OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger
hatten seine Haare nicht lange schon Feuer gefangen.
Dann sieh jetzt zu, mein Geliebter , sagte Klara, dass du dich aus diesem seltsamen Versteck wieder befreist – es wird höchste Zeit.
Alles, was du willst, Klara. Er packte den Wackerstein und rappelte sich auf. Es wurde wirklich allerhöchste Zeit.
Er fasste den schädelgroßen Steinbrocken mit beiden Händen und schlug ihn, so fest er nur konnte, gegen den glühend heißen Stamm. Aber der Stein prallte von dem federnd harten Holz zurück und der nächste Versuch misslang ihm genauso kläglich.
Doch das Wissen, dass Klara ihn noch immer liebte und dass er niemandem durch böse Magie geschadet hatte, verlieh Amos noch einmal verzweifelte Kraft. Er schwenkte den Stein über seinem Kopf und schmetterte ihn ein drittes Mal gegen seine Kerkerwand – und da zerbarst der Baumstamm und Amos hieb und trat und zerrte, hustend und schreiend und mit blutigen Händen, bis die Bresche breit genug war und der brennende Heidenbaum ihn endlich freigab.
Kapitel IV
1
A
n Händen und Füssen
zusammengebunden, hing Hannes Mergelin bäuchlings über dem Rücken seines Mulis, das gleichmäßig dahintrabte. Solange er selbst die Zügel in Händen gehalten hatte, war das Tier immer störrisch wie ein Ziegenbock gewesen, doch von den Purpurkriegern ließ es sich bereitwillig führen. Seit Stunden jagten sie in dieser Weise durch den Wald, auf der unübersehbaren Trampelspur, die Bruder Egbert und seine Schar im Dickicht hinterließen. Hechelnd und belfernd hetzten die Bluthunde vorneweg, gefolgt von dem Offizier mit dem strahlenden Lächeln und seinen vier verbliebenen Purpurkriegern. Und obwohl er vor Entkräftung und innerem Aufruhr kaum mehr bei Sinnen war, fragte sich Hannes ein ums andere Mal, wann die Häscher bemerken würden, dass sie den Falschen folgten.
Wie ein Lumpenbündel hing er über seinem Muli, an Händen und Füßen unter dem Bauch des mageren Tiers zusammengeschnürt. Längst musste sein Körper vom Gürtel aufwärts mit Blutergüssen übersät sein und seine Hand- und Fußgelenke fühlten sich vollkommen taub an. Aber Hannes nahm diese kleinen Widrigkeiten kaum wahr. Im Augenblick wünschte er sich eigentlich nur, dass Meinolf niemals zu ihrem Trupp zurückkehren würde. Solange der junge Dominikaner jener Wagenspur im Straßenstaub hinterherjagte, konnte sich Hannes halbwegs unbehelligt seinen Träumereien überlassen. Wenn aber Meinolf erst wieder bei ihnen wäre, dann hätte er selbst keinen ruhigen Augenblick mehr, das sah Hannes klar und deutlich voraus. Cellaris Gehilfe würde ihn mit Fragen und Drohungen bedrängen – und höchstwahrscheinlich auch mit seinem Messer, falls Hannes’ Antworten ihn nicht zufriedenstellen würden.
Doch auch daran dachte er auf seinem Muli nach Möglichkeit nicht. In mitreißenden Tagträumen erblickte er sich selbst und Klara – Hand in Hand oder eng umschlungen in zärtlicher Umarmung. In allen diesen Fantasien sah Hannes haargenau so auswie Laurentius Answer, und nicht anders als der junge Ritter schwärmte auch er seine Allerliebste mit hingehauchten Versen an.
Zuweilen spähte er in sein Inneres, wie er es nun ja vermochte, seit Klara ihm die Geschichte
Von der Frau, die im Brunnen wohnte
vorgelesen hatte. An seinem inneren Himmel sah er dann sich selbst als matt blinkenden kleinen Stern – ein Anblick, der ihn immer aufs Neue zu Tränen rührte. Ungleich größer und mächtiger aber erstrahlte Klaras Stern. Obwohl er dafür eigentlich viel zu erschöpft war, raffte Hannes dann seine allerletzten Kräfte zusammen und nahm magische Verbindung mit Klara auf.
Alles wird gut ausgehen, Johannes – an dieser Hoffnung halte ich fest, was auch geschieht .
Und ich will alles tun , antwortete er mit seinen allerletzten Kräften , um mich deiner würdig zu erweisen.
Ehe die Verbindung wieder abriss, sandte Klara ihm noch einen warmen Lichtstrahl, der sein Herz mit neuem Mut erfüllte.
Bruder Egbert lockte die Purpurkrieger ostwärts – Hannes erkannte es am Stand der Sonne, die ihnen wie eine riesenhafte Laterne voranschwebte. Der fromme Mann und seine Schar waren ihnen vielleicht noch fünf Meilen voraus und sie bewegten sich erstaunlich rasch voran. Doch zwei- oder dreimal so schnell entfernte sich Klara von ihnen, geradewegs nach Süden. Sie musste beinahe schon wieder in der Nürnberger Gegend sein und allem Anschein nach galoppierte sie auf der Straße oder zumindest auf einem Reitweg dahin.
Größer und heller
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