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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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so typisch deutsch«, stöhnte er, während er die Bilder im Schaukasten der Agentur betrachtete und die Preise verglich. In einer Bäckerei kauften sie sechs panini und duftendes Brot mit aufgesprungener Kruste, nebenan suchte Georg vier Red Snapper beim Fischhändler aus, eine Straße weiter fanden sie in einem Eisenwarenladen einen Duschkopf mit passendem Gewinde und ein Grillgitter.
    Punkt zehn drückte Eva die Klinke zu First Immobiliare hinunter. Drinnen war es tiefgekühlt und elegant. Eine nette junge Dame nahm ihre Daten und die des Grundstücks auf und versprach, noch heute, aber spätestens morgen jemanden vorbeizuschicken, um einen Preis festzulegen. Sie weigerte sich, Italienisch mit Eva zu sprechen, und beharrte auf ihrem sehr guten Englisch. »He doesn’t understand Ita lian, does he?«, sagte sie mit einem koketten Lächeln in Georgs Richtung, um gleich darauf wieder ernst zu werden. »Wir haben zurzeit einen Boom, viele Engländer sind da, um zu kaufen.«
    Sie betraten »Apulia Immoworld« zwei Häuser weiter, ein ebenso schickes Büro, die gleiche Einrichtung, die gleiche Kälte, nur die Dame hinter dem Schreibtisch war eine andere. Auch sie nahm ihre Daten auf, allerdings auf Deutsch, und versprach, ihren Mitarbeiter so schnell wie möglich zur Schätzung vorbeizuschicken.
    Eine halbe Stunde später saßen sie am Tisch unter der Per gola und frühstückten mit Milchkaffee und einem Obst teller voller Erdbeeren, aufgeschnittener Ananas und Aprikosen, den Helga zubereitet hatte.
    Als das Frühstücksgeschirr abgeräumt war, schaute Eva sich um, endlose Stunden des Nichtstuns lagen vor ihr. Was für ein wunderbares Gefühl! Sie holte die zwei Liegen aus der Abstellkammer, wusch sie ab und stellte sie in den Halbschatten der Olivenbäume. Dort war die Hitze gut auszuhalten. Emil blieb zwischen dem Boiler, der Pumpe für die Zisterne und dem Werkzeug hocken und beobachtete noch eine Weile die Geckofamilie, die sich dort tummelte, bevor er johlend in den Trichter sprang.
    »Man muss auch mal entspannen können!« Helga bettete sich nebenan auf die zweite Liege.
    Zum ersten Mal auf der Reise las Eva in ihrem finnischen Krimi, dann lackierte sie sich die Nägel mit einem blauen Lack, den Helga ihr angeboten hatte. Außer Aprikosen zu essen und sich die Beine und Schultern mit Sonnenmilch einzucremen gab es nichts zu tun.
    Die Stunden flossen dahin, die Grillen sägten, ein paar Bienen und Wespen freuten sich über das verspritzte Wasser auf den Steinen und surrten durch die Luft. Tierfreund Emil ließ sich davon nicht stören, er schwamm glücklich im Trichter, kletterte raus, sprang wieder rein. Helga legte sich zu einer kleinen Siesta in ihren Trullo, Georg döste unter den Bäumen in der Hängematte, allerdings nicht, ohne Emil dabei aus halb geschlossenen Augen im Blick zu behalten.
    »Ich glaube, ich werde später mal Schwimmer, bei der Olympiade!«, rief Emil. »Was wolltest du als Kind eigentlich mal werden, Papa?« Georg ging hinüber, setzte sich an den Rand des Trichters und hielt seine Füße ins Wasser.
    »Tja, weißt du, komischerweise wollte ich nie so etwas wie Feuerwehrmann, Kranführer oder Polizist werden. Ich träumte davon, in einem kleinen Kabuff zu sitzen und meine Ruhe zu haben, dort nie weggehen zu müssen. Concierge wollte ich werden, so, wie ich sie als kleiner Junge in Paris gesehen habe, das war mein Ziel!«
    »Echt? Was macht ein Concierge?«
    »Der oder die passt auf, wer den ganzen Tag ins Haus geht, nimmt die Post für die Leute an, so eine Art Hausmeister.«
    »Du hast als kleiner Junge da gewohnt, nicht?«
    »Ja, Helga ist ja oft umgezogen, und ich musste immer mit. Erst haben wir im Süden gewohnt, in einer Stadt, die heißt Saint Tropez. Dann in Paris, danach zog sie mit mir für ein Jahr nach Toulouse zu einem Freund. Als ich schon besser Französisch als Deutsch sprach, ging es zurück nach München, in das Haus meiner Großeltern, da, wo Onkel Kurt jetzt wohnt. Von da aus zogen wir nach Stuttgart.«
    Eva ließ ihren Krimi sinken. Von Georg wusste sie, dass der Freund nicht mehr als ein Liebhaber war, zudem noch ver heiratet, und in Toulouse erst die körperliche Zuneigung und dann auch die finanzielle Unterstützung einstellte. Georg hatte ihr auch erzählt, dass Helga in München ein kurzes Intermezzo mit einem reichen Badewannenhersteller einging, dessen Tochter sie hätte sein können. Die Familie nannte ihn nur den »Bade-Maxe«. Als er sie heiraten wollte, floh

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