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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Küsschen zwischendurch gebeten hatte!
    Im UNO-Trullo raffte sie wütend die wenigen Kleidungs stücke zusammen, die noch auf den Bügeln hingen, und warf sie in den Koffer. Was für ein Egozentriker! Was für ein Idiot!
    Sie hätte den Stoffhasen am liebsten immer wieder gegen die steinerne Wand des Trullos gehauen, bettete ihn dann aber vorsichtig neben Bierflasche, Taschentuch und Hörnchen. Der Hase konnte ja nichts dafür, und sie brauchten ihn noch, er würde Elio, Putativvater numero quattro, als den Richtigen überführen, André würde die Übereinstim mung ganz offiziell im Labor für Georg sichtbar machen. Für Georg, da war es wieder, immer alles nur für Georg. Und dann sprach gerade er von Forderungen! Doch plötzlich war ihre Wut verraucht und machte einer großen Traurigkeit Platz. Auf einmal war sie froh, morgen abzureisen. Was bedeutete sie ihm schon? Was bedeutete ihr kleines Scheißleben überhaupt?
    Aus dem Hof kam das Geräusch von brechenden Zweigen, kurz darauf stieg ihr der Geruch von brennendem Holz in die Nase. Eva nahm ihr Handy, ging hinaus, vermied es, Georg anzusehen, und kletterte auf den Trullo neben den Anbau. Kaum hatte sie das Handy in das Sendeloch gelegt, kam auch schon eine Nachricht herein. Jannis! Höre nichts von dir, dein Handy ist immer aus. Verstehe dich mal wieder nicht, fühlt sich an wie damals. Ziemlich beschissen. Eva zuckte bei dem letzten Wort zusammen, sie hatte ihm nicht mal auf seine letzte SMS geantwortet. Lass mir etwas Zeit, ich muss das alles noch sortieren. Eva. Was Georg konnte, war auch für sie nicht schwer. Höchste Zeit, nach Hamburg abzuhauen.
    Die Sonne stand als roter Ball tief über den Kronen der Oli venbäume, doch die Stimmung am Tisch war mau. Der Fisch klebte halb verbrannt an der Alufolie und war trocken, die Konversation lief nur über Emil, da weder Eva noch Helga das Wort an Georg richteten.
    »Zu viel Wind am Strand, Emil? Konntest du das Board nicht ausprobieren?«
    »Das Styro… Wie heißt das noch mal? Das Styrozeug im Brett war zu alt, es ist kaputt geknackt, als ich die erste Welle nehmen wollte, und dann …«
    »Dann ist er fast ersoffen, es war echt gefährlich!«, mischte Georg sich ein. »Und warum bist du eigentlich noch nicht geduscht?«
    »Blöde Wellen«, maulte Emil und schüttelte sich seine vom Salzwasser verfilzten Haare aus dem Gesicht.
    Der Wind hatte sich gelegt, die Glut war ausgegangen, und die magere schwarz-weiße Katze, die pünktlich zum Grillen aufgetaucht war, hatte ihren Teil der Fische restlos vertilgt. Dann machte sie sich daran, das Gitter abzulecken. Georg scheuchte sie mit lautem Händeklatschen davon. Emil war schon im Bett, wieder mit einem Film und Kopfhörern versorgt, Eva und Helga tranken in einer synchronen Bewegung aus ihren Weingläsern. Mehr gab es nicht zu tun.
    Eva war müde und überlegte, wie sie sich am schnellsten vom Tisch verabschieden konnte, als Helga sich an die Kehle griff und die Haut ihres faltigen Halses in langsamen, streichelnden Bewegungen glatt zog. Eva hatte sie dabei schon oft beobachten können.
    »Ach, was soll’s«, seufzte sie nach einigen Sekunden, »alt genug bist du ja dafür.«
    Eva hielt den Atem an, welche Lunte hatte Helga diesmal gezündet? Sie zählte rückwärts, drei, zwei … Doch bevor Helga mehr sagen konnte, stand Georg auf und lief unter die Olivenbäume. »Nee, Mutter, weitere Einzelheiten über mein Jahr in Paris brauche ich heute Abend nun wirklich nicht!«, rief er im Weggehen über seine Schulter.
    Eva biss sich auf die Lippen. Sie war enttäuscht von Georg – und von sich selbst. Sie wusste nicht mehr, wie sie ihm unbefangen gegenübertreten sollte, fühlte sich unsicher und klein in seiner Gegenwart und dann wieder, wie heute Mittag bei Mamma Isa, haushoch überlegen. Aber sie spürte den Drang, ihn zu beschützen vor dem, was Helga anscheinend gleich hochgehen lassen wollte.
    Denn die ließ sich von Georgs Worten nicht aufhalten und fuhr gut vernehmbar fort: »Na ja, ein paar Missverständnisse möchte ich schon noch aus dem Weg räumen, wenn ich hier für den Rest unserer gemeinsamen Zeit auf der Anklagebank sitzen soll …«
    Georg winkte ab und ging weiter unter die Bäume, Richtung Hängematten, Richtung Mardermatratze, Zeuge der vergangenen Nacht.
    »Du meintest gestern, ich hätte dich auch bei deinem leib lichen Vater vorbeibringen können«, rief sie ihm hinterher. »Eine schöne Idee, da gab es nur ein kleines Problem …«
    »Wie viel

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