauf. Ein Schloss? Ein Kloster? Eine Kirchenburg?
    Und warum jagte ihm dieses Gemäuer sogar jetzt noch einen solchen Schrecken ein – obwohl er es bloß wie einen nebelhaften Schemen vor sich sah?
    Angestrengt grübelte Amos den Traumbildern hinterher. Vielleicht ist es gerade das, dachte er – dass sich das gewaltige Bauwerk, eben als ich hineinwollte, aufgelöst hat wie Spinnweb. Dass es um mich herum zerfallen ist, in sich zusammengesunken – aber nicht wie ein massives Haus aus Holz und Stein, sondern wie Nebel, wie Dampf.
    Er spürte, dass es wiederum kein gewöhnlicher Traum gewesen war, sondern ein

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