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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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neues Nachtgesicht, vom Opus Spiritus gesandt, um ihm und Klara den weiteren Weg zu weisen. Aber es war zu verschwommen gewesen – nicht einmal Klara wäre imstande, anhand dieser flüchtigen Bilder zu bestimmen, wohin sie als Nächstes gehen sollten. Sie hatte ihn verspottet, als er ihrdamals den Kegelberg mit der Burg und dem hohen, schlanken Turm darauf beschrieben hatte, der ihm in seiner ersten Vision erschienen war. Das sei die Burg des Bamberger Fürstbischofs Georg, hatte sie verkündet, wie hierzulande eigentlich jedes Kind wisse – und Amos war ein wenig gekränkt gewesen, weil sie sich über seine Weltfremdheit lustig gemacht hatte. Aber diesmal würde auch sie keinen Rat wissen, das spürte er – und hoffte fast mehr noch, dass sie niemals herausfinden würden, wo das unheimliche Nebelhaus in Wirklichkeit stand.
    Falls es dieser Welt überhaupt angehörte.
    Nur ganz allmählich beruhigte sich Amos’ Herz. Wohin sonst sollten sie jetzt aber ihre Schritte lenken – wenn sie die Weisung nicht ausführen konnten, die ihm mit dieser Vision geschickt worden war? Schließlich konnten sie nicht aufs Geratewohl von einem Dorf zum nächsten pilgern, auf der Suche nach einem gleichzeitig düsteren und nebelhaften Bauwerk, das jenen Bildern einigermaßen ähnlich sah. Bestimmt würde es sonst nicht lange dauern, bis der Inquisitor ihre Fährte wiedergefunden hätte und sie diesmal beide einfangen und in den Kerker werfen würde – aber nein, das durfte auf gar keinen Fall passieren.
    Klara seufzte im Schlaf, so als ob sie seine Sorgen mitfühlte und teilte. Sie drehte sich noch mehr zu ihm hin und legte einen Arm um ihn, und ihre Körper drückten sich voller Verlangen gegeneinander.
    Nur gut, dass sie beide in die Pferdedecken des Jägers gewickelt waren – da konnten sie zumindest nicht versehentlich gegen das Gebot verstoßen, das Valentin Kronus ihnen auferlegt hatte. »In Herzensdingen lebe der Novize strikt enthaltsam« – auf diese Grundregel aller Ordensgemeinschaften hatte der weise alte Mann Amos eingeschworen, bevor er ihm die erste Geschichte aus dem
Buch der Geister
zu lesen gegeben hatte. »Lasse als Erstes deine inneren Kräfte durch
Das Buch
erwecken – vor allem die Kräfte der Gefühls- und Gedankenmagie.« Amos würde diese Worte niemals vergessen, so wenig wie die Verlegenheit, in dieKronus ihn damit gestürzt hatte. »Wenn du diese Stufen gemeistert hast und wahrhaftig bereit bist, zur dritten Stufe weiterzuschreiten – dann werden du und deine Liebste von selber wissen, wie ihr eure Herzensdinge weiter handhaben wollt.« So nämlich hatte Kronus seine Erläuterung der »Novizenregel« abgeschlossen – und jetzt fragte sich Amos, ob er und Klara mittlerweile bereit waren, die dritte Geschichte zu lesen –
Vom Felsen, der ein Fenster war
.
    Sein Pulsschlag beschleunigte sich aufs Neue, doch diesmal war es ein höchst angenehmes Klopfen. Bisher hatten Klara und er das Verlangen, das in ihren Leibern pochte, immer wieder folgsam niedergerungen. Bis auf einige stürmische Küsse und Umarmungen war zwischen ihnen in diesen Liebesdingen noch nichts weiter passiert. Aber vielleicht, dachte er, sind wir jetzt ja wirklich für die dritte Stufe bereit. Und im selben Moment durchfuhr es ihn: Wir müssen der wilden Horde hinterher!
    Verwundert dachte er über dieses Durcheinander in seinen Gedanken nach. Er hatte doch gar nicht mehr überlegt, wohin sie jetzt als Nächstes gehen sollten – und doch hatte ihn gerade da, als er über seine und Klaras Herzensdinge nachgesonnen hatte, die Erleuchtung durchzuckt: Diese wilden Leute gehören ja alle irgendwie zu der Bruderschaft – also werden sie auch wissen, wohin wir das Buch jetzt bringen sollen.
    Amos sann seiner Eingebung hinterher und mit jedem Augenblick schien sie ihm noch überzeugender. Kronus musste diesen Leuten in besonderer Weise vertraut haben, dachte er – sonst hätte er nicht gerade sie ausgeschickt, damit sie sich bei Pegnitz auf die Lauer legten, um seine Zuverlässigkeit zu prüfen. Und sonst wären ja erst recht nicht wiederum diese Leute ausgewählt worden, um da unten auf der Straße einen Überfall vorzutäuschen.
    Ungeduldig wartete er darauf, dass Klara endlich erwachte. Am liebsten hätte er sie einfach aus dem Schlaf gerüttelt, aber er bezähmte sich, und glücklicherweise wachte sie kurz darauf ohne sein Zutun auf.
    Er beugte sich über sie, um sie zu küssen. »Es ist noch stockdunkel«, murmelte sie

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