Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
Vom Netzwerk:
sie nach Stuttgart, wieder mal zu irgendeinem Freund, der ihr etwas versprochen hatte. Einen Job, eine Wohnung, ein sorgenfreies Leben? Das hatte Georg nie herausgefunden.
    »Erzähl noch mal das, wo du in Stuttgart in die Schule gekommen bist und die Kinder nicht verstanden hast!«
    »Das habe ich dir doch schon so oft erzählt. Mein Deutsch war nicht gut, beim Schwäbisch gab ich dann auf, ich verstand die einfach nicht, die Kinder sagten immer, gell, gell?«
    »Und du hast immer Geld verstanden! Geld? Geld?« Emil lachte.
    »Ab der fünften Klasse wurde es besser. Da wohnten wir nämlich schon in Dortmund.«
    »Und Oma hat in dem Hutladen gearbeitet, über dem ihr auch gewohnt habt.«
    »Genau … Da war es sehr schön, aber als ich in der neunten Klasse war, sind wir nach Hamburg gezogen.«
    Und du warst das erste Mal richtig veliebt, dachte Eva. Allein und liebeskrank war Georg an einem Wochenende mit dem Zug zurückgefahren, um eine gewisse Saskia wiederzusehen. Ihre Eltern waren sehr nett, sie gaben ihm sogar Geld für die Rückfahrt. Eva schüttelte den Kopf. Als er zurückkam, hatte Helga seinen Zettel auf dem Küchentisch nicht einmal gelesen.
    Mittags lud Georg Eva zu einem Gang über das Grundstück ein.
    »Ich zieh mir eben eine lange Hose und Turnschuhe an«, sagte sie. Das hochstehende Unkraut konnte an nackten Beinen unverschämt piksen und stechen, hatte sie in ihrem ersten Sommer gelernt.
    »Emil, du gehst jetzt bitte aus dem Wasser und aus der Sonne, du darfst im Haus eine Runde mit dem Gameboy spielen, aber setz dich nicht mit der nassen Hose aufs Bett. Und nimm dir bitte keine Flakes. Wenn wir zurückkommen, gibt es was Richtiges zu essen.« Wie eine Mutter, dachte Eva, das hat er richtig gut drauf.
    Bewaffnet mit einer Machete und dem Schlüssel zu dem hinteren Tor zogen sie los.
    Unter den Bäumen hatten sich Hafer und diverse Gräserarten ausgesät. Es musste schon seit einer Weile nicht mehr geregnet haben, denn ihre Stängel waren gelb und vertrocknet. Eva stampfte kräfig mit den Füßen auf, so vertrieb man die Schlangen, denen man hier öfter mal begegnen konnte.
    »Die Bäume scheinen alle gesund, soweit ich das beurteilen kann«, sagte Georg, »aber wir müssen sie unbedingt schnei den lassen. Oder der neue Besitzer«, fügte er hinzu. Sie schau ten sich nicht an, während sie sich weiter durch das hohe Gestrüpp kämpften. Das hintere Tor im Zaun war völlig zugewachsen. Einige Büsche hatten sich davor breitgemacht, der schlaffe Efeu, der auch an der Mauer zur Straße wuchs, rankte sich an den Gitterstäben empor.
    »Hier ist Mimmo aber schon seit Jahren nicht mehr durch gefahren. Wann hatte er noch mal den Schlaganfall?«
    »Tommaso sagt, vor drei Wochen.«
    »Die kriegen wir trotzdem auf, gut, dass ich meine Lieb lingswaffe dabeihabe«, sagte Georg und hieb auf die Büsche und Efeuranken ein. Eva hasste es, wenn Georg mit der Machete arbeitete, mit hängenden Armen stand sie neben ihm.
    »Soll sich Tonio etwa selbst seinen Dienstboteneingang freischlagen, wenn er hier mit der motozappa auftaucht?« Er hackte weiter unter der prallen Sonne auf die Pflanzen ein. Eva zog ihren Hut tiefer in die Stirn. Doch nach ein paar weiteren Schlägen mit der Machete ließ sich das Tor tatsächlich öffnen. Sie schlüpften hinaus auf den schmalen, kaum als solchen erkennbaren Weg, der das nächste Grundstück von ihrem abtrennte.
    »So muss ein terreno aussehen!«, rief Georg. Die Bäume gegenüber sahen aus, als ob sie gerade erst kräftig zurückgestutzt worden wären, die rote Erde darunter wirkte wie frisch geharkt.
    »Komm, lass uns noch ein Stück gehen, hier ist es nicht so mühsam wie bei uns drüben.«
    Unter den Bäumen war es schattig, der Boden federte weich unter ihren Sohlen. »So hat das bei uns auch ausgesehen, als Milena es kaufte, und unter den Bäumen lagen schon die Netze bereit. Die Vorbesitzer haben vermutlich jede Olive einzeln aufgefangen«, sagte Eva nachdenklich. »Mimmo hat sich doch eigentlich in den ersten Jahren auch gut darum gekümmmert. Aber dann …«
    Sie gingen noch ein Stück weiter, immer weiter, bis vor ihnen die abgeschabten, ehemals weißen Mauern einer verlassenen Lámia auftauchten, die Eva bekannt vorkamen.
    »Kehren wir um? Mir ist heiß!«
    Doch Georg wollte unbedingt auf das flache Dach steigen. Sie blieb unten stehen.
    »Was ist denn, komm hoch, hier ist ein witziger Buckel im Dach mit jeder Menge Flechten drauf. Sieht toll aus, wunderschöner

Weitere Kostenlose Bücher