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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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hin!«
    »Nein«, antwortete er. »Wir machen Pause, habe ich doch gesagt, du musst bald wieder zurück nach Hamburg, und ich habe dich schon viel zu sehr beansprucht.« Er schaute sie von der Seite an. Stirn in Falten, lachende Augen, Bittstellerblick. »Lässt du die drei Proben bitte dennoch untersuchen, wenn du zurück bist?«
    Eva prustete los. »Hier, ich schenk dir mein Eis, und nun lass mich in Ruhe!«
    »Achtundzwanzig Grad«, sagte Georg, als sie an dem Ther mometer über der Apotheke vorbeifuhren. »Sechsundzwan zig immerhin noch hier draußen!«, las er zehn Minuten später auf der Anzeige im Auto ab. Auf dem Land und besonders oben auf der Anhöhe war es nie so drückend wie innerhalb der Stadtmauern, sondern manchmal sogar bis zu fünf Grad kälter. Oft hatten sie in der Stadt geschwitzt und dann mit Jacken oder Decken draußen vor den Trulli gesessen, doch an diesem Abend war der Temperaturunterschied kaum spürbar. Emil öffnete das Tor mit der Fern bedienung, sie fuhren auf die Einfahrt und gingen ins Haus.
    »Papa? Stopfst du das Netz um mich fest, damit die Mücken nicht reinkommen können?«, rief Emil zehn Minuten später.
    Eva ging kurz ins Bad. Als sie wieder herauskam, blieb sie vor der halb geöffneten Tür des Schlafzimmers stehen und lauschte.
    »Neue Matratze, neues Wasser, jetzt ist alles übelst schön hier«, sagte Emil.
    Eva ging leise in die Küche und entkorkte die zweite Flasche Wein. Sie hörte, wie Helga die neu herabgefallenen Blätter und Oliven auf dem Hof zusammenkehrte.
    »Auch eine Art der Meditation«, rief sie durch die Gitterstäbe des offenen Fensters. »Ein Besenstrich, ein Atemzug. Und gut für die Oberarme ist es außerdem. Falls du mich also mal ablösen möchtest …«
    »Nee, mach du mal, meine Oberarme sind noch okay.«
    Helga lachte schallend und zeigte endlich wieder ihre Zahnpracht. Kurze Zeit später verzog sie sich, ein Liedchen summend, in den Trullo ALTRO.
    Sie hatten alle Lichter gelöscht, um das Licht des Mondes und die einzeln glitzernden Sterne besser genießen zu können. Die Fledermäuse waren wieder unterwegs und schossen im Zickzack über sie hinweg. Na los, holt euch alle Mücken, dachte Eva, dann müssen wir uns nicht mit diesem klebrigen Spray einsprühen.
    »Primitivo«, las Georg vom Etikett der zweiten Rotweinflasche, »da hat Helga instinktiv nach dem Besten gegriffen, was es in Apulien gibt. Solange sie es nicht bezahlen muss, ist sie sehr großzügig.«
    »Das hätte ich nie so gesagt …«
    »Aber gedacht hast du es. Salute! « Er schaute ihr kurz in die Augen. Würde das jetzt doch noch ein romantischer Abend? Sollte sie eine Kerze anzünden? Nein, auf keinen Fall wollte sie vorgreifen. Außerdem war der Mond hell genug, nur noch ein winziges Stückchen fehlte zum Vollmond. Sie stand auf und ging die wenigen Schritte zum Trichter hinüber. Tommaso war noch am Abend mit dem Wasserlaster da gewesen und hatte die Höhle bis knapp unter die obere Kante gefüllt, die Filterpumpe hineingehängt, aber nicht angestellt. Sie setzte sich im Schneidersitz davor, verspürte aber kein Bedürfnis, auch nur einen Fuß hineinzutauchen. Der Mond spiegelte sich auf der Oberfläche, doch das Wasser darunter war finster und undurchsichtig. Und was, wenn es durch dunkle Magie mit einem Mal unendlich tief wäre? Oder die Männchen aus der Höhle in einem fluoreszierenden Sprudel auftauchen würden? Sie musste lächeln. Danke, Milena. Sie schaute über die Wasseroberfläche, die Nacht war ruhig, nur die Hunde im Hundeheim bellten ab und zu. Plötzlich stand Georg neben ihr, schaute auf sie hinunter. »Ich gehe schlafen. Morgen früh fahren wir bei den beiden Maklerbüros vorbei, die wir heute gesehen haben, okay? Und dann machen wir uns einen Relaxtag.«
    »Und Emil kann endlich in den Trichter springen!«, sagte Eva und erhob sich.
    »Aber nur, wenn ich dabei bin! Gute Nacht!« Georg stand dicht neben ihr, machte aber keine Anstalten, sie zu berühren. Es muss von ihm kommen, es muss von ihm kommen, der Satz wiederholte sich in ihrem Kopf wie ein Mantra. Als er sich zu ihr hinunterbeugte, entfuhr ihr ein kleiner Seufzer. Mein Gott, es klang ausgehungert und sehnsüchtig, auch Georg schien das zu bemerken. Er lächelte, küsste sie kurz und trocken auf den Mund, drehte sich dann um und ging hinein.
    Am nächsten Morgen standen sie um Punkt neun vor dem ersten Maklerbüro. »Ab zehn geöffnet«, las Georg auf einem Schild an der Tür. »Manchmal fühle ich mich

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