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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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davongerannt?
    Amos dehnte und streckte sich genüsslich. Er konnte noch immer kaum glauben, dass er wieder frei war – nicht hinter Gittern und schon gar nicht mit zentnerschweren Eisenfesseln behängt. Sie hatten wohl nur die Aufgabe, die Soldaten zu verschleppen, damit wir beide zusammen fliehen könnten. Deshalb sind sie anschließend weggelaufen, denn wohin wir danach gehen sollten, das sollten wir ja durch die Vision erfahren. Aber mit der Vision ist eben irgendetwas schiefgegangen – und darum bleibt uns jetzt erst mal nichts anderes übrig, als uns diesen Waldleuten anzuschließen. Zumindest so lange, bis wir eine neue Botschaft bekommen.
    Falls deine Waldleute nicht längst über alle Berge sind, gab Klara zu bedenken.
    Amos umfasste ihren Nacken mit seinen Händen und zog sie für einen weiteren Kuss zu sich herab. Aber daraus wurde nichts – ihre Lippen hatten sich kaum berührt, als weiter hinten in der Stube vernehmliches Schnaufen ertönte.
    Es war nicht etwa die Füchsin, wie Amos in der ersten Verwirrung geglaubt hatte. Es war Johannes Mergelin, der ausgerechnet in diesem Moment aus seinem magischen Schlummer erwachen musste. Er rappelte sich von dem Bärenfell auf und murmelte: »
Frag die Frau, die im Brunnen wohnt
.« Er schüttelte den Kopf und sah verwundert um sich. Im nächsten Moment erstrahlte sein Gesicht in einem Lächeln kindlicher Glückseligkeit.
    »Meine Retter, wo seid ihr?«, rief Johannes aus. »Wie kann ich euch je vergelten, was ihr für mich getan habt! Klara, sieh mich doch an – ich war verwunschen und du hast mich von dem bösen Zauber erlöst!«

Kapitel II

1
    D
ie Kutsche stand noch
genau dort am Straßenrand, wo die Wegelagerer gestern den Hinterhalt gelegt hatten, und auch die umgehauenen Riesenbäume versperrten nach wie vor den Weg. Aber die Horde hatte den Wagen unterdessen bis auf den letzten Tuchballen und das allerletzte Federbündel ausgeplündert und alles davongeschleppt.
    »Vielleicht waren es ja doch gewöhnliche Räuber?« Klara zog die Füchsin am Zügel hinter sich her, während sie und Amos die Überreste des Wagens untersuchten. »Oder eben Leute, die alles aufgegeben haben, weil sie glauben, dass die Welt sowieso demnächst untergehen wird – aber das muss ja noch lange nicht heißen, dass sie mit dem Opus …«
    Amos sah sie beschwörend an. Denk dran, was wir vorhin beschlossen haben , fiel er ihr auf dem Gedankenweg ins Wort. Keine Namen und keine Silbe über die Bruderschaft – solange wir nicht sicher wissen, dass Johannes jetzt wirklich auf unserer Seite ist .
    Klara biss sich auf die Unterlippe. Du hast recht – ich muss meine Zunge hüten .
    Johannes war noch dabei, sein Maultier über die steile Waldböschung zur Straße herunterzuzerren. Es war ein störrisches Tier, das er weiß der Himmel wo aufgetrieben hatte. Jedenfalls hatte er sich gestern früh, als Klara im Morgengrauen von Bamberg hierhergeritten war, mit seinem Muli an ihre Fährte geheftet und war ihr über viele Meilen gefolgt. Er war außer sich vor Angst gewesen – Angst, dass sie ihn entdecken und abermals abschütteln könnte, und genauso viel Angst, dass er Klara und
Das Buch
in Gefahr bringen könnte. Aber er konnte einfach nicht anders, er musste ihr hinterher, auch wenn er sich vor Furcht und Erschöpfung kaum mehr auf seinem Muli halten konnte. Unaufhörlich hatte er jene dämonischen Stimmen zischeln gehört – Geister, Hannes, lies schon …
Buch der Geister
, Hannes, lies … Und unablässig war er von jenen Trugbildern gepeinigt worden, die ihn nunschon seit Wochen lockten und quälten – mit jedem Mal noch ärger, wenn er ein paar weitere Satzfetzen aus dem Geisterbuch gelesen hatte. Und so war er durch Schlucht und Wald hinter Klara hergeschlichen, winselnd und wimmernd, und hatte sie, ohne es zu wissen oder gar zu wollen, durch sein gespenstisches Geheule genauso in Angst und Schrecken versetzt.
    Das alles und noch sehr viel mehr hatte Johannes ihnen vorhin in rasendem Redestrom gebeichtet und dabei vor Glückseligkeit gleichzeitig gelacht und geweint. Seit er aus der Welt von Ritter Laurentius Answer zurückgekehrt war, schien er wahrhaftig wie verwandelt: Er redete kein krummes Zeug mehr, verdrehte nicht mehr die Augen wie ein Veitstänzer und schien auch nicht mehr im Geringsten darauf erpicht, mit dem
Buch der Geister
unter dem Arm auf und davon zu rennen. Und das alles nicht etwa deshalb, weil sich Johannes nur geschickter als bisher verstellen würde

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