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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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sich.
    Tief bestürzt sah ihn Klara an. »Ach, du Armer.« Sie beugte sich vor und strich Leander übers Haar.
    Wie der blonde Junge jetzt zu ihr emporschaute, flehentlich und zugleich vor Begeisterung glühend – das kam Amos nur allzu bekannt vor. Und es gefiel ihm noch viel weniger als bei Johannes, denn der war schließlich nur eine halb verrückte Vogelscheuche. Leander aber war weder wirr im Kopf noch ein unansehnliches Knochengestell. Er war gerade gewachsen, hatte sogar grüne Augen wie Klara, dazu ein freundliches Gesicht und ein offenes Lachen – und seine Stummheit würde höchstens noch Klaras Mitgefühl beflügeln und ihren Ehrgeiz, ihn wieder zu heilen.
    Aufs Neue kroch Eifersucht in Amos empor wie eine widerliche Giftschlange. Mit aller Kraft versuchte er, sie niederzuringen – schließlich konnte er Klaras Herz nicht bei Tag und Nacht bewachen wie ein Wächter das Burgtor. Und er glaubte ja auch nicht wirklich, dass sie auf einmal diesen Leander oder gar das Knochenmanderl Johannes lieber als ihn selbst haben würde. Und doch – und doch … Am liebsten hätte Amos sie alle zum Teufel geschickt, diese heillos verliebten Burschen, die Klara anzuziehen schien, wie sich Bären von einer Bienenwabe angelockt fühlten.
    Sieh ihn nicht so finster an, Amos , tadelte ihn Klara und ihre Gedankenstimme vibrierte vor mildem Spott. Auf wen wirst du als Nächstes eifersüchtig sein – auf mein Pferd?
    Zum Glück ist es ja eine Stute. Auch Amos musste jetzt über sich selbst grinsen. Zu Leander, der die ganze Zeit über mit verzückter Miene zu Klara emporgeschmachtet hatte, sagte er in bemüht gelassenem Tonfall: »Klara oder ich lesen dir bei der allernächsten Gelegenheit aus dem Buch vor – versprochen. Aber heute Abend geht es wirklich nicht mehr.«
    Leander sah ihn wieder einen Moment lang sinnend an. Dann schrieb er ungemein flink etwas auf sein Schieferstück und hielt es ihm mit breitem Grinsen hin. »Einverstanden. Aber vergiss nicht – ich bin ein geübter Dieb.«
    Wahrscheinlich lag es auch an dieser Warnung, dass Amos auf einmal keinen Appetit mehr verspürte. Eben noch hatte er sich auf ein paar kräftige Happen gefreut, doch nun kaute er nur lustlos auf einem Brotkanten herum, während sich Klara und Leander das Nachtmahl schmecken ließen.
    Schicke ihn weg, sobald er fertig gegessen hat , bat Amos. Vorhin bei dem steinernen Buch ist mir auf einmal klar geworden, was ich als Nächstes machen muss.
    Klara sah ihn fragend an.
    Die dritte Geschichte lesen , fuhr Amos fort, und zwar auf der Stelle. Nur so kann ich herausfinden, wohin wir jetzt mit dem Buch gehen sollen. Egbert will, dass wir morgen in aller Frühe aufbrechen. Und bis dahin bin ich bestimmt längst wieder aus Laurentius’ Welt zurück .
    Klara wirkte nun ziemlich beunruhigt. »Und wenn nicht?«, fragte sie und schien nicht einmal zu bemerken, dass sie zu gewöhnlichem Sprechen übergewechselt war.
    Amos warf ihr einen warnenden Blick zu. Leander kauerte noch immer vor ihnen auf dem Boden und sah sie mit lauerndem Ausdruck abwechselnd an. Er schien zumindest zu ahnen, dass sie Gedankenbotschaften austauschten. Bei der ersten und bei der zweiten Geschichte hat es jeweils einen halben Tag gedauert , fuhr Amos fort. Warum sollte es diesmal anders sein?
    Weil wir überhaupt nichts darüber wissen, gab Klara zurück, was die dritte Geschichte bei ihren Lesern bewirkt. Wir wissen ja nicht einmal, welche Gaben sie in uns erwecken soll .
    Ich muss sie lesen , beharrte Amos. Anders kommen wir nicht weiter. Und ich spüre, dass es der richtige Schritt ist – gerade jetzt .
    Und wenn die Purpurkrieger mit den Bluthunden früher hier eintreffen, als Rolfus und seine Männer glauben? Klara sah ihn ausgroßen Augen an. Was soll ich dann machen, Amos, kannst du mir das bitte mal verraten? Wenn du hier noch im Zauberschlaf liegst, vollkommen hilf- und wehrlos – während Meinolf und die Kirchenkrieger draußen im Geistersaal Egberts Leute einen nach dem anderen töten?
    Darauf wusste er auch keine gute Antwort. Auf einmal war ihm doch wieder ziemlich mulmig zumute. Das wird bestimmt nicht passieren , gab er zurück und versuchte, seine Gedankenstimme viel zuversichtlicher klingen zu lassen, als er selbst sich fühlte.
    Klara schien nach wie vor nicht überzeugt. Sie schaute grüblerisch vor sich hin, zuckte aber schließlich mit den Schultern und brachte keine weiteren Einwände vor. Nachdem sie fertig gegessen hatten, versprach sie Leander noch

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